Einen ORF-Rat – einen entscheidenden für Türkis-Blau – bestimmt die Regierung im Einvernehmen mit der Kirche: Kardinal Schönborn.

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Wien – Ein Mandat von 35 macht eine Zweidrittelmehrheit von ÖVP und FPÖ im ORF-Stiftungsrat komplett. Mit der kann das oberste ORF-Gremium den Generaldirektor des öffentlich-rechtlichen Rundfunks absetzen. Doch maßgebliche Stimmen in der FPÖ wirken wenig begeistert von der Ablöse des bei Abstimmungen über ORF-Generäle notorisch unabhängigen Katholiken Franz Küberl auf diesem entscheidenden Mandat.

Mehrere FPÖ-Quellen erklären, ÖVP und Freiheitliche hätten bei der Regierungsbildung Ende 2017 vereinbart, dass ÖVP und FPÖ je vier Regierungsmandate im Stiftungsrat bekämen. Das neunte sollte der frühere Caritas-Direktor Franz Küberl behalten.

"Kardinal zur Beichte"

Norbert Steger, Stiftungsrat und Regierungsverhandler der FPÖ, bestreitet auf STANDARD-Anfrage nicht, dass Küberl sein Mandat behalten sollte. Als etwa der STANDARD vorigen Sonntag von der Ablöse Küberls und der damit kompletten türkis-blauen Mehrheit berichtete, war Steger "empört, dass sich der Kardinal versteckt, als hätte das die Regierung gewollt". Das ist aus der Sicht Stegers "die Unwahrheit. Ich schicke den Kardinal dringend zur Beichte."

In der FPÖ geht man davon aus, dass Schönborn die Ablöse Küberls betrieben habe. Sein Mandat soll nun der Präsident des Katholischen Familienverbands, Alfred Trendl, bekommen. Trendl, bisher Publikumsrat, will "so unabhängig wie Küberl" agieren, sagte er dem STANDARD.

Anfang Februar war Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) bei Kardinal Schönborn, bestätigt Paul Wuthe, Pressereferent der Bischofskonferenz. Wer in dem Gespräch was vorgeschlagen habe, könne er nicht sagen. Sein Stand: "Es gab von keiner Seite Vorgaben." Die Frage sei aufgetaucht, ob ein "Generationenwechsel möglich" wäre. Dann habe sich das Gespräch "weitergedreht".

Offenkundig weg von Küberl in Richtung Trendl.

Bis zu einer Novelle 2014 musste der ORF-Publikumsrat je einen Vertreter von Kultur, Wissenschaft und Religion in den Stiftungsrat entsenden. Als die Vorgabe entfiel, versprach der damalige ÖVP-Mediensprecher Gernot Blümel Kardinal Christoph Schönborn, das Mandat "im Einvernehmen" mit der Kirche zu besetzen.

"Das Einvernehmen wurde gesucht", sagt Wuthe über Blümels Besuch beim Kardinal zu Küberl. Auch in Blümels Büro will man sich nicht festlegen, wer die Ablöse vorschlug: "Es ist gute Tradition, dass die Kirche im Stiftungsrat vertreten ist. Man wird gemeinsam einen Vorschlag einbringen." Küberl, dem man voriges Wochenende absagte, steht nun nicht mehr zur Verfügung.

ÖVP/FPÖ-Mehrheit

Kommende Woche soll der Ministerrat die neuen Stiftungsräte von Regierung und Parteien entsenden. Damit haben ÖVP und FPÖ eine Mehrheit.

Nach Sitzungen im März läuft die aktuelle Funktionsperiode von Stiftungsrat und Publikumsrat aus. Bis Mai werden sie noch einmal und komplett neu besetzt. Mit dieser zweiten Runde dürften ÖVP und FPÖ die Zweidrittelmehrheit erreichen.

Die Mehrheit im Publikumsrat bestimmt der Bundeskanzler als Vertreter von allerlei gesellschaftlichen Gruppen. Den – entscheidenden – Stiftungsrat beschicken Regierung, Parteien, Betriebsrat, Publikumsrat und Bundesländer.

In Oberösterreich vereinbarte noch Josef Pühringer als Landeshauptmann mit Koalitionspartner FPÖ, dass das ORF-Mandat des Landes von der ÖVP zur FPÖ wandern soll. Pühringers Nachfolger Thomas Stelzer soll sich an die Vereinbarung nicht gebunden fühlen. Als der STANDARD vom künftig blauen Mandat Oberösterreichs berichtete, ließ Stelzer wissen, das sei nicht fix: "Wir werden einen neuen Kandidaten oder eine neue Kandidatin für den Stiftungsrat nominieren und diese Personalentscheidung vorher innerhalb der ÖVP-FPÖ-Regierungspartnerschaft erörtern." (Harald Fidler, 23.2.2018)