Michael Ludwig ist der neue Chef der größten Landesorganisation der österreichischen Sozialdemokratie.

Foto: Christian Fischer

Wien – Nach der großen Freude und vielen Tränen kommt nun das große Zittern. Am Samstag wählten die Delegierten des Wiener Landesparteitags der SPÖ Wohnbaustadtrat Michael Ludwig zu ihrem neuen Chef. Die Entscheidung fiel klarer aus, als viele erwartet hatten. Mit 57 zu 43 Prozent schaffte es Ludwig, einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinem Konkurrenten Andreas Schieder, dem geschäftsführenden Klubchef im Parlament, herauszuholen.

Brücken bauen

Ludwig wolle nun innerhalb der SPÖ "Brücken bauen", um so die zerstrittene Partei wieder zu einen. Seine Hand sei "ausgestreckt" in die Richtung jener, die ihn nicht gewählt haben. Trotz all der AnsagenLudwigs müssen nun jene bangen, die sich im Wahlkampf gegen ihn gestellt haben. Denn Ludwig wird infolge seiner Wahl als SPÖ- Vorsitzender auch Wiener Bürgermeister. Michael Häupl signalisierte, Ende Mai auch diese Funktion zu übergeben. Für Anfang der Woche ist ein Vieraugengespräch zwischen Ludwig und Häupl avisiert, um Details zur Amtsübergabe und das Übergangsprozedere zu besprechen.

Ludwig wiederum kündigte kurz nach seiner Wahl eine Strategieklausur an, in der über die "inhaltliche und personelle" Zukunft der Stadtregierung diskutiert werde. Wen es trifft, ist noch offen. Der neue Wiener SPÖ-Chef deutete einen Mix aus Alt und Neu an.

"Es ging bei dem ganzen Streit immer nur um Stadtratsposten", heißt es aus SPÖ-Kreisen. Einige müssen sich nach dem Sieg Ludwigs Sorgen machen. Finanzstadträtin Renate Brauner hatte als Erste ihre Unterstützung für Schieder öffentlich gemacht. Auch nach der Wahl Ludwigs blieb sie im Gespräch mit dem STANDARD dabei, dass Schieder "die bessere Wahl" gewesen wäre. Brauner steht ganz oben auf der Liste der Austauschkandidaten.

Falsches Pferd

Die Zukunft von Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger ist ebenso unklar. Zwar hatte sie ihre Sympathien für Schieder nie direkt bestätigt, in der Partei waren diese jedoch bekannt. Als strikte Gegnerin einer Wartefrist bei der Mindestsicherung ist sie Ludwig auch inhaltlich ein Dorn im Auge. Ludwig hatte angekündigt, die aktuelle Regelung in Wien zu evaluieren, und sprach sich für eine Reform aus, wonach Zugereiste erst nach einer gewissen Zeit den Zugang zu dieser Sozialleistung erhalten sollen.

Auch die dritte Frau im Team hat offenbar auf das falsche Pferd gesetzt. Umweltstadträtin Ulli Sima gab sich nach Außen hin neutral, doch auch sie soll intern um Stimmen für Schieder gekämpft haben. Kathrin Gaal, Chefin der SPÖ-Favoriten und Ludwig-Unterstützerin, dürfte hingegen keine schlechten Karten auf einen politischen Aufstieg haben.

Sollte Ludwig tatsächlich drei Frauen im Regierungsteam auswechseln, bräuchte er wohl zumindest zwei, die ihnen folgen. Gute Chancen hat neben Gaal auch die Döblinger Vorsitzende Barbara Novak. Ludwig nannte Novak eine, auf die "Verlass" sei.

Neue Gesichter

Aber auch der Simmeringer SPÖ-Chef Harald Troch und Ex-Landesparteisekretär Christian Deutsch haben von Beginn an auf Ludwigs Seite gekämpft. Dieser Einsatz könnte nun belohnt werden. Für Deutsch ist allerdings "noch nicht die Zeit", über Posten zu sprechen. Ludwig habe ein Gespräch mit Häupl angekündigt, dem wolle Deutsch "nicht vorgreifen". Ex-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid sagte, dass Ludwig "nun das Pouvoir hat, neue Leute vorzuschlagen". Der Gemeinderat sah die Entscheidung auf dem Parteitag "sehr positiv". Er erwarte sich "starke Ansagen" von Ludwig für die Wien-Wahlen 2020.

Umbauten könnte es auch in der Parteizentrale geben. Aus SPÖ-Kreisen heißt es, dass es für Parteisekretärin Sybille Straubinger keine guten Aussichten gebe. Möglicher Kandidat als Nachfolger ist Gemeinderat Marcus Schober. Ludwig werde laut seinem Sprecher schon am Montag oder Dienstag der Parteizentrale einen Besuch abstatten.

Erklärungen gesucht

Auf Schieders Seite sucht man weiter nach Erklärungen für die Niederlage. Man habe die Partei falsch eingeschätzt, heißt es: "Unser Weg ist offensichtlich nicht mehrheitsfähig. Die Alten haben über die Jungen entschieden." Der Unterlegene selbst gibt sich knapp: "Es ist entschieden", sagte Schieder. Wichtig sei jetzt, dass die Wiener SPÖ geschlossen hinter dem Vorsitzenden stehe. Und dieser sagte, er könne sich eine Zusammenarbeit mit Schieder – ohne Details zu nennen – gut vorstellen. Um Einheit zu demonstrieren, könnte Parteichef Ludwig Schieder einen Platz in seinem Team anbieten. (Oona Kroisleitner, 28.1.2018)