Am Montagabend verlas ein Vertreter der Palästinenserführung in Ramallah die Forderung an die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO), die Anerkennung Israels auszusetzen.

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Zwei Tage lang beriet der Zentralrat der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in Ramallah, am Montagabend standen die Forderungen dann fest: Die Anerkennung des Staates Israels soll ausgesetzt werden – so lange, bis Israel seinerseits den palästinensischen Staat anerkennt, die Annexion Ostjerusalems rückgängig macht und den Siedlungsbau einstellt. Das Exekutivkomitee muss das aber noch absegnen.

Frage: Warum reagieren die Palästinenser so scharf?

Antwort: Die Palästinenser sind verärgert über Trumps Rede von Anfang Dezember, in der dieser Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt hat. Sie wollen zumindest Ostjerusalem als Hauptstadt ihres eigenen zukünftigen Staates. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bestätigte bei dem Treffen in Ramallah, dass die USA ihnen den Ort Abu Dis nahe Jerusalem als Hauptstadt vorgeschlagen hätten. Abbas bezeichnete die US-Politik als "Ohrfeige des Jahrhunderts", man werde zurückschlagen. Mit seinen scharfen Worten scheint sich Abbas auch als Kämpfer für die palästinensische Sache profilieren zu wollen. Er hat nur noch wenig Rückhalt in der Bevölkerung. Viele Palästinenser haben das Vertrauen in ihre Führung verloren und halten sie für korrupt.

Frage: Wie steht es um den Friedensprozess?

Antwort: Nicht gut – aber das war bereits vor dem zweitägigen Treffen des Zentralrats der PLO nicht anders. Die Verhandlungen waren schon vor einiger Zeit ins Stocken geraten, Präsident Abbas und Premier Netanjahu sind schon seit Jahren nicht mehr zu Gesprächen zusammengekommen. Auch deshalb drohen die USA derzeit damit, die Zahlungen an die Palästinenser einzustellen, damit diese an den Verhandlungstisch zurückkehren. Doch seit der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels lehnen die Palästinenser die USA als Vermittler ab.

Frage: Bedeutet die Nichtanerkennung Israels auch ein Ende der Sicherheitskooperationen?

Antwort: So weit wird es wohl nicht kommen: "Die Palästinenser haben kein Interesse daran, die Zusammenarbeit mit den Israelis einzustellen", erklärt Kobi Michael, Sicherheitsexperte am Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS). Schließlich hingen die Palästinenser von Israel ab – auch wirtschaftlich: "Rund 130.000 Palästinenser arbeiten in Israel, auch in Siedlungen, und das sind nur die offiziellen Zahlen", so Michael. Der Sicherheitsexperte rechnet damit, dass die Palästinenser zweigleisig fahren werden: "Einerseits zeigen sie sich extremistisch, kündigen an, dass sie bis zum bitteren Ende gehen werden. Andererseits werden sie alles versuchen, die Autonomiebehörde am Leben zu erhalten – und das bedeutet auch, die Sicherheitskooperationen beizubehalten."

Frage: Was sagen die Israelis?

Antwort: Premierminister Benjamin Netanjahu schien über die harschen Worte von Mahmud Abbas beinahe erfreut – schließlich, so der Premier, bestätigten sie das, was er selbst immer wieder gesagt habe: dass der Grund für den Konflikt mit den Palästinensern deren Verweigerung sei, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen. "Abbas hat die Wahrheit ans Licht gebracht. Er hat die Maske abgenommen", so Netanjahu am Montag in einer Videobotschaft. Abbas hatte zuvor die Verträge von Oslo für tot erklärt und Israel dafür die Schuld gegeben. Fernab des politischen Parketts scheinen die Worte Abbas' und die Entscheidung des Zentralrats den Israelis jedoch weitgehend egal zu sein. Viele hatten ohnehin schon lange nicht mehr an einen Friedensprozess geglaubt. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 16.1.2018)