Ein flotter Mittelklassewagen und ein Familienurlaub. Das waren die Geschenke von US-Präsident Donald Trump an die reichsten Amerikaner im neuen Jahr. Im Jänner trat die umfangreichste Steuerreform in den USA seit Jahrzehnten in Kraft. Unternehmens- und Einkommenssteuern wurden gesenkt.

Das Washingtoner Tax Policy Center hat errechnet, wie sich diese Politik auf die Einkommensverteilung auswirkt. Die Kluft werde rapide wachsen, so der Thinktank. Das eine Prozent der Amerikaner mit dem höchsten Einkommen erspart sich künftig 34.000 US-Dollar pro Jahr. Einen Neuwagen und eine Reise also. Den 25 Prozent der untersten Einkommensbezieher bringt die Reform im Schnitt 50 Dollar. Im Ausverkauf gibt es dafür bestenfalls eine neue Jeans.

Um herauszufinden, ob Sie Teil der (unteren/oberen) Mittelschicht sind und welcher Anteil der Bevölkerung mehr oder weniger Einkommen hat, folgen Sie einfach der Anleitung in unserem "Schicht-Rechner". Vergessen Sie nicht, Ihr 13. und 14. Gehalt zu berücksichtigen.

Warnungen werden lauter

Die Warnungen der Gleichheitsforscher werden nicht zuletzt aufgrund der Entwicklung in den USA lauter. Während das Wohlstandsgefälle zwischen armen und reichen Ländern abnimmt, wächst die Ungleichheit in fast allen Industrieländer. "Die Kluft zwischen Arm und Reich hat das höchste Ausmaß seit 30 Jahren erreicht", attestiert die Industriestaatenorganisation OECD.

Dafür ist weniger die Entwicklung bei den Arbeitseinkommen verantwortlich. Die Vermögen sind das Problem. Seit dem Ende der 80er-Jahre wird in allen Industrieländern das gleiche Phänomen beobachtet: Mehr Menschen haben begonnen, ihr Geld an den Finanzmärkten zu investieren. Einige konnten ein Immobilienvermögen aufbauen. Die Folge war, dass der Anteil der Einkommen aus Aktien, Immobilien und Unternehmensbeteiligungen stetig zunahm. Weil Vermögen ungleicher verteilt sind als Arbeitseinkommen, profitierte von dieser Entwicklung nur eine kleine Gruppe, sagt der Verteilungsökonom Wilfried Altzinger von der Wirtschaftsuni Wien.

Mittelschicht schrumpft

Parallel dazu erschüttert eine andere Entwicklung viele Industrieländer: Die Mittelschicht schrumpft. Beispiel USA: 1980 zählten 60 Prozent der Amerikaner zur Mittelschicht, ihr Einkommen lag also zwischen 70 und 200 Prozent des Medianeinkommens. Heute gehören noch 43 Prozent der Amerikaner zur Mitte. Median bedeutet hier, dass eine Hälfte der Bevölkerung mehr, die andere Hälfte weniger verdient.

Die Entwicklung ist darauf zurückzuführen, dass in der US-Industrie seit den 1990ern Millionen Jobs weggefallen sind – Stichwort technologischer Wandel und Konkurrenz aus China. Industriejobs sind traditionell besser bezahlt als jene im Dienstleistungssektor, viele Arbeiter stiegen also ab.

Der Ausgleich gelingt besser

Ungleiche Vermögensverteilung, technologischer Wandel und Globalisierung treffen alle Länder. Dabei sind die Folgen nicht überall so stark wie in den USA und im Rest der angelsächsischen Welt. Die Ungleichverteilung in Kontinentaleuropa ist moderater gestiegen, in Österreich ist die Entwicklung stabil.

Eine Einschränkung dazu gibt es. Die Verteilungsdaten beruhen in Österreich auf Befragungen und auf Daten aus der Lohnstatistik: Das Arbeitseinkommen wird dabei gut erfasst. Zu ihren Kapitaleinkommen machen Menschen aber oft nur lückenhafte Angaben, die Superreichen erwischt man zudem bei Befragungen nicht, erzählen Statistiker. Es gibt also eine Grauzone in allen Datensätzen. Aber der Befund, dass die Kluft in Österreich oder Deutschland weniger stark wächst als in vielen anderen Ländern, ist richtig, sagt Ökonom Altzinger.

Mittelschicht hält sich ganz gut

Doch was ist der Grund dafür? Eine Erklärung dürfte sein, dass die Mittelschicht sich hier besser hält. Die Industriebeschäftigung in Österreich ist stabil. Österreichs Exporteure haben wie jene in Deutschland die Chancen in Schwellenländern besser genutzt. Die Einkommen in der Mittelschicht haben laut einer Auswertung der Statistik Austria seit 2008 im Mittel inflationsbereinigt um 9,3 Prozent zugelegt. Bei den reichsten Haushalten waren es "nur" 8,4 Prozent. Die untersten Einkommen sind im selben Zeitraum im Mittel sogar um 12,3 Prozent gestiegen.

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Besonders in den USA ist die soziale Kluft seit den frühen 1980er-Jahren stark gewachsen.
Foto: David Goldman/AP

Allein daraus kann man noch keine Rückschlüsse auf die Verteilung ziehen. Aber abgestürzt sind mittlere und untere Einkommensbezieher statistisch eben ganz und gar nicht. Zur Mittelschicht gehören in dieser Definition der Statistik Austria alle Haushalte mit einem Einkommen zwischen 70 und 150 Prozent des Medians. Alles darunter zählt zu den unteren, darüber zu den höheren Einkommen. Auch Sozialtransfers sind eingerechnet.

Ökonomen nennen noch einige andere Faktoren, die dazu beitragen, dass sich Österreich stärker gegen den Trend der steigenden Ungleichheit stemmen konnte. Die Rolle des Finanzvermögens spielt in Österreich als Ertragsbringer eine kleinere Rolle als etwa in den USA und Großbritannien, der erwähnte Verzerrungseffekt ist also schwächer.

Die Rolle der Sozialpartner

Der Münchner Ökonom Andreas Peichl, der sich auf Verteilungsfragen spezialisiert hat, nennt als weiteren Faktor die sozialpartnerschaftliche Tradition. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind es in Österreich und Deutschland gewohnt, enger zusammenzuarbeiten, für Ausgleich zu sorgen. In Aufsichtsräten von Unternehmen, wo über Managergagen entschieden wird, sind Arbeitnehmer vertreten. Das schaffe eine Kultur, in der Exzesse unwahrscheinlicher werden. Die gesellschaftliche Akzeptanz exorbitant hoher Gehälter sei zudem deutlich niedriger.

Schließlich spielen soziale Transfers in Europa eine viel größere Rolle als in den USA, sie gleichen die ungleichen Markteinkommen etwas aus, so der Ökonom. Dieser Effekt hat in den vergangenen Jahren in vielen Ländern etwas nachgelassen, attestierte der Internationale Währungsfonds (IWF) in einer vor kurzem veröffentlichten Studie. (András Szigetvari, 15.2.2018)