ORF-General Alexander Wrabetz.

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Sprecher der roten ORF-Stiftungsräte: Heinz Lederer.

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  • Update ORF-Chef Wrabetz zu Küniglberg-Bauprojekt, ORF-1-Plänen, "Report gegen "ZiB" 17.45 Uhr

Wien – ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat die Hoffnung aufgegeben, dass die Stadt Wien bis Jahresende die Flächenwidmung für den Programm-Zubau auf dem Küniglberg genehmigt. Im März 2018 will er dem ORF-Stiftungsrat seinen "Plan B" zum Beschluss vorlegen, der einen multimedialen Newsrooom in schon bestehenden Bau-Volumina vorsieht. Das 303-Millionen-Euro-Gesamtprojekt Küniglberg soll damit günstiger werden, erwartet Wrabetz.

Radio auf den Küniglberg

Doch nicht aufgegeben hat Wrabetz offenbar, dass größere Teile von Ö1 und FM4 aus dem Funkhaus auf den Küniglberg übersiedeln. Bisher wurde der "Plan B" so interpretiert: Die Radio-Information zieht auf den Küniglberg, in einen bescheidener dimensionierten Newsroom für TV, Radio, Online – und die übrigen Ö1-Bereiche bleiben im Funkhaus in der Wiener Argentinierstraße. Dem widerspricht Wrabetz am Donnerstag nach der jüngsten Sitzung des Stiftungsrats: "Der Plan B soll eine Gesamtkonsolidierung ermöglichen."

ÖVP und FPÖ bestehen darauf, dass der ORF künftig trimedial arbeitet, das zentrale Konzept des 300-Millionen-Bauprojekts für das ORF-Zentrum auf dem Küniglberg. Anrainerproteste und Flächenwimung blockieren den Zubau, dazu kommen Mitarbeiter- und Künstlerproteste gegen einen Abschied des ORF-Radios aus dem Wiener Funkhaus.

Zach, der Sprecher der durch die Nationalratswahl gestärkten ÖVP-Freundeskreises, beharrt auf die Umsetzung der "Grundidee" multimedialer Zusammenarbeit – auch der Programmabteilung. Er ist gegen die Aufteilung von Ö1. Wrabetz das Generalsleben zu erleichtern, gehört nicht zu Zachs Job Description auf dem Küniglberg.

Wrabetz könnte wie so oft auch hier auf Zeit spielen: Die Sitzung des Stiftungsrates im März ist die voraussichtlich letzte in dieser Funktionsperiode, spätestens mit April/Mai besetzt der Bundeskanzler die Mehrheit im ORF-Publikumsrat neu, der wie Bundesregierung und Parlamentsparteien neue Vertreter entsenden kann.

ORF 1 soll tägliche Infoshow erst einmal wöchentlich testen

Schrittweise soll ORF 1 ab dem ersten Quartal 2018 mehr Information verabreichen, etwa im Vorabend. Nicht der erste Schritt: Mittwoch wird zum "Info-Tag" erklärt mit "Dokeins"-Dokumentation um 20.15, um 21 Uhr einer Stunde Infoshow. Platz dafür macht die Champions League im Mai. ORF-Chef Wrabetz spricht von Start im Herbst.

Wrabetz kündigte ein solches ORF-1-Infoformat werktäglich an, die Wochenversion ist offenbar ein Testballon. An der täglichen Version arbeitet wie berichtet eine interne ORF-Arbeitsgruppe. Wrabetz nannte auch 22.30 als mögliche tägliche Beginnzeit. Gemeinsame Infoformate für ORF 1 und Online (wie die "ZiB 100" auf ORF 3) werden entwickelt.

Über die TV-Rechte an der Bundesliga ab Herbst 2018, die komplett an Sky gehen sollen, verhandelt der ORF mit dem Pay-TV. Grundsätzlich sei man an der von Sky angebotenen Highlight-Show interessiert, erklärte Wrabetz.

"Moderate" Regierungsverhandlungen über den ORF

Die Regierungsverhandlungen von ÖVP und FPÖ über ORF und andere Medien beschäftigte am Donnerstag die Stiftungsräte des ORF in ihrer ersten Sitzung nach der Wahl. Unter den Stiftungsräten aller Fraktionen sieht Wrabetz "breite Zustimmung, nicht am Angebotsumfang des ORF zu rütteln" – also etwa Sender wie ORF 1 oder Ö3 zu privatisieren. Diese Position sei im Stiftungsrat "unwidersprochen" geblieben, erklärte Wrabetz nach der Sitzung. Ebenso die Forderung nach mehr Bewegungsmöglichkeiten für den ORF in digitalen Medien.

Der Sprecher der roten Stiftungsräte, Heinz Lederer, erklärte in einer Sitzungspause, der freiheitliche Stiftungsrat Norbert Steger verfolge nach seiner Beobachtung moderate Pläne für Österreichs größtes Medienunternehmen.

Steger, der für die FPÖ auch das Medienkapitel mit der ÖVP verhandelt, habe im höchsten ORF-Gremium eine moderate Einschätzung gegeben, meinte Lederer. Es störe ihn persönlich auch nicht, so Lederer, dass ein Stiftungsratsmitglied in die Koalitionsverhandlungen eingebunden ist. Er vertrete da wie dort eine inhaltliche Position und könne, da es ihm um den Medienstandort gehe, auf extremere Kräfte in der FPÖ einwirken.

Keine Attacke gegen Wrabetz

Wie Lederer vor Journalisten ausführte, werde dem ORF auch weiterhin ein hoher Stellenwert zukommen. Steger habe klar und moderat dargestellt, dass es nicht um einen Kahlschlag im ORF gehe, sondern um eine Evaluierung der Gremien. Es habe auch keine Attacke gegen ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz gegeben, so Lederer. Steger selbst hat sich gegenüber den Journalisten zunächst nicht zum Inhalt der Stiftungsratssitzung geäußert.

Gebührenfrage

Ein zentrales Thema der Regierungsverhandlungen dürfte noch die Gebührenfinanzierung des ORF sein – die FPÖ hat sich sehr nachdrücklich und vielfach für eine Reduktion und Umgestaltung ausgesprochen, etwa zugunsten von Privatsendern mit Programm im Sinne der Allgemeinheit. "Einem Austrocknen des ORF zu wessen Gunsten auch immer werde ich stark entgegentreten", erklärte Lederer, der seit Frühjahr auf einem roten Regierungsticket im Stiftungsrat sitzt. Nachsatz, siehe auch moderater Steger: *Ich sehe das momentan nicht."

Auch die Grüne Vertreterin, Marie Ringler, sprach von einer "konstruktiven, nicht angriffigen Diskussion", die Prinzipien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seien für alle von zentraler Bedeutung gewesen, für sie sei damit aber auch die Unabhängigkeit der Redaktionen verbunden, wie sie zuvor bereits dem STANDARD sagte. Ringler, die nach dem Ausscheiden der Grünen aus dem Nationalrat spätestens im Mai 2018 ihren Platz im Stiftungsrat räumen muss, fällt der Abschied nicht allzu schwer. "Ich halte es mit Pink Panther: Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder, keine Frage!"

Die Regierungsverhandlungen nicht kommentieren wollte der ÖVP-Vertreter Thomas Zach. Er werde sich erst mit den Ergebnissen der Verhandlungen beschäftigen. Bis dahin beschäftigt ihn der Umbau des ORF-Zentrums am Wiener Küniglberg. Dieser ist am Nachmittag ebenso Thema wie die Reform von ORFeins, der Verlust der Bundesliga-Rechte und das Budget 2018. Beschlüsse standen nicht auf der Tagesordnung.

Überblick: Themen und Taktiken im Stiftungsrat

  • "Report" gegen "ZiB"

Verurteilt hat Wrabetz im und nach dem Stiftungsrat die Andeutungen von "Report"-Chef Robert Wiesner, andere ORF-Redakteure hätten Spin der ÖVP nachgegeben. "Die Äußerungen sind klar zurückzuweisen", sagte Wrabetz – und sie träfen im konkreten Fall nicht zu. "Report" und "ZiB" begruben den Konflikt Donnerstag in einer Aussendung des Redakteursrats, Wiesner sprach von einem Missverständnis.

  • Keine Priorität für mehr Rechte der Redakteure

Marie Ringler, Stiftungsrätin der Grünen, forderte ORF-Chef Alexander Wrabetz im STANDARD auf, die Rechte der Redakteure laut Statut zu erweitern: Der Generaldirektor dürfe Führungskräfte nicht gegen das Votum der Mitarbeiter einsetzen.

Wrabetz dazu am Donnerstag: "Journalistische Unabhängigkeit und Objektivität lassen sich nicht mit Veränderungen des Redakteursstatuts vorrangig verbessern." Eine solche Erweiterung – ob im Statut oder als Selbstverpflichtung des Generals – stehe "nicht auf der Prioritätenliste ganz oben".

Dort stehen für Wrabetz die Regierungsverhandlungen über den ORF und seine Zukunft, eine "zügige" ORF-1-Reform und der "Plan B" für das ORF-Zentrum.

  • Schwarz gegen rote ORF-Technik

Thomas Zach, Sprecher der bürgerlichen Stiftungsräte, nutzte das gerade vorgelegte ORF-Budget für 2018 für ein Lieblingsthema der ÖVP im ORF. Schon Zachs ORF-Generalskandidat 2016 Richard Grasl wollte die ORF-Technik aufteilen. Sie und ihre Betriebsräte sind traditionell ein roter Machtblock im ORF, mit Mandat(en) im Stiftungsrat. "Im Bereich Technik" müsse der ORF "die Chancen der Digitalisierung nützen und Abläufe straffen", nannte Zach als Beispiel.

  • Landliebe

Besonders betonte Zach am Rande der Sitzung die Bedeutung der ORF-Landesstudios für den öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die gelte es zu stärken und nicht weiter zu schwächen. Zach nannte als positives Beispiel "Neun Länder, neun Schätze" – tatsächlich sind die neun Länder bei der Mehrheitsbildung im Stiftungsrat bisher sehr wertvoll – die Sendung heißt allerdings "Neun Plätze, neun Schätze".

Die Länder-Stiftungsräte machten sich zuletzt mit einer eigenen, parteiübergreifenden Stiftungsratsfraktion selbstständig, sie mobilisierten für die Landesstudios und gegen eine immer wieder diskutierte Kürzung oder Streichung ihrer neun Mandate im Stiftungsrat.

Sechs der neun Länder-Stiftungsräte gehören auch zu Zachs bürgerlicher Fraktion.

  • Schwarze Null 2017 und 2018

Der Finanz- und Stellenplan für 2018 wurde bereits vergangene Woche an die Mitglieder des obersten Aufsichtsgremium verschickt. Beschlossen wird er aber erst bei der Sitzung am 21. Dezember. Die ORF-Geschäftsführung peilt mit Sparmaßnahmen für 2018 – so wie für heuer – ein ausgeglichenes Budget an. (fid, APA, 23.11.2017)