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Der Bitcoin könnte auch noch eine Weile weiter fallen, langfristig wird aber wieder mit Wachstum gerechnet.

Foto: Reuters

Mitte Dezember stellte der Bitcoin mit einem Handelskurs von knapp 20.000 Dollar einen neuen Rekord auf. Schon in den Wochen und Monaten davor durchschlug die bekannteste aller Kryptowährungen ihre Höchstmarken immer wieder aufs neue. Einige Beobachteter erwarteten gar, dass auch die 30.000 bald in Reichweite sein würden – Investoren hofften freilich darauf.

Doch seit einem kurzen Auf und Ab in der zweiten Dezemberhälfte und Jahresbeginn zeigt der Trend klar nach unten. Er hat sich binnen 48 Tagen mehr als halbiert. Zwischenzeitlich ist er sogar unter die 8.000-Dollar-Marke gefallen. Dafür gibt es Gründe. Aber keinen Anlass, um in Panik auszubrechen.

Grund 1: Hoher Preis war nicht realistisch

Im Jahr 2017 legte der Bitcoin einen kometenhaften Aufstieg hin, von knapp unter tausend auf letztlich eben fast 20.000 Dollar. Steigendes Interesse an der Blockchain-Technologie, der Einstieg bekannter Namen in die Kryptowelt, die Suche nach Alternativen zu staatlichen Währungen in politisch turbulenten Zeiten. Es dürfte ein Mix aus verschiedenen Gründen gewesen sein, der Anfang 2017 den steilen Höhenflug des Bitcoin einleitete. Dieser generierte mit immer neuen Rekordmarken auch Aufmerksamkeit, die wiederum neue Investoren anzog.

Doch auch viele unerfahrene Kleinanleger begannen mit dem Einstieg in das Geschäft, auch erste Warnungen von Notenbanken, Finanzaufsichten und anderen Behörden vermochten den Hype nicht zu bremsen. Wenngleich auch die Akzeptanz des Bitcoin als Zahlungsmittel weiter zunahm, wurde er zunehmend zum Spekulationsobjekt, was den Preisanstieg mit befeuert haben dürfte. Investorenschützer berichteten gar, dass manche Leute damit begannen, ihre Häuser für Bitcoins zu verpfänden.

Der nun stattfindende Absturz ist folglich auch eine Bereinigung des Marktwerts, sagen manche Beobachter laut Techcrunch. 20.000 Dollar sei nie ein realistischer, "überhitzter" Preis gewesen. Allgemein rechnet zwar langfristig mit weiterem Wachstum. Vorläufig ist aber auch nicht auszuschließen, dass die Kurve weiter nach unten und bis zur 5.000er-Marke führt.

Grund 2: Behördeneingriffe

Der Krypto-Hype ist auch staatlichen Behörden nicht verborgen geblieben. Die Finanzbehörden haben freilich kein großes Interesse daran, dass sich ein Geldmarkt entwickelt, der bestenfalls beim Verkauf von Bitcoin und Co. für Fiat-Geld Steuern abwirft. Eben so wenig dürfte man sich über den Einsatz der "Kryptos" als Zahlungsmittel freuen, denn auch hier fehlen Regulative. Dass der Bitcoin im Darknet die Währung Nummer eins ist, dämpft die staatliche Skepsis auch nicht gerade.

Immer häufiger mehren sich nun die Berichte über staatliche Maßnahmen. China, immerhin ein wichtiger Standort der Mining-Szene, hat Einschränkungen angekündigt. In Südkorea war sogar von einem De-Facto-Verbot die Rede, das aber nun vom Tisch ist. Auch wurde von einem Verbot in Indien berichtet, obwohl dort die Regierung Kryptowährungen einfach nur weiterhin nicht als reguläres Zahlungsmittel anerkennen möchte, womit sich am Status Quo nichts ändert. In Berlin und Paris denkt man allerdings laut über Regulierungsmaßnahmen nach.

Staatliche Einschränkungen senken die Akzeptanz. Es wird schwieriger, Bitcoins auf legalen Kanälen auszugeben oder gegen Fiat-Geld umzutauschen, was sich – wenig überraschend – negativ auf den Wert niederschlägt.

Grund 3: Vertrauensverlust

Der Hype um den Bitcoin übte freilich auch für zwielichtige Gestalten eine beachtliche Verlockung aus. Egal ob Kurswetten oder riskante Investments – was sich mit normalen Währungen machen lässt, ist hier prinzipiell auch mit Kryptogeld möglich.

Dazu gesellen sich immer mehr Startups und Projekte, die mit ihrer eigenen Währung und Blockchain-Variante allerlei fantastische Versprechen verknüpfen. Während fast jeder neue Coin in den ersten paar Tagen wächst, ist bei vielen schon nach wenigen Wochen absehbar, dass sie in der Versenkung verschwinden werden. Die Flut an selbsternannten Bitcoin-Alternativen ohne Zukunft hat nicht ohne Grund schon früh zu der Wortschöpfung "Shitcoin" geführt.

Zu den hoffnungslosen gesellen sich aber auch betrügerische Operationen. Mehrere Startups sind bereits nach dem Einsammeln von Geld (Fiat oder in Form etablierter Kryptos) auf Nimmerwiedersehen abgetaucht. Zuletzt hat hier Facebook die Notbremse gezogen und Werbung für ICOs und Finanzgeschäfte mit Kryptowährungen in seinen Richtlinien verboten. Die Einführung von Bitcoin Futures an der US-Techbörse Nasdaq scheint auch nicht mehr ganz so sicher zu sein, wie dies noch vor wenigen Wochen erschien.

Gleichzeitig wurde bekannt, dass die US-Behörden die Betreiber der Kryptobörse Bitfinex bereits im Dezember vorgeladen haben. Es liegt der Verdacht, dass man Mithilfe seiner eigenen Kryptowährung – dem angeblich an den Dollar gebundenen "Tether" – den Preis von Bitcoin und anderen Coins regelmäßig nach oben manipuliert habe. Dafür sprechen plötzliche, große Bitcoin-Käufe in Zeiten, in denen die Digitalwaährungen gerade an Wert verloren. Sicherheitsprobleme – etwa der umgerechnet 400 Millionen Dollar schwere Einbruch bei der japanischen Plattform Coincheck – stärken die Vertrauensbildung ebenfalls nicht, auch wenn Coincheck den Betroffenen einen Großteil ihrer Verluste in Yen auszahlen will und keine Bitcoins, sondern NEM gestohlen wurden.

Grund 4: Zukunftszweifel

Ein Teil des Bitcoin-Problems könnte auch sein technisches Fundament sein. Denn dieses ist begrenzt. Die Blockgröße ist fix auf einen Megabyte beschränkt. Ein Limit, das angesichts der mittlerweile erreichten Aktivität zu extrem langen Transaktionszeiten führt und die Transaktionsgebühren hochtreibt. Diese Beschränkung ist einer der Gründe, warum es mit Bitcoin Cash im vergangen Jahr den ersten "Hard Fork" (sprich: eine inkompatible Abspaltung) vom Bitcoin gegeben hat.

Verschiedene andere Coins bauen auf anderen Ansätzen auf., manche davon legten ebenfalls ein erstaunliches Wachstum an den Tag. Eine Ablöse des Platzhirschen zeichnet sich aber vorerst nicht ab.

Denn der Absturz des Bitcoins zog auch – wie schon sein Boom – alternative Kryptowährungen mit. Dies liegt wohl einerseits daran, dass einige der Problemfaktoren schlicht nicht nur den Bitcoin betreffen. Andererseits dürften viele Investoren sich mit den Unterschieden zwischen den digitalen Währungen kaum auseinander setzen.

Aber (noch) kein Grund zur Panik

Aber auch, wenn Bitcoin und Co. gerade abstürzen, gibt es noch wenig Grund für Panikreaktionen. Mit Bittrex hat eine der bedeutenderen Börsen angekündigt, künftig auch den Direkttausch von Kryptos in US-Dollar anbieten zu wollen. Der Zahlungsdienstleister Square bietet dies seit kurzem mit seiner App ebenfalls an. Und Line, mit mehr als 170 Millionen Nutzern eines der größten asiatischen Social Networks, plant gar die Einrichtung einer eigenen Kryptobörse.

Allgemein wird angenommen, dass ein erhöhter Fluss zwischen Fiat-Geld und dem Bitcoin zu mehr Kursstabilität bei letzterem führt. Eine Garantie auf langfristige Steigerung des Bitcoin-Kurses gibt es freilich nicht, zumal sich nicht voraussagen lässt, wie viele Staaten letztlich mit dem digitalen Geld verfahren werden.

Savjee

Die Bitcoin-Community versucht derweil, mit einem über der Blockchain liegenden Netzwerk, dem Lightning Network, das Skalierbarkeits-Problem anzugehen. Grob erklärt: Innerhalb dieses Netzwerks öffnen miteinander agierende Parteien eine Art gemeinsames Konto, auf das sie BTC-Guthaben einzahlen und damit so viele Transaktionen abwickeln können, wie sie möchten. Dabei bleibt stets verifiziert, wem welcher Betrag zusteht.

Lediglich bei der Eröffnung und Schließung des gemeinsamen Kontos wird eine Transaktion in die Bitcoin-Blockchain übermittelt. Es ist jedoch unklar, ob diese Lösung nicht lediglich Zeit erkauft, bis die Blockgröße wieder zum Problem wird.

Was man auch nicht vergessen darf: Selbst wenn der Bitcoin weiter auf 5.000 Dollar abstürzen würde, hätte er seit Anfang 2017 seinen Wert immer noch verfünffacht. Vorerst schlecht ausgestiegen wären damit nur jene, die nach dem letzten September eingestiegen sind. (Georg Pichler, 03.02.2018)

Update, 10:10 Uhr: Informationen zum Lightning Network ergänzt.