Diese drei Herren bilden eine Front: Die drei roten Landeshauptleute Hans Niessl, Michael Häupl und Peter Kaiser sind strikt gegen die Regierungspläne zur Reform der Arbeitslosenunterstützung.

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Wien – Bei Arbeitslosen wird künftig auf ihr Vermögen zugegriffen werden können, allerdings nur bei jenen, die erst kurz ins System einzahlen und sich "durchschummeln" wollen. Mit dieser Festlegung hat die Regierungsspitze am Mittwoch versucht, die Diskussion über die Einführung eines Hartz-IV-Modells in Österreich zu beenden.

Was so nicht gelang. Aus den Ländern kommt breiter Widerstand gegen die Regierungspläne zur Neugestaltung der Arbeitslosenunterstützung – und zwar quer durch die Parteien. Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) sprach von einer Kriegserklärung gegen die Armen, er will die geplante Streichung der Notstandshilfe, die durch die Mindestsicherung ersetzt werden soll, nicht hinnehmen. Statt einer Versicherungsleistung komme eine Sozialleistung, die für die Grundbedürfnisse des Lebens gedacht sei. Häupl stößt sich auch an der Tatsache, dass für die Mindestsicherung die Länder zuständig sind. Er rechnet hier mit Widerstand auch der anderen Länderchefs: "Das ist eine Sache, die kann sich niemand gefallen lassen – egal, ob das ein roter oder ein schwarzer Landeshauptmann ist."

Häupl kündigte an, dieses Thema auch bei der nächsten Landeshauptleutekonferenz aufs Tapet zu bringen. Sie wird im Mai in Wien – das im ersten Halbjahr den Vorsitz in der LH-Konferenz innehat – stattfinden.

Schwarze Bedenken

Bereits am Dienstag hatten sich die Landeshauptleute von Vorarlberg und Oberösterreich, Markus Wallner und Thomas Stelzer (beide ÖVP) skeptisch zu den Regierungsplänen geäußert. Wallner hatte erklärt, dass eine "einseitige Verschiebung" der Notstandshilfe in die Mindestsicherung für ihn nicht infrage komme. Stelzer meldete ebenfalls Bedenken an.

Unterstützung bekam Häupl am Mittwoch von seinen Amtskollegen aus Kärnten und dem Burgenland. Peter Kaiser warnte vor einer Kostenumverteilung sowie zunehmender Armut. In Kärnten würden so fast 10.000 Menschen in die Mindestsicherung gedrängt. "Für sie und ihre Familien würde das bedeuten, dass ihnen nahezu alles, was sie sich in ihrem Leben ehrlich erarbeitet haben – Auto, Haus, Wohnung, Erspartes -, weggenommen werden würde." Den Regierungsparteien wirft Kaiser den Versuch vor, die Bundesländer finanziell "auszubluten".

Niessl strikt dagegen

Der Burgenländer Hans Niessl sagte zum STANDARD, er sei strikt gegen eine Abschaffung der Notstandshilfe und wolle sich gemeinsam mit anderen Landeschefs dagegen wehren.

Widerstand kommt auch von freiheitlicher Seite: Der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger hat sich klar gegen einen Zugriff auf Vermögen ausgesprochen. Er halte das "nicht für zielführend". Statt jemandem etwas wegzunehmen, müsse danach getrachtet werden, die Menschen schnell wieder in den Arbeitsprozess zu bekommen. Der Kärntner FPÖ- Gernot Darmann lehnt einen Zugriff auf das Vermögen von Arbeitslosen ebenfalls strikt ab. Darmann: "Bei einer FPÖ-Beteiligung in der Kärntner Landesregierung wird es das nicht geben."

Streitpunkt in der Regierung

Grundsätzlich sieht das Regierungsprogramm vor, dass das Arbeitslosengeld in Zukunft degressiv gestaltet sein soll. Je länger man ohne Job ist, umso geringer soll die Leistung ausfallen. Die Notstandshilfe soll abgeschafft werden, womit ein Rückfall in die Mindestsicherung möglich ist. Streitpunkt war nun, ob auf das Vermögen der Betroffenen zugegriffen werden kann. Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ) hatte dies während der vergangenen Tage ausgeschlossen.

Die Regierungsspitze sieht das anders, wie Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am Mittwoch nach dem Ministerrat klarstellten. Den Ländern wurde zudem versichert, dass auf sie keine Mehrkosten zukommen.

Strache macht für die Verunsicherung, die in den vergangenen Tagen entstanden ist, die "sozialistischen Jammerer vom Dienst" verantwortlich. Deren Behauptung, dass in Österreich ein Hartz-IV-Modell kommen werde, sei schlicht falsch. Auch Kurz betonte: "Es wird keine Einführung von Hartz IV geben." Jedoch machte der Kanzler klar, dass jemand, der nur kurz eingezahlt habe und sich beim AMS mit Ausreden "durchzuschummeln" versuche, auch damit rechnen müsse, dass auf sein Vermögen zugegriffen werde, wenn eines vorhanden sei. Es sei nämlich nicht die Verantwortung der Allgemeinheit, diese Personen zu finanzieren.

Ein Konzept dazu solle bis Jahresende erarbeitet werden. Es soll gemeinsam von den Regierungskoordinatoren, Hartinger sowie Finanz- und Wirtschaftsministerium erarbeitet werden, was manche als Entmachtung der Sozialministerin sehen. (mue; völ; wei, 11.1.2018)