Oper pikant und auch süß: Stefan Herheim.

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Wien – Bei aller Freude über die kulturpolitische Entscheidung, einen der inspiriertesten Opernregisseure der Gegenwart als Intendanten des Theaters an der Wien engagiert zu sehen, drängte sich nach Bekanntgabe der Neuheit die eine oder andere Frage auf. Wie viel Zeit wird einer der gefragtesten Opernkünstler für Wien aufwenden können, wo doch seine Regiearbeiten bisher international nachgefragt waren und es wohl so bleiben wird? Außerdem würde es für ihn ein Haus auch administrativ zu leiten geben, was das kreative Potenzial ja auch sinnlos ermüden könnte.

Stefan Herheim – per Selbstdefinition ein in Deutschland sozialisierter Norweger, also ein "Wikinger-Piefke" – ist da aber guter Dinge und recht klar: "Es wird eine übergeordnete Dramaturgie für dieses Haus geben, die auf meiner eigenen Ästhetik fußt", so der 47-Jährige.

Er selbst werde pro Saison mindestens zweimal Regie führen – und wichtig: "Meine freiberufliche Karriere als Regisseur werde ich weitgehend einstellen." Für das Theater an Wien verspricht er dabei ästhetisch "nicht nur kunstvoll Süßes, sondern auch Pikantes und Scharfes".

Bedürfnis nach künstlerischer Heimat

Gefragt nach seiner Motivation, nun doch ein Haus zu übernehmen, verweist Herheim auf seine Erfahrungen in der internationalen Opernwelt, die mitunter auch ihre befremdliche Seite hätte. Bislang habe er Angebote, eine Intendanz zu übernehmen, nie erhört, nun jedoch sucht er selbst quasi für den Betrieb Verantwortung zu übernehmen. Außerdem sei in ihm "mit den Jahren das Bedürfnis nach einer künstlerischen Heimat gewachsen".

Die Rolle als Theaterleiter will er aber nicht als Form einer Ego-Show verstehen: "Darauf möchte ich meine Intendanz gründen: nicht auf einem Ich, sondern einem großen Wir. Mich interessiert nicht der Titel des Intendanten, sondern die Möglichkeit, Menschen zu einen."

Ob die Zahl der Premieren angesichts der vorhandenen Mittel zu steigern sei, könne er derzeit noch nicht sagen, betonte Herheim, der das Theater an der Wien 2022 übernehmen wird. "Manchmal ist weniger auch mehr." Eine künstlerische Leitung müsse sich jedenfalls als Kern einer Musiktheaterwerkstatt begreifen: "In diesem Sinne gelobe ich, dem Theater an der Wien treu zu dienen."

Ebenfalls fällt das Wort "Stagionebetrieb". Gut so. Unter dem gegenwärtigen Intendanten Roland Geyer hat sich dieser Theaterform, die einen Kontrast zum Repertoirebetrieb bildet, etabliert und bewährt. Herheim weiß das. Das bisher hier Geleistete wäre für ihn auch "die Voraussetzung gewesen, das Haus zu übernehmen". (Ljubisa Tosic, 13.1.2018)