Andrea Krumschnabel will mit ihrer Liste Family "den Menschen ins Zentrum" der Politik rücken.

Foto: Florian Lechner

STANDARD: Sie sind keine Newcomerin in der Politik, sondern seit fünf Jahren Abgeordnete im Tiroler Landtag. Zuerst auf dem Ticket der ÖVP-Abspaltung Vorwärts Tirol. Seit Sie dort ausgeschlossen wurden, üben Sie Ihr Mandat als Parteifreie aus. Wie sieht Ihr Resümee dieser Jahre aus?

Krumschnabel: Es war eine sehr intensive Zeit. Traurig war für mich, dass ich zwar mit meiner Expertise zum Thema Kinder über die Parteigrenzen hinweg landen konnte, sich aber wegen des Klubzwanges das Stimmverhalten der anderen nicht veränderte. Zudem konnte ich mir als freie Abgeordnete mit nur 10.000 Euro Arbeitsbeitrag pro Jahr keine Mitarbeiter leisten.

STANDARD: Der Name ist bei Ihrer Partei Programm. Aber welche konkreten Forderungen vertreten Sie?

Krumschnabel: Die zentrale Forderung lautet: Vom Kleinkind bis zum Großvater muss es jedem bessergehen. Das beginnt bei der flächendeckenden, ganzjährigen und kostenlosen Betreuung für Kinder von zwei bis zwölf Jahren. Jugendliche sollen nicht aus dem Bildungssystem fallen können, und für junge Familien muss es Wohnraum geben. Und Senioren sollen einen schönen Lebensabend in Pflegeheimen haben. Wenn manche Familien es sich wirklich leisten können, dass sie sich selbst um ihre Senioren kümmern, sollte es eine Pensionsanrechnung für diese Zeiten geben.

STANDARD: Was ist mit den Menschen, die keine Familie haben?

Krumschnabel: Ich kenne niemanden, der ohne Mutter und Vater geboren wurde. Und ich lege den Familienbegriff viel weiter an – das ist alles, wo sich der eine um den anderen kümmert und man für einander einsteht.

STANDARD: Aber es gibt Themen jenseits der Familie, wie etwa Transit.

Krumschnabel: Es ist ein Missverständnis, dass wir nur monothematisch wären. Wir setzen vielmehr den Menschen immer ins Zentrum. Etwa beim Thema Transit. Der tut uns schon lange nicht mehr gut, und da muss man gegensteuern. Das gehört genauso zum Thema Familie, wie Integration, Asyl oder Umwelt.

STANDARD: Und was sind nun zum Beispiel Ihre konkreten Ideen beim Thema Umwelt?

Krumschnabel: Dass wir die Umwelt so weit schützen müssen, um sie als Erholungsraum für uns Menschen zu erhalten. Das heißt, weg von fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energien. Aber man darf das nicht zu diktatorisch sehen. Wir müssen uns die Natur dort mit Augenmaß zunutze machen, wo wir sie brauchen.

STANDARD: Nehmen wir den aktuellen Streit um den Erhalt der freien Fließstrecke am Inn. Haben Sie dazu eine konkrete Position?

Krumschnabel: Nein, weil ich nicht weiß, was genau dabei vereinbart wurde. Es sieht so aus, als würde es Verträge geben, die eine freie Fließstrecke verhindern. Ich bin aber nicht eingebunden und habe daher auch keinen Zugang dazu.

STANDARD: Wie sieht es mit dem Bereich Asyl und Migration aus? Welche Linie vertreten Sie dabei?

Krumschnabel: Ich würde Asyl und Zuwanderung gerne auseinanderhalten. Wir haben uns mit der Menschenrechtskonvention dazu verpflichtet, jedem Menschen der fliehen muss und Schutz braucht, einen Platz zu bieten. Aber nachdem Österreich seine Beiträge zum Welternährungsprogramm mehrfach gekürzt hat, müssen wir alles Menschenmögliche tun, um die Leute dort zu versorgen, wo sie in Not sind. Damit sie die Strapazen der Flucht gar nicht auf sich nehmen müssen. Das wird uns sehr viel Geld kosten. Doch wenn die Menschen in ihrer Heimat besser geschützt wären, bräuchten wir keine Maßnahmen ergreifen.

STANDARD: Aber was ist mit jenen, die schon in Tirol sind?

Krumschnabel: Wir müssen uns um diese Menschen kümmern. Der Durchschnitt von 70 oder 140 Menschen pro Asylbetreuer ist lächerlich. Man muss die Leute nämlich auf unsere Kultur vorbereiten. Denn eines ist klar, wem unsere Lebensart nicht passt, der kann nicht in Österreich bleiben. Dazu sind wir zu klein. Wir brauchen eine große Anpassung von jenen, die hierher kommen, und eine große Akzeptanz von uns.

STANDARD: Die Tiroler VP hatte sich in der Gesamtschulfrage als Vorreiterin positioniert. Wie stehen Sie zum Thema Schulreform?

Krumschnabel: Es nützt nichts, einer Schule nur einen neuen Namen zu geben. Wir müssen das System verändern. Ich betrachte schon Kinderkrippen als Bildungseinrichtungen. Dort werden Kleinkinder ganz anders gefördert als zu Hause. Denn das können Mütter neben dem Haushalt nicht schaffen. Und in den Schulen müssen wir Kindern Lösungskompetenz beibringen, nicht Wissen.

STANDARD: Alle Ihre Vorschläge kosten Geld. Woher wollen Sie das nehmen und wo einsparen?

Krumschnabel: Bei jeder Haushaltsstelle würde ich ein Prozent einsparen. Das ist nicht viel, aber wir haben 3,7 Milliarden Euro Budget. Wir müssen anfangen umzuverteilen, sonst wird sich Tirol spalten – in eine Klasse, der es gut geht, und eine, die permanent ums Überleben kämpft. (Steffen Arora, 9.2.2018)