Die private Immobiliengruppe Wienwert hat sich in den vergangenen Jahren mit 23 Unternehmensanleihen Geld von Anlegern geholt. Kritiker sprechen von einer Loch-auf-Loch-zu-Strategie, was man im Unternehmen stets zurückwies. Nun ist die Muttergesellschaft WW Holding insolvent.

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Wien – Die WW Holding, Muttergesellschaft des privaten Immobilienentwicklers Wienwert AG, ist nun ein Fall fürs Insolvenzgericht – zudem ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) rund um die Gruppe. Am Donnerstag um ein Uhr 30 verkündete die WW Holding per Ad-hoc-Meldung, zahlungsunfähig und insolvenzrechtlich überschuldet zu sein, man werde ehebaldigst einen Insolvenzantrag stellen. Geplant seien ein Sanierungsverfahren mit Eigenverantwortung und der Verkauf der – nicht insolventen – Tochter Wienwert, wie es hieß.

In Österreich droht ein Anlegerskandal auf dem Immobilienmarkt. Die umstrittene Immobilien-Holding Wienwert ist überschuldet und zahlungsunfähig, will bald Insolvenz anmelden.
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Um ein Uhr 31 veröffentlichte auch die Wienwert AG, dass ihre 99,9-prozentige Mutter, die WW Holding, insolvent sei. Dem Vernehmen nach hat die Gruppe bis zuletzt nach einem Investor gesucht, allerdings erfolglos.

Ermittlungsverfahren

Den Grund für die Probleme sieht die Gesellschaft im Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens. Danach habe Wienwert eine Unternehmensanleihe nicht mehr erfolgreich platzieren können. Zudem konnte die WW Holding eine am 20. Dezember 2017 fällige Anleihe (rund 900.000 Euro) nicht bedienen. Die nächste Anleihe der Gruppe wird am 28. Februar fällig.

Tatsächlich steckt das Unternehmen, das zu je einem Drittel Wienwert-Chef Stefan Gruze sowie indirekt den Unternehmensgründern Nikos Bakirtzis und Wolfgang Sedelmayer gehört, seit längerem in Turbulenzen. 2016 machte die WW Holding einen Verlust von 29 Millionen Euro, das negative Eigenkapital betrug 28,7 Millionen Euro.

Der Abschlussprüfer gab nur einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk, bescheinigte der Holding aber eine positive Fortführungsprognose. Die Annahmen dafür seien aber "mit Unsicherheiten behaftet", wie er festhielt. Näheres zu den Überlegungen wollte PwC am Donnerstag nicht bekanntgeben und verwies an Kunden Wienwert. Dessen Chef Gruze war am Donnerstag nicht zu erreichen, die Homepages waren nicht aufrufbar.

Die Wienwert AG hat ihr Geschäftsmodell 2017 von Altbausanierung auf Neubauprojekte umgestellt. Sie wies zuletzt ein Eigenkapital von fünf Mio. Euro aus, 1,8 Millionen davon in Cash, mit 3,2 Millionen Euro steht das Markenrecht zu Buche. Immer wieder hat sich die Gruppe über Anleihen Geld geholt, zum Teil wurden die bei Kleinanlegern platziert. Kritiker sprechen von einer "Loch-auf-Loch-zu-Strategie".

40 Millionen offen

Von 2010 bis 2017 wurden 23 Anleihen begeben – 19 ohne (von der Aufsicht zu prüfendes) Prospekt. Die Prospektpflicht entfällt nämlich etwa dann, wenn sich das Zeichnungsangebot an weniger als 150 Personen richtet. Das war öfter der Fall. Laut Finanzmarktaufsicht (FMA) sind derzeit offene Anleihen von 40 Millionen Euro im Markt. FMA-Vorstand Helmut Ettl meinte, der Schaden für die Anleger könnte ebendiese 40 Millionen betragen. Fünf bis zehn Millionen Euro dürften auf Kleinanleger entfallen, schätzt KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner.

Die FMA hatte die Wienwert-Gruppe schon länger unter Beobachtung, die erste Verwaltungsstrafe hat sie laut Vorstand Klaus Kumpfmüller 2011 verhängt, insgesamt gab es drei Verwaltungsstrafverfahren. Im jüngsten wurde Gruze zur Zahlung von 85.000 Euro verdonnert, das Erkenntnis ist nicht rechtskräftig. Es ging um den Vorwurf der irreführenden Werbung bei der Anleiheplatzierung. Zudem hat die FMA Anzeigen bei der StA eingebracht, die Verfahren wurden aber eingestellt. Derzeit prüft die FMA, ob die jüngste Ad-hoc-Meldung zur Insolvenz rechtzeitig kam.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft

Die WKStA ermittelt seit längerem, und zwar auf Basis von zwei Anzeigen. Ein Ex-Geschäftspartner fühlt sich über den Tisch gezogen und eine Anlegerplattform hat den internen Verkauf der Markenrechte angezeigt.

Der ging so: Am 31. März 2016 hat die WW Holding die Marke "Wienwert" um 3,12 Millionen Euro von ihren Aktionären Sedelmayer Real Investment GmbH und Bakirzoglu gekauft. Ende 2016 übertrug sie die Marke an ihre Tochter, zum Wert von 3,12 Millionen Euro. Der Abschlussprüfer schloss verbotene Einlagerückgewähr nicht aus. Auch diesen für die Firmengründer lukrativen Deal prüft die WKStA, es geht um den Verdacht der Untreue und Bilanzfälschung, es gilt die Unschuldsvermutung.

Die Bundespensionskasse, die mit einem Fonds mit Wienwert kooperiert, gab sich am Donnerstag entspannt. Mit der WW Holding habe weder Fonds noch Bundespensionskasse etwas zu tun. (Renate Graber, 18.1.2018)