Wien – In unserer global vernetzten Welt nimmt die Ausbreitung ursprünglich nicht-heimischer Arten (Neobiota) rasant zu. Ein internationales Forschungsteam um den Botaniker Franz Essl von der Universität Wien und Hanno Seebens vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum hat nun herausgefunden, dass jede vierte neu beobachtete Spezies erstmals außerhalb ihres Heimatgebietes registriert wurde. Bis zu 16 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten haben das Potenzial, vom Menschen in andere Gebiete verschleppt zu werden, heißt es in der Studie im Fachblatt "PNAS".

In den Jahren 2000 bis 2005 habe weltweit die Zahl an Neobiota-Nachweisen einen neuen Höchststand erreicht, die Tendenz sei weiter steigend, so die Forscher. Da einige dieser Spezies Ökosysteme nachhaltig verändern könnten, versucht die Europäische Union Gegenmaßnahmen zu ergreifen, indem sie eine Liste der 49 aggressivsten Neobiota erstellt hat. Dieser Ansatz dürfte aber zu kurz greifen, wenn es nach der aktuellen Studie geht: "In den Jahren von 2000 bis 2005 wurde jede vierte in einem Land neu registrierte, nicht-einheimische Tier- und Pflanzenart erstmals als Neobiota nachgewiesen. Solche Neuzugänge unter den Neobiota stehen daher per se noch nicht auf der EU-Liste", sagte Seebens.

Steigende Tendenz

Für ihre Studie werteten die Wissenschafter einen globalen Datensatz mit rund 46.000 Einträgen von Sichtungen nicht-einheimischer Spezies aus. Die Daten decken grob den Zeitraum der letzten fünfhundert Jahre ab – eine Zeit, in der der Mensch in zunehmendem Maße auch entlegene Regionen erschlossen hat. Die neu geschaffenen Routen begünstigten die Migration von Tier- und Pflanzenarten erheblich.

Das Potenzial dafür ist offenbar enorm, so Essl: "Wir haben errechnet, dass zwischen einem und 16 Prozent aller existierenden Tier- und Pflanzenarten potenziell in der Lage sind, sich mit Hilfe des Menschen außerhalb ihrer Heimat anzusiedeln. Das geringste Potenzial haben Weichtiere wie Schnecken und Muscheln, das größte Potenzial haben Säugetiere." Die große Herausforderung sei nun, durch Handelsregelungen und Zollinspektionen die zunehmende Verschleppung von Neobiota zu reduzieren, ehe sie in neuen Gebieten zum Problem werden, so der Biologe. (APA, red, 6.2.2018)