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Wien – Auf den Angriff folgte prompt der Gegenangriff. "Hochegger lügt", erklärte der Anwalt von Walter Meischberger, Jörg Zarbl, dem Standard. Am Freitag, kurz nach der Mittagspause, war es in der vierten Verhandlungsrunde des seit Dienstag laufenden Buwog-Prozesses zu einem folgenschweren Plädoyer gekommen. Der Verteidiger des früheren Lobbyisten Peter Hochegger tat das, worauf die Staatsanwaltschaft so sehnsüchtig wartet. Er kündigte ein Teilgeständnis an, mit dem Hochegger Karl-Heinz Grasser schwer belastet.

Hochegger ist jener Berater, der unter der ÖVP-FPÖ-Koalition ab dem Jahr 2000 im staatsnahen Bereich groß absahnte und von der Immofinanz engagiert wurde, um die Chancen bei der Privatisierung der 62.000 Bundeswohnungen zu erhöhen. Der Plan ging auf, Hocheggers zypriotisches Vehikel Astropolis erhielt knapp zehn Millionen Euro an Provisionen und leitete drei Viertel der Summe über den im US-Steuerparadies ansässigen Briefkasten Omega auf drei Konten in Liechtenstein weiter. Die gehörten offiziell dem einstigen FPÖ-Politiker Walter Meischberger. Doch die Staatsanwaltschaft beharrt seit Jahren darauf, dass der Werbeprofi das Geld mit Grasser und dem Makler Ernst Plech geteilt habe.

Dominoeffekt

Genau diese Version wurde nun von Hochegger bestätigt. Dessen Anwalt Leonhard Kregcjk sagte: "Mein Mandant weiß, dass Meischberger beim Buwog-Deal Gelder an Grasser und Plech weitergeleitet hat." Konkret hätte jeder drei Mitangeklagten 2,4 Millionen Euro erhalten.

Hochegger belastet Grasser massiv.

Die derart Belasteten blieben nach der Aussage bei ihrer Strategie und stritten die Vorwürfe ab. Doch Prozessbeobachter und Experten erwarten nun eine ziemliche Dynamik. "Sollten die Vorwürfe nicht erstunken und erlogen sein, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass noch mehr Angeklagte etwas sagen", erklärte ein mit der Materie vertrauter Experte. In Justizkreisen wurde die Hoffnung laut, dass neben Hochegger auch sogenannte "kleine" Angeklagte ein (Teil-)Geständnis ablegen könnten. Einige von ihnen würden in dem Fall mit einer Diversion (Tatausgleich), einer bedingten oder einer Geldstrafe davonkommen, so das Kalkül. Von einem etwaigen Dominoeffekt ist die Rede.

Glaubwürdigkeit im Visier

Unter den Hauptangeklagten wird eine andere Stoßrichtung angepeilt. Hocheggers Angaben sollen als unglaubwürdig dargestellt werden. Auch das Motiv für die angebliche Falschaussage will man entdeckt haben: Hochegger könne im Falle einer Verurteilung mit deutlicher Strafmilderung rechnen. Experten rechnen Daumen mal Pi mit einer Reduktion einer drohenden Haftstrafe um ein Drittel, möglicherweise sogar um die Hälfte. Jedenfalls ist ein Geständnis der wichtigste Milderungsgrund.

An diese Version glaubt auch Meischberger-Verteidiger Zarbl. Er vermutet, dass Hochegger einen Deal mit der Staatsanwaltschaft eingegangen ist. "Unsere Verteidigungslinie bleibt gleich", soll heißen: Die Vorwürfe werden abgestritten.

Peter Hochegger erscheint stets im Pulli zum Prozess und meidet den Kontakt zu den 13 Mitangeklagten.
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Zudem werden die anderen Verteidiger die Verurteilung Hocheggers in einer der Telekom-Causen heranziehen, um seine Seriosität in Zweifel zu ziehen.

Umgekehrt werden dem Schöffensenat unter Richterin Marion Hohenecker auch Umstände dargelegt werden, die die Glaubwürdigkeit Hocheggers unterstreichen sollen. "Warum soll er lügen?", umreißt das ein Beobachter, der namentlich nicht genannt werden will. Immerhin nehme Hochegger mit dem Teilgeständnis eine Haftstrafe in Kauf. Das würde er nicht tun, wenn er unschuldig wäre, meint der Jurist zum Standard. (Renate Graber, Andreas Schnauder, 15.12.2017)