Der Bundeschef ballt die Faust: Für Christian Kern (rechts) ist Peter Kaisers Sieg eine Entlastung.

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ÖVP-Chef Sebastian Kurz mit Kandidat Christian Benger: Insgeheime Erleichterung über fehlende türkis-blaue Mehrheit?

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Die unkomplizierten Zeiten in der Opposition sind vorbei: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit seinem Kärntner Statthalter Gernot Darmann.

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Landtagswahlabende sind für die Zentralen der großen Bundesparteien gemütlich geworden. Galt es früher immer wieder, miese Resultate schönzureden und jeden Konnex zur Bundespolitik von sich zu weisen, dürfen rote, türkise und blaue Geschäftsführer heuer regelmäßig Erfolge quittieren. Solange irgendwelche Kleinparteien zerbröseln, gibt es für SPÖ, ÖVP und FPÖ genug Stimmen zum Abstauben.

So auch am Sonntag in Kärnten: Alle drei Parteien gewannen dazu. Doch gibt das Ergebnis Bundespolitikern Gründe, sich selbst auch feiern zu lassen?

Professionelle Beobachter winken selbst im Falle des Wahlsiegers ab. Weder die Politologin Kathrin Stainer-Hämmele noch der Politikberater Thomas Hofer glauben, dass Christian Kern viel für Peter Kaisers Triumph kann. Weil dem SPÖ-Bundeschef aber ein Misserfolg – so die Logik politischer Debatten – sehr wohl umgehängt worden wäre, darf sich dieser doch auch als Sieger fühlen. Die Kritik an der roten Performance in der Opposition bekomme jetzt zumindest keine Nahrung, sagt Hofer: "Für Kern ist das eine Entlastung."

Kern behält Verbündeten

Bleibt Kaiser Landeshauptmann, behält der Parteiobmann auch einen wichtigen Verbündeten im Kreis der Landesregenten, der im Gegensatz zu den beiden anderen Hauptleuten der SPÖ – dem Wiener Michael Ludwig und dem Burgenländer Hans Niessl – voll auf seiner Wellenlänge ist. Der Kärntner Statthalter hat nicht nur Kerns Übernahme der Parteispitze federführend orchestriert, sondern verantwortete auch jenen Kriterienkatalog, der den Umgang mit der FPÖ neu definierte.

Zwar galt Kaiser schon vor seinem Sieg als Personalreserve für noch höhere Weihen, doch ein Sprung nach ganz oben ist wohl nur denkbar, wenn Kern von sich aus aufgibt – und generell gilt: Ein Parteichef in spe wäre dumm, sich lange vor der nächsten Nationalratswahl in die erste Reihe zu stellen. Sich nur nicht voreilig verheizen lassen, lautet die Lehre von Sebastian Kurz' Sieg im Vorjahr.

Türkise Promis verzichteten

Eine ganz andere Rolle spielt ÖVP-Spitzenkandidat Christian Benger für seine Bundespartei: nämlich keine. Der bisherige Landesrat zog wohl nur deshalb an vorderster Front in den Wahlkampf, weil sich prominentere Kollegen wie Elisabeth Köstinger und Josef Moser die Mission auf diesem für die Partei traditionell schwierigen Terrain offenbar nicht antun wollten.

Die Bundesspitze habe ein maues Resultat in dem Land, in dem nur sieben Prozent der Wahlberechtigten Österreichs leben, bewusst in Kauf genommen, analysiert Hofer und glaubt, dass Kurz insgeheim sogar erleichtert sein könnte. Hätte Blau-Türkis eine Mehrheit gehabt, obwohl der Landeshauptmann zulegte, wäre der Kanzler vor einer heiklen Entscheidung gestanden: Die ÖVP hätte Kaiser stürzen können, um FPÖ-Frontmann Gernot Darmann zum neuen Landeshauptmann zu machen. Doch Kurz, dessen Regierung sich ständig auf den Volkswillen beruft, hätte mit einem solchen Coup gegen den Wahlsieger einen Imageschaden riskiert.

Laut Stand Sonntagabend ließe sich eine Mehrheit gegen Kaiser nun nur mehr in einer Dreierkoalition mit dem Team Kärnten schaffen – unwahrscheinlich.

Nur ein relativer Gewinn

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache darf sich über die (vermutlich) verpasste Chance mit einem satten Zugewinn hinwegtrösten, weiß aber auch: Das Plus bemisst sich am katastrophalen Ergebnis von 2013, die Erwartungen waren höher. Verlierer seien die Blauen natürlich nicht, sagt Hofer, leitet aber schon einen österreichweiten Trend ab, der in der Partei Unruhe keimen lassen könnte: "Die FPÖ schöpft ihre Potenziale nicht aus, und das hängt klar mit der Regierungsbeteiligung zusammen."

Immerhin kann sich Strache über einen Integrationserfolg freuen. Einstige Konflikte zwischen Kärntnern und Bundespartei scheinen passé, ein Blauer meint: "Auch wenn die FPK bereits 2013 mit der FPÖ wiedervereinigt wurde, ist die Zusammenlegung erst jetzt wirklich abgeschlossen."

Die Grünen hingegen hat nach glimpflichen Ausgängen in Niederösterreich und Tirol wieder eingeholt, was für Parteien fatal ist: der Geruch des Untergangs. (Gerald John, 5.3.2018)