Heinz-Christian Strache, frischgebackener Minister für Sport.

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Wien – Auch im Sport ist jetzt die Spannung greifbar, man muss sich nur die Seiten 87 bis 91 im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ vor Augen führen. Bemerkenswert, so viel vorweg, ist bereits die Tatsache, dass dem Sport ein eigenes, immerhin fünf Seiten starkes Kapitel gewidmet ist – das unterscheidet dieses Programm nicht unangenehm von früheren. Darüber hinaus nehmen es viele als Aufwertung wahr, dass der Sport vom Verteidigungsministerium ins Vizekanzleramt von FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache übersiedelt.

"Zur Verteidigung passte der Sport sowieso überhaupt nicht", vermerkt der Wiener Leichtathletiktrainer Wilhelm Lilge auf Facebook. Einzige Überschneidung? Die beim Heeressportzentrum angestellten Spitzensportler. "Der breite Bereich des Gesundheits- und Hobbysports wirkte dort wie ein Fremdkörper", meint Lilge, der hierzulande "die kompliziertesten, teuersten und ineffizientesten Sportstrukturen der Welt mit dem größten parteipolitischen Einfluss" ortet. Viele Institutionen agieren "parallel", von üppigen öffentlichen Förderungsmitteln komme "ein Bruchteil beim richtigen Empfänger an".

Eine ähnliche Feststellung findet sich im Regierungsprogramm. Mag sein, das ist kein Zufall. Lilge, Coach des Mittelstreckenläufers Andreas Vojta, weist selbst darauf hin, dass er zu Beginn der Koalitionsgespräche vom Mitglied eines Verhandlungsteams zu einem eingehenden Gespräch gebeten wurde. Das sei ihm "vorher schon bei drei anderen Parteien passiert", er habe sich und werde sich "nie parteipolitisch vereinnahmen lassen". Für Lilge ist "der weitreichende parteipolitische Einfluss das Grundübel im österreichischen Sport".

Reform der Sportförderung gegen FP beschlossen

Künftig wird der Einfluss jedenfalls anders gefärbt sein. Es ist wieder Blau angesagt – wie schon von April 2000 bis Februar 2003, als Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer für Sport zuständig war, ehe Knittelfeld ihrem politischen Wirken ein Ende setzte.

Nun haben die Basketballerin Petra Steger (FPÖ) und Ex-Abfahrtsweltmeister Michael Walchhofer, obwohl kein Parteimitglied, für die ÖVP in Sachen Sport verhandelt. Die FPÖ stört die kürzlich beschlossene Reform der Sportförderung samt Gesetz, das Anfang 2018 in Kraft tritt. Dann ersetzt die Bundessportförderungs GmbH (BSG) den Bundessportförderungsfonds (BSFF). Hans Peter Doskozil (SPÖ), Straches Vorgänger als oberster Sportpolitiker, setzte Ex-Tennisspieler Clemens Trimmel als BSG-Geschäftsführer und Ex-Skirennläufer Armin Assinger als Aufsichtsratsvorsitzenden ein. Eine Mitbewerberin Trimmels sagte, es konnte "keine Rede von einem offenen und fairen Verfahren" sein.

FPÖ will "nationale Sportstrategie" erstellen

Das Gesetz war gegen die Stimmen der FPÖ beschlossen worden, Strache lässt im Regierungsprogramm keinen großen Willen zur dauerhaften Umsetzung erkennen. Doskozil habe nur "versucht, Strukturen zu vereinfachen und Kompetenzen zu bündeln". Doch nach wie vor fehlten "klare Mechanismen zur Abstimmung, beispielsweise mit den Ländern". So gebe es "weiterhin keine Hebel, um unkoordinierte Doppel- und Mehrfachförderungen zu vermeiden". Die FPÖ will "eine übergeordnete nationale Sportstrategie erstellen". Sie soll Sportstrategie Austria heißen und "alle Bereiche der Sportförderung von der Schule bis zum Spitzensport sowie alle Ebenen der öffentlichen Verwaltung" vom Bund bis zu den Gemeinden umfassen.

Rudolf Hundstorfer, Präsident der Bundessport-Organisation (BSO) und wie Assinger im BSG-Aufsichtsrat, glaubt nicht, dass Strache das neue Sportförderungsgesetz kippen wird. Er sagte am Dienstag auf STANDARD-Anfrage: "Ich gehe von einer entsprechenden Umsetzung des Gesetzes aus. Alles andere ist im Moment kein Thema." Wie gesagt, das wird noch richtig spannend. (Fritz Neumann, 19.12.2017)