Oft ist das Haus im Grünen am Ende fußläufig nicht gut erreichbar. Außerdem ziehen die Kinder irgendwann weg und das Haus steht leer.

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Ein Häuschen mit schön gepflegtem Rasen, ein hübscher Gartenzaun drumherum, Parkplatz davor, die nächsten Nachbarn möglichst weit weg: So sieht er aus, der Wohntraum der Österreicherinnen und Österreicher. Zumindest von etwa vier Fünfteln von ihnen, wenn man den in schöner Regelmäßigkeit durchgeführten Umfragen Glauben schenkt.

Es ist wohl wahr: Die allermeisten von uns wollen im Einfamilienhaus leben. Zwischen 14.000- und 17.000-mal pro Jahr werden deshalb Ein- und Zweifamilienhäuser in Österreich baubewilligt, das ist seit drei Jahrzehnten so, zuletzt ging die Tendenz sogar noch nach oben. Im Jahr 2016 waren es genau 17.165 Baubewilligungen, 2017 dürfte auf diesem Niveau geblieben sein.

Die Kehrseite der Medaille namens Einfamilienhaus wird oft nicht so genau angeschaut. Da wäre zum einen die dann in den meisten Fällen auftretende starke Abhängigkeit vom Auto. Oft ist das Häuschen im Grünen nämlich weder fußläufig noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln an die notwendige soziale Infrastruktur angeschlossen, sind also etwa Ärzte, Schulen und Kindergärten, Nahversorger und Gasthäuser kaum oder nur sehr unbequem ohne Kraftfahrzeug erreichbar.

Häuser, die für Jungfamilien mit Kindern errichtet werden, sind außerdem oft nach spätestens 25 Jahren, wenn die Kinder ausgezogen sind, wieder leerer. Das Problem der Vereinsamung von Menschen in Einfamilienhaussiedlungen ist jetzt schon da und wird sich noch verstärken.

Das Übel Bodenverbrauch

Ein anderes großes Übel ist der wachsende Flächenverbrauch, für den Gebäude neben Verkehrsflächen hauptsächlich verantwortlich sind. Und natürlich hat das eine viel mit dem anderen zu tun, denn jeder Hausbau ist auch mit Straßenbau verknüpft, "und dieser beansprucht mindestens die gleiche Fläche wie der Hausbau", weiß man im Umweltbundesamt.

Jeden Tag (!) werden derzeit knapp 15 Hektar versiegelt, davon fünf für "Bauflächen". Welchen Anteil die Einfamilienhäuser haben, kann man im Umweltbundesamt auf Anfrage des STANDARD nicht genau sagen; bei 17.000 neuen Häusern pro Jahr mit einer angenommenen durchschnittlichen Grundfläche von 150 Quadratmetern kommt man aber schon einmal auf 2,55 Millionen Quadratmeter bzw. 255 Hektar.

Das ist nun aber, wie gesagt, nur die Versiegelung. Der gesamte Bodenverbrauch durch den Einfamilienhausboom, der also sämtliche als Bauland gewidmete Flächen innerhalb der hübschen Gartenzäune umfasst, ist rund dreimal so hoch anzusetzen. Bemühungen, den hohen Flächenverbrauch einzudämmen, gibt es, nach Ansicht von Experten geht das aber viel zu langsam. Die katastrophal aufgestellte Raumordnungspolitik ist ein Hauptgrund für die Fehlentwicklungen in Österreich.

Leerstehende Einfamilienhäuser

Die hohen Wohnungspreise in den Ballungsräumen sind aus umweltpolitischer Sicht zusätzlich kontraproduktiv. "Der Trend zum Einfamilienhaus wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken, denn diese sind teilweise sogar günstiger als große Wohnungen", heißt es vom Maklerunternehmen s Real. Laut Geschäftsführer Michael Pisecky sind rund um Wien Einfamilienhäuser mit Kaufpreisen zwischen 400.000 und 600.000 Euro sehr stark nachgefragt. Dort nahmen manche Gemeinden zuletzt noch dazu ihre Regelungen zur Bebauungsdichte zurück, um die kostspielige soziale Infrastruktur für neue Wohnanlagen (Schulen, Kindergärten) nicht schaffen zu müssen. Die Widmung von Einfamilienhausparzellen ist da einfacher.

Dabei gibt es ohnehin schon sehr viele Einfamilienhäuser in Österreich, auch viele leerstehende. 1,5 Millionen wurden im Lauf der Zeit gebaut, die allermeisten seit den 50er-Jahren, als das Automobil populär wurde und im Wiederaufbau großzügige Förderungen dafür gewährt wurden. Damals baute man noch relativ kleine Häuser, mit etwa 120 Quadratmetern Wohnfläche. Diese Durchschnittsgröße (im Gesamtbestand) galt auch 2001 noch. 2016 waren es schon fast 140 Quadratmeter.

180 Quadratmeter Wohnfläche

"Neue Einfamilienhäuser mit 180 Quadratmetern Wohnfläche und mehr sind zur Normalität geworden", zeigt sich Wohnbauforscher Wolfgang Amann höchst alarmiert. "Die riesigen Häuser sind auch eine Folge davon, dass die Wohnbauförderung immer unattraktiver wurde und deshalb auch deren Regulatorien nicht mehr greifen", wird er nicht müde zu betonen. 2016 suchte nicht einmal mehr jeder dritte Häuslbauer um Wohnbauförderung an. Noch vor wenigen Jahren waren es vier von fünf. Und so wurde im Laufe der Jahre aus dem Wohntraum der Österreicher der Alptraum der Raumordnungsexperten.

Was wird die Zukunft bringen? "Masterplan gegen Bodenversiegelung, Fokus auf Raumplanung zur Senkung des Mobilitätsbedarfs" – diese Punkte stehen im neuen Regierungsprogramm. Angesichts der realpolitischen Machtverhältnisse darf man aber gespannt, bisweilen besorgt sein. (Martin Putschögl, 29.1.2018)