Das Foto vom Flakturm von 1991 zeigt den Beitrag von Lawrence Weiner für die Wiener Festwochen noch uneingeschränkt von jeglichen Zubauten.

Foto: Christian Wachter

Passus hinsichtlich der Arbeit von Lawrence Weiner im Kaufvertrag des Gebäudes zwischen der Stadt Wien und dem Haus des Meeres von 2015.

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Flakturm im Augarten im Jahr 2008.

Foto: Josef Kirchengast

Wien – "Stopp der Kunstvernichtung", titelte Eva Blimlinger dieser Tage einen offenen Brief, adressiert etwa an den "Herrn Bürgermeister", die Vizebürgermeisterin und den Herrn Landeskonservator. Mit "verärgertem Erstaunen" habe die Rektorin der Akademie der bildenden Künste festgestellt, "dass die Stadt Wien der Zerstörung von Kunst im öffentlichen Raum" zustimme. Nämlich "durch die Bewilligung eines massiven Ausbaues des Flakturms, in dem sich das Haus des Meeres befindet". Denn die Wortskulptur des US-amerikanischen Konzeptkünstlers Lawrence Weiner wird, wie Falter und STANDARD berichteten, diesem Ausbau zum Opfer fallen.

Der vom Esterházypark aus weithin über den Dächern von Mariahilf und Neubau ersichtliche Schriftzug "Zerschmettert in Stücke (im Frieden der Nacht) / Smashed to pieces (in the still of the night)" wurde 1991 für die Wiener Festwochen am Flakturm realisiert. Ein Statement, das fortan die kriegerische Funktion der Flaktürme vergegenwärtigte und eine Umdeutung zu einem architektonischen Mahnmal gegen Krieg, Faschismus und auch Nationalsozialismus ermöglichte.

Einmaliges Honorar

Weiner bekam damals ein einmaliges Honorar in der Höhe von 100.000 Schilling, womit die Nutzungsrechte abgegolten wurden, da die Urheber- und Eigentumsrechte bei ihm verblieben. "As long as it lasts", womit ein Verblassen des Schriftzuges oder ein Abblättern der Farbe durch die Witterung einkalkuliert war. Dessen ungeachtet erfolgte 2005 eine Restaurierung, die anfallenden Kosten in der Höhe von 80.000 Euro wurden vom Altstadterhaltungsfond getragen. Weiner damals in einer E-Mail an seine Wiener Galerie: "Ich stimme überein, dass es ein Teil von Wien ist und so schön wie möglich sein sollte." Vor diesem Hintergrund sei er bereit dazu, die Dauerleihgabe der Arbeit zu verlängern.

Mittlerweile sieht sich in der Stadtregierung offenbar kaum noch jemand in der Verantwortung. Im Juli 2015 war der Flakturm für einen symbolischen Euro in den Besitz der Haus des Meeres Betriebs GmbH gewechselt. Als Verkäufer fungierte die Magis tratsabteilung (MA) 69 Immobilienmanagement unter der Leitung von Marion Winkler. Vorweg, weder sie noch ihre Stellvertreter waren für den STANDARD erreichbar. Der damalige Kaufvertrag enthält einen interessanten Passus, wonach sich "Die Stadt Wien" verpflichtete, "das Kunstwerk ordnungsgemäß und in sicherem Zustand zu erhalten". Warum also bleibt man jetzt untätig?

Ein MA-Mitarbeiter verweist an das Büro des Kulturstadtrats Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Auch er war nicht erreichbar, seine Sprecherin erklärte jedoch, man sei nicht mehr zuständig. Warum? Nun, ursprünglich sollte es ohnedies nur ein temporäres Kunstwerk sein, dessen Lebensdauer man eben über die Jahre verlängert habe. Jedenfalls habe man jetzt weder rechtliche noch praktische Möglichkeiten, etwas zu verhindern, da der Künstler ja den Wunsch geäußert habe, dass es entfernt wird. Das stimmt nur bedingt.

Im Frühjahr 2017 wurden erste Ausbaupläne öffentlich, in denen ein Aufzug mehr oder weniger durch das Kunstwerk geführt hätte. Für das Rendering hatte das Architekturbüro die Schrift verkleinert. Ein klarer Eingriff in das Urheberrecht Weiners, der in solchen Fällen sowohl die Schrift größe, die Typografie als auch die Farbe vorgibt, verlautete seine Galerie. Gegen eine "Zerstörung" hatte sich Weiner explizit ausgesprochen und stattdessen die Entfernung gefordert.

Alternative Orte

In dieser Zeit kam es hinter den Kulissen des Kulturministeriums zu ersten Gesprächen für eine Alternative, für die sich auch Lawrence Weiner erwärmen kann. Konkret sollte Smashed to pieces (in the still of the night) an einen der beiden Flaktürme im Augarten transferiert bzw. neu geschaffen werden, wie Thomas Drozda, damaliger Minister, nunmehr SPÖ-Kultursprecher, bestätigt. Sogar die Finanzierung sei gesichert, über Privatsponsoren. Derzeit ist dieses Projekt on hold.

David Ellensohn betont: "Wir werden uns mit aller Kraft für den Erhalt des Kunstwerks einsetzen." Es könne nicht sein, dass ausgerechnet im Gedenkjahr ein solch "symbolträchtiger Teil des Stadtbildes" zerstört wird, erklärt der grüne Klubchef in Wien. Er befürchtet weiters, dass die Betreibergesellschaft daraus Kapital schlagen und die Fassadenteile künftig lukrativ als Werbefläche nutzen wird. (Olga Kronsteiner, 16.2.2018)