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Die grüne Null, die Geheimwaffe jeder Spielbank, kann auch zum Worst Case werden.

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Wien – Die Empörung über Eva Glawischnig hielt am Wochenende an. Ihr Avancement zur Verantwortungsmanagerin bei Novomatic wurde in den (sozialen) Medien überwiegend zerpflückt. Nur vereinzelt fanden sich Gegenstimmen, Neos-Abgeordneter Gernot Loacker hielt beispielsweise fest, "der Privatberuf einer Privatperson geht euch nichts an". Doch großteils wurde die Bestellung kritisiert, unter anderem von "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak, der Bert Brecht zitierte: "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral."

Die enorme Aufmerksamkeit für den unspektakulären Job einer Ex-Grünen bei einem Glücksspielkonzern hängt wohl mit der Anziehungskraft zweier Gegensätze zusammen. Den Grünen wurde von Kritikern immer wieder der Hang zum moralischen Zeigefinger vorgeworfen, Glawischnig sei die "Initiatorin einer langjährigen allumfassenden Verbotspolitik", ätzte ihr Ex-Mandatar Johannes Voggenhuber in einem Beitrag auf derStandard.at.

Höhepunkt einer denkwürdigen Veranstaltung: Novomatic-Chef Neumann steckt Glawischnig ein Markenzeichen an.
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Die Grünen waren es auch, die Novomatic immer wieder als Inbegriff des Bösen dargestellt haben. Ausnützen von Spielsucht, Lobbying-Allmacht, Korruption, könnte man deren Vorwürfe kurz zusammenfassen. Tatsächlich haben die Gumpoldskirchner immer wieder recht eigenwillige Methoden angewandt, um ihre Interessen durchzusetzen. Die Beschäftigung von Expolitikern gehört da zu langjährigen Praxis, wie die Beispiele Karl Schlögl, Alfred Gusenbauer, Johannes Hahn, Günter Verheugen oder Theo Waigel verdeutlichen.

Mafia-Anschuldigungen unwahr

"Österreichs umstrittenster Konzern" ("Profil") wurde Novomatic genannt, andere nutzten drastischere Worte: "Die Geschichte der Novomatic-Admiral – Die Welt im Würgegriff der österreichischen Mafia" lautet der Titel eines Buchs, das angeblich kriminelle Machenschaften im Glücksspiel thematisieren wollte. Das unter Pseudonym verfasste Werk wurde nie gedruckt, Novomatic ließ es per einstweiliger Verfügung stoppen.

Laut Gericht sind die Vorwürfe – von bestochenen Beamten und Politikern über manipulierte Automaten bis hin zu Steuerbetrug – unhaltbar. In der Begründung findet sich unter anderem folgender denkwürdiger Satz: "Das bloße Schalten von Inseraten in (parteinahen) Zeitungen lässt nicht auf eine Bestechung durch die Klägerin schließen." Das zeigt schon, wie breit das graue Spektrum sein kann.

Best of Lobbying

Klar ist: Novomatic agiert in einer Industrie, deren Regulierungsdichte höchstens noch von den Banken erreicht wird. Die Vergabe von Lizenzen, Regeln für Spielerschutz, Steuern samt Spielabgaben und die Zahl der Automaten bestimmen die Branche wesentlich. Das vom Fleischermeister Johann Graf vor knapp 40 Jahren aufgebaute Unternehmen, das mit an die 30.000 Mitarbeitern und 2.100 Spielstätten zum Marktführer in Europa und zum größten Automatenproduzenten der Welt aufstieg, hat den Schnittstellen zu Politik und Behörden immer größte Aufmerksamkeit geschenkt.

Sonderbare Vergabe

Das hat sich oft ausgezahlt. Unter die Best-of-Lobbying-Causen einreihen lässt sich mit Bestimmtheit die Vergabe neuer Spielbanklizenzen 2014, die allerdings später aufgehoben wurde. Dabei kam es – wie so oft – zu sonderbaren Entwicklungen. Obwohl der im Finanzministerium eingerichtete Glücksspielbeirat Casinos Austria für die Standorte in Wien und Niederösterreich präferierte, ergatterte Novomatic zwei Lizenzen – die Casag ging leer aus.

Vor allem der damalige Landeshauptmann Erwin Pröll hatte sich für seine Landsleute ins Zeug gelegt, und sein langjähriger Partner Michael Häupl tat das Gleiche in Wien. Dem damaligen Finanzminister Michael Spindelegger blieb nichts anderes übrig, als den Landesfürsten und dem Spielgrafen zu gehorchen und den eigenen Beirat auszuhebeln. So geht Machtdemonstration.

Casinos-Automaten bei Novomatic

Dass die Entscheidung höchstgerichtlich gekippt wurde, kann Novomatic verschmerzen, obwohl Wien 2015 auch das kleine Glücksspiel untersagte. Im Wiener Prater, wo der Konzern eine Spielbanklizenz beantragt hatte, kann man mittlerweile an Geräten des ewigen Rivalen Casinos Austria zocken, an dem sich Novomatic beteiligt hat.

Die der Casag-Tochter Lotterien gehörenden Video Lottery Terinals (VLT) unterscheiden sich zwar nur unwesentlich von den herkömmlichen Automaten, unterliegen dem Verbot in Wien aber nicht. Zuletzt hatte Konzernchef Harald Neumann angedeutet, 500 VLTs in der Hauptstadt aufstellen zu wollen – kurz danach wurde die Äußerung korrigiert.

Grasser-Connection

Mittlerweile Geschichte ist die Geschichte um angeblichen Gesetzeskauf durch Novomatic, den auch Glawischnig äußerst heftig kritisiert hatte. Die Causa in Kurzform: Novomatic wollte das Casag-Monopol knacken, lobbyierte laut Gutachter mithilfe der Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger und zwei Millionen Euro Honorar bei Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Das Gesetz war kurz vor der Beschlussfassung, als die Casinos Austria zum Gegenangriff ansetzten und das Vorhaben zu Fall brachte.

Sieben Jahre Ermittlungen gegen Grasser, einstige Novomatic-Verantwortliche und Meischberger endeten im Vorjahr mit: Einstellung. Lapidare Begründung der Staatsanwaltschaft auf zwei Seiten: Es sei nicht bewiesen, dass Grasser hinter der geplanten Gesetzesänderung steckte. Alles supersauber also. Ein Verfahren ist derzeit noch im Zusammenhang mit Peter Westenthaler anhängig, dem Novomatic über Mittelsmänner Geld für verdecktes Lobbying zugesteckt haben soll. Alle Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe.

Der kleine Auszug an fragwürdigen Verbindungen des Spielkonzerns, der sich noch lange fortsetzen ließe, zeigt schon, wie groß das Betätigungsfeld von Glawischnig sein könnte. Hängt halt auch davon ab, wie man das Aufgabenprofil einer Verantwortungsmanagerin definiert. (Andreas Schnauder, 5.3.2018)