Lindsey Vonn muss sich einiges anhören.

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Pyeongchang – Jetzt, auf ihre alten Tag' gewissermaßen, wird Lindsey Vonn auch ein bisserl sentimental. Als ein Reporter der norwegischen "Aftenposten" ihr einen kurzen Film zeigte, um sie daran zu erinnern, dass sie Ahnen bei den Wikingern habe, entdeckte sie ein bekanntes Gesicht. "That's my grandpa", rief sie, "oh, no, fuck." Und griff sicherheitshalber zur Spiegelbrille.

Freilich wäre Lindsey Vonn nicht Lindsey Vonn, fände sie nicht in jeder Sentimentalität auch eine Kampfansage. Am Mittwoch um elf Uhr Orts- und also drei Uhr unserer Zeit wird sie ihr Abfahrtsrennen für den Don Kildow fahren. Den Opa, der im November gestorben ist. Der sie das Skifahren gelehrt hatte. Für ihn will sie Gold holen, den Triumph von 2010 wiederholen.

Schon bei ihrem ersten Auftritt in Südkorea am Tag der Eröffnungsfeier war der alte Korea-Kämpfer mit dabei. "Ich weiß, dass er zuschauen und mir helfen wird", sagte sie damals sehr leise.

Im Super-G hat der Opa kurz weggeschaut. Und schon hat es sie in der scharfen Kurve knapp vorm Ziel auf den für sie "nur" sechsten Platz abgetrieben. Nun muss es in der Abfahrt halt geschehen, das Gold für den Opa.

Das ist dann gleichzeitig eines gegen den Donald Trump. Über den hatte sie ja vor einiger Zeit kritisch gefacebookt, da geriet sie umgehend in einen Shitstorm, der sich gewaschen hat. Der halbe Bible Belt samt dem Rust Belt twittert und postet seither. Nach dem Super-G-Out kommt klarerweise auch Spott und Häme dazu.

Todeswünsche

"Meine Familie ist hier, sie lieben mich", sagte die 33-jährige Vonn am Montag, "aber natürlich gibt es auch Leute, die mich hassen und hoffen, dass ich eine Klippe runterfahre und sterbe." Aber, versichert sie mit nun entschlossenem, kämpferischen Blick, "das werde ich nicht tun".

Und außerdem sei das alles ja irgendwie "völlig lächerlich". Trolle sind zwar auch etwas Skandinavisches, aber sie machen traditionell böses Blut, heißen die Norwegenstämmige in großer Zahl "unamerikanisch" oder "arrogante Prinzessin". Und das sind noch die zitablen Ausdrücke.

Zurückhalten wolle sie sich im Netz aber auch künftig nicht. "Das wollen die Tyrannen doch nur, sie wollen dich fertigmachen." Jetzt, bei Olympia, könne sie zwar nicht immer ganz offen sein, aber: "Ich habe meine Meinung zu Trump nicht geändert."

Und so fährt am Mittwoch nun eine Frau, 33 Jahre alt, die "meine Heimat liebt", für sich, ihren Opa und gegen das Amerika von Donald Trump um Gold.

Als Hauptkonkurrentin sieht sie die Italienerin Sofia Goggia. Die sei "so verrückt wie ich selber" und sicherlich "diejenige, die es zu schlagen gilt", so Vonn, "aber in dieser Kategorie sehe ich mich auch." Ob es für sie gut ausgeht? Darüber will sie nicht zu viel nachdenken. Aber später, wenn es vorbei ist, "will ich daran denken, wie schön es war".

Vielleicht schon mit einem Herzbuben. Vorige Woche hat sie sich ja bekanntlich (auch im Bible Belt bekanntlich) via Twitter auf die Suche nach so einem gemacht. Noch hat sie – wär' auch witzig, so zwischen Tür und Angel Olympias – keinen gefunden. "Man weiß ja nie, vielleicht ergibt sich noch was. Das Leben ist witzig."

Und damit hat die große Lindsey Vonn ganz ohne Zweifel sehr recht. (APA, sid, red – 19.2.2018)