Mit den Wechseljahren beginnt eine neue Lebensphase. Verhütung ist kein Thema mehr, dafür gilt es andere Hürden zu nehmen.

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Hormone beeinträchtigen auch die Synapsen im Gehirn – in der Umstellungsphase auch das Empfinden von Wärme und Kälte.

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Jede Lebensphase hat Vorteile und Nachteile. Rein medizinisch betrachtet, verändern sich während der Wechseljahre Körperfunktionen. Das kann im Falle von Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Herzklopfen oder Schlafstörungen unangenehm sein. Dafür ist Verhütung kein Thema mehr.

Ursache der Beschwerden ist die nachlassende Produktion von Östrogenen. Jede dritte Frau leidet so stark, dass sie eine Behandlung braucht, und lange Zeit galt eine Hormontherapie als Mittel der Wahl. Dann jedoch kam sie in Verruf, weil Daten suggerierten, sie würde das Brustkrebsrisiko erhöhen. Eine neue Auswertung im März 2016 relativierte die Gefahr vor allem für Frauen zwischen 50 und 59, die stark unter den Wechselbeschwerden leiden.

Eine im vorigen November erschienene Studie suggeriert nun auch, dass sich mit der Hormonersatztherapie auch die Hirnleistung stabilisieren lässt und sie sich positiv auf das Arbeitsgedächtnis auswirkt. Vor allem Frauen, die unter Stress leiden, berichten von derartigen Störungen. Östrogen, so die Studie, wirkt dem entgegen.

Hormone im Hirn

Ausgewertet wurde eine Beobachtung an 42 Studienteilnehmerinnen. Die Hälfte hatte fünf Jahre Östrogene eingenommen, die übrigen Placebo. Alle Frauen sollten ihre Hände drei Minuten in Eiswasser halten – das sollte eine Stressreaktion simulieren. 20 Minuten danach sollten die Frauen Tests hinsichtlich des Arbeitsgedächtnisses machen, etwa indem sie sich Wörter merken oder bei bestimmten Sätzen erkennen sollten, ob sie sinnvoll sind.

Nach dem Eiswasserbad schnitten die Frauen mit Placebo in den Tests schlechter ab, während diejenigen mit Hormonen ähnlich gute Resultate erzielten wie nach einem warmen Handbad, das keinen Stress auslöste. "Bei manchen Frauen könne sich die Hirnfunktion durchaus mit Hormonen bessern", resümiert Christian Egarter, Gynäkologe und Hormonspezialist an der Medizinischen Universität Wien. "Wir wissen heute, dass vor allem jüngere Frauen profitieren, die noch wenig Arteriosklerose haben."

Schon seit längerem versuchen Ärzte zu verstehen, wie sich eine Hormontherapie auf Hirnfunktionen auswirkt. Die Studien scheinen sich zu widersprechen. Bei manchen besserten die Hormone die Hirnfunktion, bei anderen nicht. Bei Frauen, die erst mit 65 Jahren mit der Therapie begannen, wirkten die Hormone sogar negativ auf das Gedächtnis.

Frage der Durchblutung

Eine Erklärung für diese Effekte könnte die Hirndurchblutung sein. "Östrogene verzögern die Bildung von arteriosklerotischen Plaques, und die Gefäße werden besser durchblutet", erklärt Bruno Imthurn, Hormonspezialist in der Frauenklinik am Universitätsspital Zürich. "Das betrifft auch die Durchblutung des Gehirns." Bei älteren Frauen finden sich oft schon Arteriosklerose-Plaques in den Wänden der Blutgefäße. "Beginnt man dann erst mit der Therapie, bieten die Östrogene keinen Schutz. Im Gegenteil, die Hormone können dann Plaques lösen und Blutgefäße im Gehirn oder Herzen verstopfen."

Wichtig sei aber der Zeitpunkt der Therapie: So zeigten Forscher von der Mayo Clinic, dass eine Östrogentherapie vor geistigem Abbau und Demenz schützen kann, wenn die Therapie früh nach dem Einsetzen der Menopause begonnen wird. "Fängt man aber zu spät an, wirkt sich das negativ aus, weil die Durchblutung verschlechtert wird", sagt Egarter.

Das ist auch der Grund, weshalb die Hormone in Verruf gekommen waren. Als 2012 die Ergebnisse der langjährigen Studie Women's Health Initiative (WHI) mit mehr als 25.000 Frauen veröffentlicht wurde, setzten viele Frauen die Hormone ab. Diejenigen, die Hormone eingenommen hatten, erlitten nämlich häufiger einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine Thrombose. "Bei der Auswertung hat man damals alle Frauen in einen Topf geworfen", sagt Egarter. "Heute wissen wir, dass diese Risiken nur für bestimmte Frauen gelten. Bei frühem Beginn ist die Therapie wirksam und sicher."

Hormone seien aber nicht alles, gibt Gregor Hasler, Chefpsychiater der Universität Bern, zu bedenken. "Es mag einzelne Frauen geben, die sich mit Hormonen besser konzentrieren können und nicht so unter Stimmungsschwankungen leiden, und möglicherweise arbeitet das Gehirn auch etwas besser", sagt er, "die psychosozialen Veränderungen in den Wechseljahren lösen Hormone aber nicht."

Fokus aufs Positive

Viele Frauen kämen zum Beispiel mit dem Gefühl nicht klar, dass ihre Fruchtbarkeit nachlasse, dass ihre Ehe zerbrochen sei oder sie allein seien, weil die Kinder ausgezogen sind. "Das kann Angst auslösen und depressiv machen", sagt Hasler. "Der aktuelle Jugendwahn verschlimmert diese Gefühle noch."

Gespräche mit Psychologen oder Psychiatern können helfen, das Positive an der neue Lebensphase zu entdecken. "Es geht darum, die Veränderung zu akzeptieren und aktiv zu werden", sagt Hasler, man könne zum Beispiel mehr Zeit in die Beziehung investieren oder sich neue Hobbys suchen."

Aber wenn die körperlichen Beeinträchtigungen zu stark sind und sich negativ auf Sexualität und Beziehungsleben auswirken, ist die Hormontherapie ein sinnvoller Weg. (Felicitas Witte, 16.1.2018)

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