1. Breiteneckers Zukunft

Sie haben es schon wieder getan. "Medienmanager des Jahres", "Kommunikator" des Jahres, "Marketer des Jahres" und nun auch noch "Mediapersönlichkeit des Jahres". Wenn ihn jetzt noch der "Trend" zum "Mann des Jahres" erklärt, müsste man sich langsam ernsthaft Sorgen um den Mann machen – nach dieser Auszeichnung des Wirtschaftsmagazins ging es schon einigen Ausgezeichneten recht rasch nicht mehr so ausgezeichnet.

Muss man sich gar noch vor dem "Trend" sorgen um Markus Breitenecker, seit bald 20 Jahren Statthalter von ProSieben in Österreich und 2017 jedenfalls aussichtsreicher Anwärter auf den Wochenschau-Titel "Des Jahres des Jahres"?

Denn wie geht es eigentlich weiter mit ProSiebenSat1Puls4 in Österreich, wenn sich der Boss des Mutterkonzerns nun vorzeitig verabschieden muss, Thomas Ebeling, Breiteneckers großer Bruder beim Start-up-Shopping im Tausch gegen Werbeminuten? Die Frage dürfte Markus Breitenecker in der Nacht auf vergangenen Montag doch recht intensiv beschäftigt haben, nachdem Ebeling Sonntagabend offiziell seinen Rückzug bekanntgegeben hatte. Und die Frage nach der Zukunft von ProSiebenSat1Puls4 beschäftigt merklich nicht allein Breitenecker.

Was wird einem nicht alles zugetragen über Stimmungslagen in der Münchner Zentrale zur Ösi-Beteiligung – zu viel Personal für zu wenig Umsatz, befinde man dort. Und: zwei, ja zweieinhalb Kanäle – Puls 4, ATV und ATV 2 – eigens für Österreich wären zu viel. Und sonst noch allerlei prognostische Düsternis.

Nun mag es in der Münchner Konzernzentrale nicht nur Menschen geben, die Thomas Ebelings Schaffen nicht so brillant finden. Konzernkollegen, die vielleicht Protokolle über Telefonkonferenzen mit Analysten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Vielleicht gibt es ja auch welche, die ähnlich über Breiteneckers Werk denken.

Der "Horizont" reichte offenbar bis zu ähnlichen Befunden und fragte entsprechend – immer eine gute Idee – beim Betroffenen nach: "Wir verfolgen weiterhin unsere Ziele und fokussieren uns auf die digitale Transformation des TV-Geschäftes und eine Stärkung lokaler Inhalte", sagt Breitenecker in dem Branchenmedium über die Auswirkungen von Ebelings Rückzug, und zu Gerüchten über eine Neubewertung des ATV-Kaufs: "ATV ist ein strategisches Projekt und stärkt unsere österreichische Sendergruppe nachhaltig am österreichischen Markt."

Was blieb der etwas langsameren Etat-Wochenschau mit ihren eher mauen Kontakten in die ProSiebenSat1-Gedankenwelt da noch übrig, als ein kleines Amtshilfeersuchen an deutsche Qualitätsmedien, die sich schon durch tiefe Einblicke in den ProsiebenSat1-Konzern ausgezeichnet haben?

Markus Breitenecker, fast ein bisschen nachdenklich bei den Medientagen 2017.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Amtshilfebefund aus einem Hintergrundgespräch eines namhaften deutschen Kollegen mit einer ihm vertrauten und als sachkundig eingestuften ProSiebenSat1-Auskunftsperson: Die Sender in Österreich bleiben alle drei erhalten. Es gebe keine anderslautenden Pläne. Ziel sei nach wie vor, dem ORF Konkurrenz zu machen und ihn weiter zu überholen. Das rechne sich auch, es sei ein gutes Geschäft. Die Marktposition in Österreich sei sehr gut, sie wolle man erhalten. Die Akquisition von ATV habe sich gelohnt.

Ich darf anfügen: 30 Millionen Ergebnis vor Steuern in den vergangenen Jahren vor dem ATV-Kauf 2017 scheinen mir bei 150 Millionen Euro Umsatz eine jedenfalls im österreichischen Medienmarkt doch außergewöhnlich solide Performance. Breitenecker muss Übernahme und Sanierung von ATV nach eigenen Angaben aus den österreichischen Ergebnissen finanzieren. Mit dem massiven Jobabbau gleich nach dem ATV-Deal könnte sich das recht rasch ausgehen.

Schritt zwei: Was sagt der Mutterkonzern? Die Österreicherin Stefanie Rupp-Menedetter ist nun Vizekonzernsprecherin von ProSiebenSat1 und Leiterin der Kommunikation über Unternehmen und Finanzen. Sie erklärt, in bestem deutschem Plusquamperfekt: "Wir hatten gerade unsere Präsenz und unsere drei TV Sender in Österreich und unsere Marktposition bei der Q3 Präsentation / Telefonkonferenz als Highlight hervorgehoben." Und zur angeblichen Skepsis an drei Ösi-Sendern: "Bei Ihrer Anfrage handelt sich um Spekulationen, bitte haben Sie Verständnis, dass wir generell keine Marktgerüchte kommentieren."

Schritt drei: Was gab's zu Österreich in der doch recht denkwürdigen Telefonkonferenz von Thomas Ebeling, aus der der Branchendienst dwdl.de ja das folgenschwere Zitat über das "ein bisschen fettleibige, ein bisschen arme", aber umso treuere Publikum der ProSiebenSat1-Sender enthüllte? Doch recht stolze Worte (auch wenn die aus Ebelings Mund vielleicht nicht mehr so viel gelten): "Sehr bemerkenswert" fand Ebeling die Lage in Ösiland: "Wir sind jetzt der Marktführer", sagte er, "sogar vor dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. 2007 lag unser Marktanteil noch bei 11,9 Prozent, heute haben wir 27,4 Prozent." Der werbevermarktbare Anteil der Österreich-Versionen könnte ein paar Prozentpunkte darunter liegen, aber wer will so kleinlich sein. Ebeling weiter: "Das ist wirklich eine starke Performance, und unser General Manager dort wurde zum österreichischen Medienmanager des Jahres gewählt. Wir freuen uns für ihn – und für uns darüber."

Breitenecker arbeitet derzeit unter dem vierten ProSieben-Vorstandschef im Konzern: Georg Kofler war ProSieben-Boss, als er das Werbefenster für Österreich 1998 startete. 2000 kam Urs Rohner, da wurden ProSieben und Sat1 in Deutschland (und Österreich) vereint. Unter Guilleaume de Posch, heute übrigens Co-CEO der RTL Group, übernahm Breiteneckers österreichische Dependance Puls TV und machte es zu Puls 4. Seit 2009 und bis Ende Februar 2018 amtiert Thomas Ebeling.

Wenn der "Trend" jetzt nicht noch dazwischengrätscht, klingt das alles doch fürs Erste recht beruhigend für Markus B. Und wenn womöglich doch der österreichische Fernsehgott Gerhard Zeiler ProSiebenSat1-Chef wird, wird sich ja weisen, wie Ex-ORF-Chef Zeiler Breitenecker als Privatfernsehmanager findet – als ORF-Chef sah er Breitenecker ja schon als Idealbesetzung.

2. Ninjas Finale

Wie läuft eigentlich das wichtigste Puls-4-Projekt der Sendergeschichte? Vor dem Finale am Dienstag (28. November) zogen die Quoten jedenfalls an.

Nun kann man einwenden, dass die Zuschauerzahlen beim deutschen "Ninja"-Bewerb in Österreich im Sommer auf RTL Richtung Finale ein bisschen kräftiger zulegten, aber Sommer/September-Zuschauerentwicklungen sind kaum vergleichbar.

Die Marktanteile sind ein wenig resistenter gegen saisonale Unbill, auch sie zogen bei "Ninja Warrior" nun vor dem Finale ein Stück an – wiewohl auch nicht ganz so dramatisch wie bei RTL im August und September dieses Jahres.

3. Und wie läuft der November quotentechnisch?

Ausgezeichnet für Dietrich Mateschitz' Servus TV – jedenfalls gemessen an den bisherigen Senderwerten. Der Heimatsender des Red-Bull-Bosses mit Nachfolgeproblem erreicht – nach bisherigem Stand, ein paar Tage vor Monatsende – seinen bisherigen Höchstwert von 2,6 Prozent Monatsmarktanteil im Gesamtpublikum. Im November 2016 war Servus TV noch stolz auf zwei Prozent Marktanteil – immerhin 0,5 Prozentpunkte mehr als im November 2015.

Am anderen Ende der Skala im Bewerb um das österreichische Gesamtpublikum ORF 2 mit bisher 21,4 Prozent Marktanteil im November. Puls 4 liegt im Gesamtpublikum bei knapp drei Prozent, ATV bei rund 3,1.

ORF 1 und ORF 2 kommen im Gesamtpublikum im November bisher auf 30,4 Prozent Marktanteil – exakt der Wert der ORF-Hauptprogramme vor einem Jahr.

Und wie läuft es in der Werbezielgruppe? 12,2 Prozent schafft ORF 1, die beiden ORF-Hauptprogramme kommen im November auf 22,5 Prozent. ATV erreicht – wohl dank "Top Model"-Export auf den neuesten Konzernsender – ansehnliche 4,5 Prozent Monatsmarktanteil bei den Zwölf- bis 49-Jährigen. Ninja-Kanal Puls 4 hat immerhin 3,9.

Zum Vergleich: ProSieben kommt in Österreichs Werbezielgruppe auf 8,9 Prozent Marktanteil im November, RTL auf 5,8 – und Servus TV immerhin auf zwei Prozent.

4. Trakehner-Blutdruck: Jugend, forsch

Wie laufen die Trakehner bei Servus TV – immerhin nach Senderangaben das bisher aufwendigste Fictionprojekt eines Privatsenders? Nach dem durchaus ruppigen Rückgang in den ersten drei Folgen konstant, scheint mir: Nach 108.000 Zuschauern bei Folge drei nun 111.000, die Marktanteile bleiben gleich bei vier Prozent im Gesamtpublikum und drei Prozent in der Werbezielgruppe.

Nur die (wegen geringer Fallzahlen stets volatilen) Marktanteile beim Publikum bis 29 Jahre galoppierten von zwei bei Folge drei auf fünf in Folge vier. Ich bleibe dran – jedenfalls an den Marktanteilen der Gestüt-Geschichte.

5. Fiction-Fusion: "Babylon" und "Vorstadtweiber"

Um ein Stück größere Fiction geht es bei der Übernahme der MR-Film-Mehrheit durch Jan Mojtos Münchner Beta Film. "Babylon Berlin" schnupft "Vorstadtweiber", könnte man sagen. Es ist ein Deal unter alten Kollegen, und geht wohl – Wochenschau-Tipp – bei der Wettbewerbsbehörde durch.

Wer Einwände hat gegen M & M, gegen Mojto & Mrkwicka, sollte sich bis Donnerstag oder Freitag dieser Woche bei der BWB melden. Die entscheidet dann, wie der Bundeskartellanwalt, ob es für diesen Einstieg ein Kartellgericht braucht.

6. Die APA und ihr Chefredakteur

Dienstag* tagt die Präsidiale der Nachrichtenagentur APA, am 13. Dezember dann Vorstand und Aufsichtsrat, und wenn ich mich nicht verhört habe, wird es da nach dem Einstieg bei der Schweizer sda nun schön langsam um den Vertrag von APA-Chefredakteur Michael Lang gehen. Sein Vertrag läuft noch bis Mitte 2018, und in den anstehenden Sitzungen soll es offenbar noch nicht an den Beschluss darüber gehen. Andererseits: Verlängerung war schon einmal nicht geplant und wurde dann doch recht rasch beschlossen.

7. Untergruppe, Regierungsverhandlungen

Einen Zwischenbericht mit Vorschlägen für die Medienpolitik einer türkis-blauen Regierung hat die zuständige Untergruppe den Koalitionsverhandlern Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache zum Freitag geliefert. Diese Woche soll die Medien-Untergruppe aber weiterverhandeln.

8. Demontage

Wo wir schon bei der mutmaßlich nächsten Regierung sind: An der Demontage von Kathrin Zechner als ORF-Programmdirektorin wird eifrig gearbeitet, vielleicht auch von ihr selbst.

Die offenbar etwas chaotisch und kurzfristig entwickelte Zivilgesellschafts-Start-up-Show "Österreich kann" kann zwar einen überraschend eindrucksvollen Moderator (Thomas Kamenar, Ö3) vorweisen, aber Zuschauerzahlen in der Dimension von "Echt jetzt?" und "Was gibt es Neues?" vom vorigen Freitag. Die sind etwas günstiger.

800.000 Euro kostete der One-Shot, schreibt der "Kurier". Stimmt nicht, sagen mit der Show befasste Menschen und siedeln deren Preis bei rund 600.000 Euro an. Andere Zahlenkundige wiederum ordnen den Kann-Preis bei 730.000 für die Show und 50.000 für deren Promotion ein. Die – grobe – Dimension scheint zu stimmen.

Beruhigend für alle Mitglieder der ORF-Geschäftsführung, umstritten oder überlebenskämpferisch: Die Verträge des Managements sehen vor, dass das Gehalt jedenfalls bis Ende 2021 auszuzahlen ist. Für die Funktionsperiode wurden General und Direktoren 2016 bestellt. (Harald Fidler, 27.11.2017)