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Das Bundesamt für Verfassungsschutz- und Terrorismusbekämpfung (BVT) wird von Korruptionsvorwürfen erschüttert. Am Samstag musste das Innenministerium einen Bericht der "Krone" bestätigen, demzufolge Ermittlungen gegen mehrere Beamte geführt werden. Auch erste Suspendierung wurden ausgesprochen. Offenbar war es zuvor zu Hausdurchsuchungen beim Verfassungsschutz gekommen.

Dossier macht die Runde

Die Geschehnisse dürften in Zusammenhang mit einem Dossier stehen, das als "anonyme Anzeigen" vergangenen Sommer an die Staatsanwaltschaft, Journalisten und Politiker versandt wurde. Darin wurde eine ganze Palette von angeblichen Missständen im BVT angesprochen. So sollen Abteilungsleiter Spesen falsch abgerechnet haben, außerdem ging es um die angebliche Veruntreuung von Lösegeld bei Geiselnahmen. Auch sexuelle Übergriffe auf Mitarbeiterinnen, "Sexparties" und Geldwäsche wird Beamten unterstellt. Der "profil"-Journalist Michael Nikbakhsh hat das Dossier auf Facebook thematisiert:

Teilweise falsch, teilweise nicht zu verifizieren

Der STANDARD hat gemeinsam mit dem "Profil" versucht, zu den in diesem Dossier angesprochenen Missstände zu recherchieren. Einige der geschilderten Geschichten entpuppten sich als falsch oder übertrieben, andere konnten nicht belegt werden. Allerdings konnten STANDARD und "Profil" bestätigen, dass der österreichische Verfassungsschutz mithalf, von der Oesterreichischen Staatsdruckerei produzierte nordkoreanische Pässe an Südkorea zu liefern.

Laut BVT-nahen Kreisen sollen jedoch auch Verdachtsmomente abseits der in den Dossier verbreiteten zu den aktuellen Ermittlungen geführt haben. Gleichzeitig gehören in dem Dossier schwer belasteten, teils hochrangigen Beamten offenbar nicht zu den suspendierten BVT-Mitarbeitern.

Ein 39 Seiten langes Dossier listet heftige Vorwürfe gegen das BVT auf
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Die "Krone" erwähnt in ihrem aktuellen Bericht, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mit Nordkorea zu tun haben könnten. Im Whistleblower-Dossier ist dazu zu lesen, dass österreichische Beamte als Dank für ihre Hilfe privat in Südkorea urlauben durften. Bestätigen ließ sich das durch journalistische Recherchen nicht.

Auch Politiker kannten Dossier

Das insgesamt fast 40 Seiten lange Dokument des Whistleblowers ist seit Mitte des vergangenen Jahres im Umlauf. Es soll auch Thema bei den Koalitionsgesprächen gewesen sein. Das Innenministerium war in den vergangenen 17 Jahren durch ÖVP-Politiker geführt worden, nun ist mit Herbert Kickl ein Freiheitlicher für Polizei und BVT verantwortlich. Die Ermittlungen könnten zu einer Rochade im Verfassungsschutz, der von Peter Gridling geleitet wird, führen. Gridling wurde 2008 vom damaligen Innenminister Günther Platter (ÖVP) zum Direktor des BVT bestellt, wie berichtet sollte der Vertrag Gridlings ab 20. März 2018 um weitere fünf Jahre verlängert werden.

Korruptionsskandal

Das Innenministerium konnte abseits der Aussendung keine Angaben zu den Ermittlungen machen. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft war am Samstag für keine Stellungnahme erreichbar. (Fabian Schmid, Maria Sterkl, 3.3.2018)