Medienminister Gernot Blümel bei "Talk im Hangar": 68.000 Zuseher sahen die Diskussion.

Foto: Servus TV

Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) und ORF-General Alexander Wrabetz kamen Donnerstagabend zu "Talk im Hangar" von Dietrich Mateschitz, um in dessen Privatsender Servus TV über "ORF: Parteiisch, teuer und überholt?" zu diskutieren – mit Moderator Michael Fleischhacker, ORF-Kritikblogger Werner Reichel, Medienwissenschafter Norbert Bolz und Olivier Kessler, Initiatior der Schweizer No-Billag-Gebührenabstimmung. Zehn Beobachtungen, Andeutungen und Erkenntnisse:

1. Streamer Blümel

Blümel hat seine Rundfunkgebühr schon reduziert: Er zahlt nur Radiogebühr (in Wien 7,33 Euro im Monat, die Kombigebühr mit Fernsehen kommt hier auf 26,33). Der Medienminister ist "ein Streamer geworden", hat "nur ein Radiogerät" und nutzt "meistens über Smartphone".

2. "Humanitarismus" und "Tatort"-Politbüro

Medienwissenschafter Bolz sieht das "Heute-Journal" des ZDF "mittlerweile entfesselt. Marietta Slomka und Claus Kleber sind konfessionell engagiert dort, in der Konfession des Humanitarismus und der Verteidigung der Flüchtlingspolitik von Frau Merkel."

Den "Tatort" findet Bolz "noch viel interessanter: Dort wird eine Botschaft schon über Jahre gesendet, die immer wieder die gleichen Signale ausgibt. Im 'Tatort' sind die Täter entweder Industrielle, also Leute, die sehr reich sind, oder es sind Nazis."

3. Entfesselte Erklärvideos

Die Erklärvideos des privaten Servus TV zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk waren, vorsichtig formuliert, sehr plakativ suggestiv.

4. Gebührenvolksabstimmung in Österreich

Der Medienminister will sich auch auf beharrliches Nachfragen Fleischhackers nicht festlegen, ob es eine Volksabstimmung über Rundfunkgebühren geben soll – wie am Sonntag in der Schweiz. "Ohne einen vorgelagerten Diskurs läuft das Gefahr, populistisch zu werden", sagt Blümel.

Reichel würde bei einer solchen Volksabstimmung, nicht ganz überraschend, für die Abschaffung der Gebühren stimmen.

5. Lücke im digitalen Raum

Im digitalen Raum gibt es "kein einziges österreichisches Leitmedium, das konkurrenzfähig ist. Das ist ein großes Problem", erklärt Blümel. "Kommt immer drauf an, wo konkurrenzfähig", sagt Wrabetz. "ORF On ist mit einer Million täglichen Usern das stärkstnachgefragte Medium." Und bringt gleich auch an: "90 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher nutzen täglich eines unserer Produkte." Das sagt er etwa in Richtung No-Billag-Initiator Olivier Kessler, der fordert, die Menschen sollten freie Wahl bei ihrem Medienkonsum haben und in in der Frage, wofür sie zahlen.

6. Budget statt Gebühr

"Wir können darüber diskutieren: Muss das eine Gebühr sein, oder ist das wie in anderen Ländern budgetfinanziert?", sagt Blümel. Die Überlegung wurde schon der ÖVP in den Regierungsverhandlungen nachgesagt, inzwischen kommt die Budgetfinanzierung regelmäßig von Freiheitlichen.

Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner deutete zuletzt im "Kurier" an, was er an der Budgetfinanzierung gut fände: "Es braucht dann jedes Jahr einen Beschluss im Nationalrat."

7. Österreich-Quote

Es braucht eine Quote für österreichische Musik in Sendern, "die staatlich teilfinanziert werden", findet der Medienminister.

"Man soll nicht so tun, als ob nur der ORF österreichische Identität herstellen könnte", sagt Reichel und verweist auf Antenne Steiermark, Antenne Kärnten und Servus TV.

8. Die Finanzierung von Servus TV

"Servus TV hat ein eigenes Finanzierungsmodell, das sehr gesundheitsabhängig ist", befundet ORF-Chef Wrabetz und meint wohl den Red-Bull-Boss. Er sagt auch: "Wenn Dietrich Mateschitz nicht aus seiner privaten Tasche 'Trakehnerblut' finanziert hätte, gäbe es kein anderes österreichisches Unternehmen, das auch nur eine Minute österreichischen Film und Serie produzieren würde, weil es sich in einem so kleinen Markt nicht refinanzieren lässt."

9. ORF-Umbau

Soll man dem ORF öffentlich-rechtliche Angebote lassen und alle anderen wegnehmen?, fragt Fleischhacker den Medienminister. Blümel beginnt mit: "Die Debatte geht schon in die richtige Richtung." Er setzt aber fort mit dem Umfang von österreichischer Produktion und Identität.

Braucht der ORF so viele Ausspielkanäle? Blümel: "In Zeiten knapper werdender Mittel, das gilt in allen Ministerien und Unternehmen, außer vielleicht in dem da (er blickt sich im Red-Bull-Hangar um), muss man restrukturieren und umbauen. Das haben wir immer angeregt. Das ist aber auch eine Frage des Managements."

Wie viele Sender es braucht und was genau diese tun sollen, sei so genau nicht per Gesetz zu regeln, sagt Blümel: "Da kann man sich ja gleich selber hinsetzen und Medienmanager sein. Ich bin aber Medienpolitiker, kein Medienexperte. Und es gibt Medienmanager, die das dann umsetzen sollen." Die Zahl der Kanäle (und teils ihre Aufgaben) legt das ORF-Gesetz bisher fest.

Und will der Medienminister Wrabetz als ORF-General bis zum Ende seiner aktuellen Funktionsperiode – also bis Ende 2021? Blümel: "Die Frage der Wiederbestellung oder Verlängerung stellt sich dann in fünf Jahren."

10. Medienenquete-TV

Gernot Blümel kann sich vorstellen, dass die – zuletzt für Juni geplante – Enquete der Regierung über den Medienstandort Österreich übertragen wird – im ORF oder im Privatfernsehen, sagt er.

Fortsetzung im ORF

Sonntagabend wird die Diskussion in etwas anderer Besetzung fortgesetzt. Alexander Wrabetz soll schon zugesagt haben. Eingeladen ist auch Servus-Moderator Michael Fleischhacker. (Harald Fidler, 2.3.2018)