Weltmeister Magnus Carlsen (rechts) tritt in Riad an, Israels Großmeister Boris Gelfand nicht. Letzterer wäre aber auch bei Visa-Erteilung aus Protest nicht nach Saudi-Arabien gereist.

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Riad/Wien – Es müssen schwarze Tage für den saudischen Großmufti Abdulaziz Al Sheikh sein: Riad ist seit Dienstag Austragungsort der Weltmeisterschaften im Schnell- und Blitzschach – und die Fatwa des gestrengen Muftis, in der er das Schachspiel für islamisch unerwünscht erklärte, ist noch keine zwei Jahre alt. Schachspielen sei Zeitverschwendung und fördere die Rivalität, erklärte der direkte Nachkomme von Mohammed Ibn Abdul Wahhab. Das war jener fundamentalistische Islamprediger aus dem 18. Jahrhundert, nach dem der "Wahhabismus" benannt ist.

Da nun aber in Saudi-Arabien unter der treibenden Kraft des jungen Kronprinzen Mohammed bin Salman alles anders werden soll, wird das Königreich gleich drei Mal hintereinander Gastgeber dieser Weltmeisterschaften sein. Dafür erging eine stattliche Spende an den Schachweltverband Fide (Fédération Internationale des Échecs). Weltmeister Magnus Carlsen aus Norwegen nimmt teil genauso wie die Topspieler Shak Mamedyarov aus Aserbaidschan und Levon Aronian aus Armenien. Es geht um Preisgelder von insgesamt zwei Millionen Dollar (1,686 Millionen Euro).

Sport und Unterhaltung erwünscht, das ist die hochpolitische Botschaft des Königreichs, das das schlechte Wahhabismus-Image loswerden will. Zum Rebranding gehört auch, dass für die teilnehmenden Frauen die Kleidungsvorschriften aufgehoben sind: Keine Abaya (langes Ganzkörpergewand) und kein Hijab sind nötig, hochgeschlossen keusch sollte es aber schon sein. Dennoch entschied sich die Weltmeisterin Anna Musytschuk (Ukraine) gegen eine Teilnahme, es reichte ihr, nicht ohne Kopftuch auf die Straße gehen zu dürfen.

Kontakt ja, Normalisierung nein

Anderes hat sich hingegen doch nicht geändert: Bis wenige Tage vor dem Beginn hofften auch sieben israelische Spieler und Spielerinnen auf Visa. Daraus wurde nichts, israelische Staatsbürger bleiben – trotz intensiver Kontakte zwischen den beiden Ländern hinter den Kulissen – in Saudi-Arabien unerwünscht.

Dabei hatte die Fide zuletzt bei den Einreisegenehmigungen für Spieler aus Katar und dem Iran, mit denen Saudi-Arabien schwer verfeindet ist, einen Durchbruch erzielt. Iraner und Kataris durften einreisen – die meisten zogen es allerdings vor, dem lukrativen Turnier fern zu bleiben.

Boykotte gibt es immer wieder: So wollten vergangenes Jahr die Armenier nicht zu den Meisterschaften nach Aserbaidschan reisen. Aber die Fide versäumt, von den Austragungsländern eine Garantie dafür zu verlangen, dass niemand aktiv ausgeschlossen wird. Israelische Schachspielerinnen blieben bereits einmal von einem Turnier in Teheran ausgesperrt. (Gudrun Harrer, 26.12.2017)