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Blinatumomab ist das erste zugelassene Medikament, welches die körpereigenen T-Zellen einspannt, um Leukämiezellen zu vernichten.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Die Akute Lymphatische Leukämie (ALL) ist eine bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems, auch bekannt als Blutkrebs, bei der eine frühe Vorstufe der Lymphozyten entartet und sich unkontrolliert vermehrt. Lymphozyten sind weiße Blutkörperchen und Teil des Immunsystems. Ihre Vermehrung und Erneuerung ist bei gesunden Menschen strikt reguliert, bei der ALL ist dieser Prozess außer Kontrolle geraten.

Nach der Erstdiagnose erhalten Patienten eine so genannte Induktions-Chemotherapie, deren Ziel es ist, eine Rückbildung des Blutkrebses zu induzieren. 50 bis 60 Prozent der Erkrankten sprechen auf diese Therapie gut an und sind geheilt. Bei den restlichen Patienten bleibt nach der Therapie mindestens eine minimale Resterkrankung (Minimal Residual Disease – MRD) bestehen, deren Sterberate sehr hoch ist.

Wissenschafter haben nun in einer Studie entdeckt, dass Patienten mit MRD erfolgreich mit dem Antikörper-Medikament Blinatumomab behandelt werden können. Geleitet wurde die Studie von Ralf Bargou von der Universität Würzberg und Nicola Gökbuget vom Uniklinikum Frankfurt. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Blood der US-amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie erschienen.

Molekulare Diagnostik

Blinatumomab gehört zu einer neuen Klasse von so genannten bispezifischen Antikörpern, die direkt das menschliche Immunsystem gegen die Tumorzellen wirken lassen. Es ist das erste zugelassene Medikament, das die körpereigenen T-Zellen, eine Form der Lymphozyten, einspannt, um Leukämiezellen zu vernichten. Diese "Killer" können in der Regel Krebszellen nicht von gesunden Zellen unterscheiden und greifen sie deshalb auch nicht an.

Den Forschern des Uniklinikums Würzburg ist es gelungen, diese biochemische Blindheit zu überwinden, indem sie gentechnisch einen Antikörper kreierten. Dieser ist einerseits in der Lage an der Krebszelle anzudocken und andererseits sich an T-Zellen zu binden. Mit Hilfe dieses "Adapters" werden die Abwehrzellen aktiviert, sie erkennen die schädlichen Zellen und können sie in der Folge zerstören.

Für die Studie wurden modernste Methoden der molekularen Diagnostik verwendet, um mit hoher Sensitivität und Spezifität ALL-Patienten mit MRD zu identifizieren. Die Studie wurde im Jahr 2010 gestartet, beteiligt waren Krebszentren in Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Tschechien. Mit 116 Teilnehmern war die Grundgesamtheit an Studienpatienten für eine seltene Erkrankung wie ALL sehr hoch.

Deutliche Verbesserungen

Die Ergebnisse: Knapp 80 Prozent der Behandelten haben auf die Antikörpertherapie sehr gut angesprochen und wurden MRD-negativ, was zu einer deutlichen Verbesserung ihrer Überlebenswahrscheinlichkeit führte.

"Die Studie zeigt, dass Blinatumomab nicht nur bei einem voll entwickelten Rezidiv hilfreich eingesetzt werden kann, sondern auch – und gerade – in einem viel früheren Stadium. Die moderne, hochempfindliche molekulare Diagnostik zusammen mit den neuen therapeutischen Entwicklungen in der Immun-Onkologie hilft uns, das Rezidiv immer frühzeitiger zu erkennen und gezielt zu behandeln. Dadurch lassen sich die Heilungschancen für die betroffenen Patienten weiter verbessern", so Bargou. (red, 12.2.2018)