Die Studie hat besonders in der Verträglichkeit bei neuentwickelten Antidepressiva Fortschritte erzielt.

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Weltweit leiden über 322 Millionen Menschen an Depressionen. In Österreich ist sogar jeder Zehnte davon betroffen. Schwere depressive Störungen gehören zu den häufigsten, belastendsten und kostspieligsten psychischen Erkrankungen bei Erwachsenen weltweit. Akute Depressionen lassen sich sowohl medikamentös als auch mit anderen Therapien behandeln, wobei Antidepressiva häufiger eingesetzt werden als Verhaltenstherapien.

Eine internationale Studie unter Ko-Leitung der Universität Bern zeigt erstmals die Wirksamkeit und Verträglichkeit der am häufigsten verschriebenen Antidepressiva auf. Zwar wurde der Effekt mehrerer Antidepressiva bereits in klinischen Studien verglichen, aber bislang fehlte ein Überblick über die am häufigsten verwendeten Medikamente und deren Nebenwirkungen.

Nun haben Wissenschafter aus der Schweiz, Großbritannien und Japan in einer Meta-Analyse die Wirksamkeit der 21 weltweit am häufigsten verschriebenen Antidepressiva verglichen. Insgesamt wurden die Daten von 522 klinischen Studien zusammengetragen und analysiert. Die Erkenntnisse wurde nun im Fachjournal The Lancet publiziert.

Kleine, aber wichtige Unterschiede

Die Studien enthalten die Daten von 116.477 Patienten, die zwischen 1979 und 2016 behandelt wurden. Das zentrale Ergebnis: Alle 21 Antidepressiva waren wirksamer als Placebo. Sie unterscheiden sich aber in der Wirksamkeit und Verträglichkeit. Einige Medikamente weisen ein besseres Verhältnis zwischen einer Reduktion der Symptome der Depression und den Nebenwirkungen auf.

"Antidepressiva sind leicht bis moderat der Behandlung mit einem Scheinmedikament – einem Placebo – überlegen. Diese Wirksamkeit rechtfertigt die Behandlung einer Depression mit einem Medikament, allerdings muss man sich auch im Klaren sein, dass nicht jeder Patient von der Behandlung profitiert", sagt Klaus Lieb, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie von der Universität Mainz.

Neu ist nicht immer besser

"Die Studie zeigt auch, dass es Unterschiede in der Stärke der Wirksamkeit gibt, wobei eines der ältesten Antidepressiva namens Amitriptylin – wie auch schon in früheren Studien gezeigt – den stärksten Effekt hatte. Neuentwicklungen sind also nicht automatisch die besseren Medikamente, wie die Forscher betonen. Allerdings ist Amitriptylin auch deutlich schlechter verträglich als neuere Substanzen.

Die Forschenden um Salanti und Egger hoffen, dass die Ergebnisse der Studie zur Entwicklung von Richtlinien und zu vereinfachten Entscheiden für oder gegen ein bestimmtes Antidepressivum beitragen werden.

"Obwohl die Unterschiede zwischen Antidepressiva klein sind, sind sie klinisch signifikant und sollten bei Behandlungsentscheidungen berücksichtigt werden", sagt Egger. "Mit dieser Analyse bieten wir die bestmögliche Grundlage, damit Patienten und ihre Psychiater sich für die optimale Behandlung von akuter Depression entscheiden können", sagt Salanti. (red, 22.2.2018)