Foto: Christian Fischer
Foto: Christian Fischer

Michael Ludwig, der neue Chef der Wiener SPÖ, hat parteiintern gut gearbeitet. Das Ergebnis von 57 zu 43 Prozent der Delegiertenstimmen ist klarer ausgefallen als erwartet: 551 wählten für Ludwig, 414 für Konkurrent Andreas Schieder. Anders als der Parlamentsklubchef hat sich Ludwig schon früh im vergangenen Jahr deklariert und seine Ambitionen für die Häupl-Nachfolge bekannt gegeben. Das sogenannte linke Lager in der Wiener SPÖ, das mit Ludwig nicht gut kann, hat sich erst Mitte November auf Gegenkandidat Schieder verständigen können. Diesen Vorsprung hat Ludwig bei den Delegierten gut nützen können.

Ludwigs Rede als neuer Vorsitzender.
ORF

Die Herausforderungen der mächtigsten SPÖ-Landesorganisation sind nach Ludwigs Sieg aber nicht kleiner geworden: Ludwig steht einer Partei vor, durch die sich seit den Herausforderungen durch die Flüchtlingsbewegungen im Jahr 2015 eine Bruchlinie zieht. Der deklarierte gemeinsame Außenfeind, die türkis-blaue Bundesregierung, hat die zwei Fraktionen zuletzt aber wieder näher aneinanderrücken lassen. Im innerparteilichen Wahlkampf unterschieden sich Ludwig und Schieder nur in Nuancen. Beide schlossen zudem bereits eine Koalition mit der FPÖ nach den Wien-Wahlen 2020 aus.

Neue Köpfe in Stadtregierung wahrscheinlich

Das "andere" Lager wieder ganz ins gemeinsame Boot zu holen, wird für Ludwig aber eine Herkulesaufgabe. Denn um die angepeilte inhaltliche und personelle Erneuerung der Partei glaubhaft vertreten zu können, muss Ludwig rasch auch innerhalb der Stadtregierung durchgreifen. Treffen könnte es Finanzstadträtin Renate Brauner, die seit 1996 in der Stadtregierung sitzt. Brauner, die Schieder als neuen SPÖ-Chef forciert hat, ist wie Sozialstadträtin Sandra Frauenberger aber eine der Frontfrauen des linken Flügels. Auch Frauenberger hat Stimmung für Schieder gemacht.

Nach seinem Wahlsieg hat Ludwig jedenfalls versichert, noch mit keinen Personen, die für mögliche Regierungsämter in Frage kommen, gesprochen zu haben. Die Vorbereitung einer "Strukturklausur" hat der neue Wiener SPÖ-Chef aber bereits angekündigt: Bei dieser sollen die inhaltlichen und personellen Änderungen abgesegnet werden. Die große Frage ist, ob sich bei der Vorbereitung auch Noch-Bürgermeister Michael Häupl in die Diskussion einbringt – oder ob sich das angekündigte Vieraugengespräch zwischen Häupl und Ludwig nur um den Termin der Bürgermeister-Amtsübergabe drehen wird.

Die Grünen und der raue Wind

Welche Auswirkungen die neue SPÖ-Führung mit Ludwig auf die rot-grüne Koalition hat, wird sich wohl erst nach der internen Neuaufstellung der Partei zeigen. Ludwig hat aber bereits angekündigt, dass den Grünen ein rauer Wind entgegen blasen wird: Der von den Grünen abgelehnte Lobautunnel als Lückenschluss der Autobahnumfahrung Wien soll genauso kommen wie andere Infrastrukturprojekte.

Ganz verscherzen kann es sich Ludwig aber auch nicht, will er ein authentisches Gegenmodell zu Türkis-Blau vertreten. Denn die Angriffe der Bundesregierung auf Wien werden in nächster Zeit wohl nicht eingestellt – im Gegenteil.

Die Wahl in Wien wird zwangsweise auch SPÖ-Bundeschef Christian Kern ins Grübeln bringen. Als geschäftsführenden Klubchef im Parlament hat er mit Schieder jetzt jenen Mann sitzen, der Ludwig unterlegen ist. (David Krutzler, 27.1.2017)