Noch-Kanzler und künftig SPÖ-Klubchef Christian Kern bekommt sein neues Gehalt von der SPÖ aufgestockt, damit er gleich viel verdient wie der geschäftsführende SPÖ-Klubchef Andreas Schieder.

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ÖVP-Abgeordnete Kira Grünberg wird ein ihr geschenktes Auto nun doch selbst bezahlen.

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Ex-Grünen-Abgeordnete Sigrid Maurer nimmt das Recht auf drei Monate Entgeltfortzahlung an. Ihr "Abschiedsgruß" an alle "Hater" da draußen liefert dem Boulevard nun Stoff für Empörung.

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Wien – Politik und Geld, eine heikle und konfliktträchtige Beziehung. Drei aktuelle Anlässe sorgen für Debatten: Darf man sich als Abgeordnete ein Auto schenken lassen? Muss einem zum Klubchef abgestiegenen Noch-Kanzler der damit verbundene Gehaltsverlust von seiner Partei wenigstens ein bisschen gemildert werden? Und ziemt es sich, wenn nicht wiedergewählte Abgeordnete einen Antrag auf (eine gesetzlich verankerte) Entgeltfortzahlung stellen?

Drei Fragen, drei Antworten: Die Autocausa mutierte am Donnerstag binnen zwanzig Minuten von einem Fall für den parteiinternen Ethikrat der ÖVP zu einem regulären Autokauf von Kira Grünberg. Die neue Abgeordnete der "neuen Volkspartei" werde das ihr von Opel geschenkte Auto im Wert von 40.000 Euro "zu marktüblichen Konditionen" übernehmen, teilte die Partei mit.

Das Auto war der nach einem Trainingsunfall querschnittgelähmten früheren Stabhochspringerin am Tag des Sports 2015 angeboten und am Montag übergeben worden. Grünberg sei sich "bewusst, dass jetzt für sie als Abgeordnete besondere Maßstäbe gelten", daher habe sie sich entschieden, den Wagen zu kaufen, lautete das knappe Statement.

Kurz vor dieser Kaufinformation hatte die Vorsitzende des ÖVP-Ethikrats, Waltraud Klasnic, angekündigt, dass sich das Gremium, das nach dem Lobbyingskandal um den früheren EU-Abgeordneten Ernst Strasser eingerichtet wurde, im Dezember "mit diesem Thema befassen und sich bis dahin auch einen möglichst umfassenden Überblick verschaffen" werde. Bisher war man mit weniger als zehn Fällen befasst. Am Abend wurde bekannt, dass der ÖVP-Ethikrat von einer Prüfung des Falles Grünberg absehen wird. Durch den Kauf des Autos habe sich die Sache erledigt, hieß es auf "Kurier"-Anfrage.

Der "schwarze" Kodex

Der noch aus "schwarzen" Zeiten stammende Verhaltenskodex legt fest, dass ÖVP-Politiker Geschenke und Vorteile ablehnen sollen, "die ihre Unabhängigkeit und Integrität beeinflussen oder dahingehend aufgefasst werden können". Es dürften daher "nur Geschenke geringfügigen Ausmaßes angenommen werden".

Neos-Vizeklubchef Nikolaus Scherak sprach sich dringend für Benimmregeln für alle Abgeordneten aus.

Eine Forderung, die die britische Politikwissenschafterin Melanie Sully, die in Wien das Go-Governance-Institut leitet, unterstreicht: "Nötig wäre ein Verhaltenskodex für Abgeordnete und Regierungsmitglieder, in dem gewisse Richtlinien für Interessenkonflikte, aber auch das Verhalten als Politiker verankert sind", sagt sie zum STANDARD. Sully hat für die OSZE an solchen Verhaltenskodizes mitgearbeitet, "aber Österreich hat immer abgelehnt, sie zu übernehmen, weil es ja Gesetze dazu gebe". In Großbritannien etwa ist festgelegt, dass Politiker nur Geschenke im Wert von bis zu einem Prozent ihres Politikergehalts beziehungsweise 350 Euro im Jahr annehmen dürfen.

Die Partei gleicht aus

Fall zwei: Die SPÖ gönnt ihrem Parteichef eine Gehaltserhöhung. Monatlich 6.100 Euro aus der Parteikasse – die via Parteienfinanzierung vom Steuerzahler alimentiert wird – werden Klubchef Christian Kern laut "Tiroler Tageszeitung" überwiesen, damit er in Summe auf dasselbe Gehalt wie der geschäftsführende SPÖ-Klubchef Andreas Schieder kommt, nämlich 14.885 Euro. Schieder leitet die Geschäfte der Fraktion und erledigt damit den Hauptteil der parlamentarischen Arbeit, weshalb ihm das für Klubobmänner vorgesehene Gehalt zukommt.

Kern käme demnach auf deutlich weniger Gehalt als der ihm parteiintern unterstellte Schieder und wird nun finanziell gleichgestellt – im Vergleich zum Kanzlersalär von knapp 21.900 Euro bleibt allerdings weiter eine große Kluft, und erst recht zu seinem früheren Einkommen als ÖBB-Chef.

Kern verteidigt Aufschlag für Job als Parteichef

Am Abend begründete Kern sein Zusatzsalär aus der Parteikasse mit seiner Position als Parteichef. Die 6.100 Euro von der SPÖ bekomme er, "weil ich Parteivorsitzender bin", sagte Kern im "Puls 4"-Interview. Diesen Job übe er zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Mandatar aus und das werde "üblicherweise abgegolten". Mit seinen 14.885 Euro monatlich brutto "gehöre ich nicht zu den Top-20-Verdienern im Parlament", so Kern. Außerdem käme er netto auf 7.000 Euro. Und das sei ein Wert, den er verantworten könne.

Kern ist jedoch nicht der Erste, für den dieses Modell praktiziert wird: Alfred Gusenbauer, der dereinst Josef Cap geschäftsführend den Klub leiten ließ, war auch ein "Aufstocker". Cap wiederum kam nach der Ablösung als Klubchef durch einen zusätzlichen Posten im parteieigenen Renner-Institut (und das Gehalt dafür) ebenfalls wieder in alte Einkommenshöhen.

Riskanter Wechsel in die Politik

Fall drei: 27 der 85 nicht wiedergewählten Abgeordneten haben einen Antrag auf Entgeltfortzahlung gestellt. Politiker haben nach ihrem Ausscheiden dieses Recht: bei Ministern sind es 75 Prozent ihres Letztgehalts bis zu sechs Monate, für Abgeordnete 75 Prozent bis zu drei Monate. Diese Regelung wurde 1997 bei der Abschaffung der Politikerpension eingeführt.

Voraussetzung ist, dass es keinen anderen Job gibt und auch kein Rückkehrrecht in einen solchen. Werner Zögernitz, Direktor des Instituts für Parlamentarismus, hält das für absolut gerechtfertigt. Der Wechsel in die Politik sei immer mit einem Risiko verbunden, der Wiedereinstieg in einen Beruf danach oft nicht einfach. (Lisa Nimmervoll, Michael Völker, 23.11.2017)