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Die Kollegen huldigen Halfpenny nach dessen erstem Streich.

Foto: reuters/boyers

Cardiff – Man hatte zu hoffen gewagt, im Schottischen. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte die Rugby-Nationalmannschaft des Landes eine realistische Chance, um den Titel beim Six-Nations-Turnier zu rittern. Dann folgte am samstäglichen ersten Spieltag ein krachendes 7:34 vor 75.000 in Cardiff gegen Wales. Traum-Ende.

Die mit zehn Mann der Llanelli Scarlets angetretenen Gastgeber meisterten einen diffizilen Balance-Akt vorzüglich: ein von Chefcoach Warren Gatland verordnetes Aufpäppeln des Offensivgeistes führte mitnichten dazu, den spielerisch so talentierten Schotten ins offene Messer zu laufen. Die hatten zwar den besseren Start – die kalte Dusche folgte jedoch, als der aufmerksame walisische Scrumhalf Gareth Davis ein Zuspiel abfing und beinahe über das gesamte Spielfeld zum ersten Try galoppierte (5.). Weltkicker Leigh Halfpenny schickte mittels blitzsauberer Conversion zwei Punkte hinterher. Eine Traumkombination folgte auf dem Fuße, bis zum letzten Pass, den der riesige Kapitän Alun Wyn Jones verschlampte. Da hatte beileibe nicht viel zum nächsten Durchbruch gefehlt.

Höhepunkte vom Spiel aus Cardiff.
Six Nations Rugby

Halfpenny

Doch die Gastgeber blieben jetzt mit konsequentem Offloadspiel am Drücker. Durch flotte Hände wanderte der Ball wie am Schnürl ehe Halfpenny mit Abspieloptionen auf beiden Seiten versorgt war, sich in dieser Lage aber völlig zurecht dachte: den mache ich selbst. Den zweiten Versuch nämlich (11.) – sein erster für Wales seit 2013.

Eine ungemein dichte Partie war das bereits in dieser so frühen Phase, ohne Verschnaufpause hielten beide Seiten die Intensität auf Wow-Niveau. Rhys Patchell, Ersatz des verletzten walisischen Spielmachers Dan Biggar, gab auf dieser Schlüsselposition eine souveräne Vorstellung.

Der Unterschied zwischen den Kontrahenten: Bei den Schotten schlich sich im Aufbau doch der ein oder andere Fehlpass ein, der den Walisern den Weg zur Befreiung aus so manch brenzliger Situation eröffnete. Das Scrum der Gäste hielt entgegen so manchen Befürchtungen passabel Stand. Dreimal schafften sie es, tief in die walisische 22 vorzudringen – dort jedoch konnte man nicht reüssieren. Als zu unnachgiebig erwies sich die physische Grundhaltung der Verteidiger, die dabei auch die Disziplin nicht schleifen ließen.

Halfpenny

Genau das passierte den Schotten. Kurz nach der Pause servierten sie Halfpenny mit zwei Regelwidrigkeiten die Chance auf dem Silbertablett, Eichhörnchen zu spielen. Der Fullback ließ sich nicht zweimal bitten und kickte sein persönliches wie auch das walisische Punktekonto in immer komfortablere Regionen – 20:0 hieß es nach 48 Minuten. Generell verlief die zweite Halbzeit etwas weniger spektakulär, die Waliser kontrollierten das Geschehen mit großer Routine. Die im Herbst so glänzend geigenden Schotten kamen überhaupt nicht zur Entfaltung. Man erinnere sich: 2017 war dieses Team im Schnitt für 28,7 Punkte pro Spiel gut.

Halfpenny

Die endgültige Entscheidung kam nach einer Stunde. Die walisische Wucht nahm erneut ihren Lauf und nach einem Angriff über die rechte Seite, hüpfte Halfpenny zu seinem nächsten Try. Was für ein Festspiel des 29-Jährigen, der vor dieser Saison aus Toulon zu den Scarlets gewechselt war. 24 der 34 walisischen Punkte gingen auf sein Konto.

Und der Hunger der Drachen war immer noch nicht gestillt, denn nun ging es um den Bonuspunkt. Einen solchen verdient sich jene Mannschaft die in einer Partie mindestens vier Tries legt. Auch das gelang. Steff Evans erledigte die Sache, hart an der Eckfahne die Trylinie überfliegend (72.).

Erst in den sterbenden Minuten der Partie kam das gegnerische Malfeld für die Schotten wieder in Sicht – und siehe da: das letzte Statement blieb tatsächlich den Gästen vorbehalten. Peter Horne nahm den Ball aus einem Ruck einfach mit und ließ die einmal etwas schläfrige Defensive hinter sich (78.). Trost dürfte dieser Versuch den ernüchterten Ex-Geheimfavoriten jedoch kaum gespendet haben.

Sexton

In der zweiten Begegnung des Tages führte Johnny Sexton Irland zu einem dramatischen 15:13-Erfolg in Frankreich. Der Routinier erzielte sämtiche Punkte der Iren, die entscheidenden drei mit der letzten Aktion der Partie. Da versenkte der 32-jährige Flyhalf ein Dropgoal aus einer Distanz von 44 Metern und stieß die 13:12 führenden Franzosen in das Tal der Tränen. Keines ihrer letzten sieben Matches konnten Les Bleus gewinnen. (Michael Robausch – 3.2. 2018)