Der französische Präsident Macron ist einer derer, die mit Besorgnis die Entwicklungen in Berlin beobachten.

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Berlin/Brüssel – Das Scheitern der Sondierungsgespräche über eine neue Regierung in Berlin hat am Montag in europäischen Hauptstädten Besorgnis ausgelöst. Während die Niederlande von einer schlechten Nachricht sprechen, bangt der französische Präsident Emmanuel Macron um einen verlässlichen Verbündeten.

"Es ist nicht in unserem Interesse, dass sich das anspannt", sagte Macron im Elysee-Palast in Paris zur Lage in Deutschland. "Im Sinne Deutschlands und Europas wollen wir, dass unser wichtigster Partner stark und stabil ist, damit wir die Dinge gemeinsam voranbringen können", erklärte das Präsidialamt. Es zeige sich abermals, dass Frankreich die Initiative übernehmen und Vorschläge machen müsse für die Zukunft Europas. Die sollten dann mit Deutschland umgesetzt werden. Macron ist derzeit Motor der EU-Integration und schlug bereits vor zwei Monaten in einer Grundsatzrede einen Neustart Europas vor.

"Die Welt wartet nicht auf die Bundesregierung"

Die Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU und Grünen und Liberalen waren in der Nacht nach dem Rückzug der FDP gescheitert. Das Aus macht es der Bundesregierung nun nicht einfacher, ihre Interessen in der EU zu vertreten. "Zugegebenermaßen wartet weder die Welt noch Europa auf die Bundesregierung", sagte Europa-Staatsminister Michael Roth vor einem EU-Treffen.

Dem widersprach Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn: "Deutschland ist das letzte Land, das es sich leisten kann, in Regierungsinstabilität zu verfallen. Seine Rolle in der Welt und in Europa verbietet dies", sagte Asselborn der Zeitung "Die Welt". In Zeiten großer internationaler Herausforderungen wie dem Brexit, der EU-Erneuerung, Klimawandel und Terrorgefahr "ist eine starke deutsche Regierung unerlässlich für die Position Europas in der Welt schlechthin".

"Schlechte Nachricht für Europa"

Auch der niederländische Außenminister Halbe Ziljstra äußerte sich besorgt über das Scheitern der Jamaika-Sondierung. "Das ist eine schlechte Nachricht für Europa, dass die Regierungsbildung etwas länger dauern wird", sagt er bei einem Ministertreffen in Brüssel. "Deutschland ist innerhalb der EU sehr einflussreich, hat aber ohne Regierung kein Mandat und wird sich sehr schwer tun, Positionen zu beziehen."

Von einer Neuwahl rät der Minister Deutschland ab. Stattdessen sollten die Parteien lieber etwas Zeit verstreichen lassen und dann erneut verhandeln, sagte er. Als Beispiel führte er sein Land an, wo die Koalitionsverhandlungen sich jüngst sieben Monate hingezogen hätten, bis eine neue Regierung stand.

EU-Kommission sieht keine Gefahr

Die EU-Kommission sieht keine Gefahr, dass Deutschland seiner Rolle nicht gerecht werden könnte. "Es gibt im deutschen Grundgesetz wegen der Geschichte des Landes eine Basis für Stabilität und Kontinuität", sagte ein Kommissionssprecher. Darauf vertraue man.

Die russische Regierung betonte, dass man die Entwicklung in Deutschland beobachte und den Beteiligten Glück wünsche. Ansonsten sei die Regierungsbildung eine rein innenpolitische Angelegenheit. (APA, 20.11.2017)