Die FPÖ-Delegation mit Vertretern der Partei Einiges Russland nach der Vertragsunterzeichnung in Moskau. Neben Parteichef Heinz-Christian Strache waren auch Norbert Hofer, Johann Gudenus sowie Harald Vilimsky anwesend.

Es ist mehr als ungewöhnlich, wenn der Inhalt eines derart vertraulichen Gesprächs an die Öffentlichkeit gelangt. Dementsprechend hat es der am Freitagabend in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ("FAZ") erschienene Artikel in sich: Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel habe sich am Mittwoch beim Besuch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über die Nähe der Freiheitlichen zur russischen Staatsspitze besorgt gezeigt. Konkret befürchte Berlin, dass aus den Reihen der FPÖ, die mit Innen-, Verteidigungs- und Außenministerium Schlüsselressorts innehat, sensible Geheimdienstinformationen nach Moskau gelangen könnten. Wien müsse daher "damit rechnen, dass westliche Dienste nicht mehr in gleichem Maße Informationen teilen würden. Das gelte für europäische wie für amerikanische Dienste", so die Zeitung.

"Ohne die beiden sind wir richtig aufgeschmissen"

Damit stellte Merkel der österreichischen Regierung eine Rute ins Fenster, denn der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) und die US-amerikanische CIA nehmen die Rolle des großen Bruders der österreichischen Nachrichtendienste ein, der sie mit wichtigen Informationen, etwa zur Abwehr von Terrorismus, versorgt. Das für Auslandsaufklärung des Bundesheeres zuständige Heeresnachrichtenamt (HNA) und der im Innenministerium angesiedelte Verfassungsschutz sind seit Jahrzehnten engste Partner der Geheimdienste. "Ohne die beiden sind wir richtig aufgeschmissen", sagt ein Geheimdienst-Insider zum STANDARD.

Nach STANDARD-Informationen sehen die US-Dienste insbesondere den im Dezember 2016 in Moskau geschlossenen Freundschaftsvertrag zwischen der FPÖ-Führungsmannschaft und der Putin-Partei Einiges Russland als problematisch an, auch wenn man den Inhalt für eher lächerlich hält. Er hat den Freiheitlichen den Ruf eingebracht, eine "fünfte Kolonne Putins in Europa" zu sein.

Der Vertrag zwischen der FPÖ und Einiges Russland.
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Argwöhnisch wird von den Amerikanern zudem auch beobachtet, dass es namhafte FPÖ-Politiker immer wieder auf die Krim zieht. So besuchten im November des vergangenen Jahres FPÖ-Nationalrat Hans-Jörg Jenewein und der Linzer Vizebürgermeister Detlef Wimmer die Halbinsel – während ÖVP und FPÖ in Wien ihre gemeinsame Koalition verhandelten. Gegenüber einem russischen TV-Sender erklärte Wimmer damals sinngemäß, dass die ukrainische Krim zu Russland gehöre. Eine Position, die weder von der ÖVP noch von der EU-Kommission oder den USA geteilt wird.

Kontakte auf dem Balkan

Als sensibel gelten auch die Kontakte freiheitlicher Spitzenpolitiker auf dem Balkan. In der Vergangenheit haben FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und sein Klubobmann Johann Gudenus offen serbische Nationalisten unterstützt, die ihrerseits über exzellente Verbindungen nach Russland verfügen. Laut dem "FAZ"-Bericht werden in Berlin russische Aktivitäten auf dem Westbalkan "mit Sorge gesehen, wo Moskau zum Teil mit nachrichtendienstlichen Mitteln versucht, seinen Einfluss zu vergrößern und eine langfristige Integration der Staaten in die EU zu verhindern". Da Österreich durch seine Bundesheer-Einsätze in Bosnien und im Kosovo eine durchaus gewichtige Rolle in der Region spielt, wird befürchtet, FPÖ-Leute könnten diese Politik unterstützen.

Bisher wollten Merkel und Kurz den Bericht der "FAZ" nicht kommentieren. Kurz sagte aber, dass man die illegale Weitergabe von Daten nur unterstellen solle, wenn jemand dazu Anlass gebe.

Kurz und Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin.
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Die türkis-blaue Regierung wird die Angelegenheit allerdings nicht einfach aussitzen können, da nicht nur die Auslandskontakte der Freiheitlichen als heikel angesehen werden. So hat Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) in seiner Zeit als Oppositionspolitiker die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesheer und der NSA scharf kritisiert und Aufklärung gefordert. Das hat der US-Geheimdienst nicht vergessen.

"Diese Routinen sind völlig unverändert"

Auch hoffen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und des Heeresnachrichtenamtes, dass die Botschaft aus Berlin zu einer Reform und zu personellen Veränderungen innerhalb der heimischen Nachrichtendienste führt. Sie sehen die Zusammenarbeit mit anderen westlichen Diensten als unerlässlich an und kritisieren, dass schon jetzt immer wieder delikate Informationen an die Öffentlichkeit gelangen.

Offiziell hat sich die Zusammenarbeit zwischen den österreichischen Nachrichtendiensten und ihren Partnern auch nicht geändert. Auf STANDARD-Anfrage heißt es etwa seitens des Innenministeriums, zu dem der Verfassungsschutz ressortiert: "Auf Grundlage des Polizeikooperationsgesetzes gibt es eine jahrelange, routinierte Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden anderer Länder. Diese Routinen sind völlig unverändert." (Markus Sulzbacher, 21.1.2018)