Wer in einem Gesundheitsberuf arbeitet, sollte Vorbild für seine Mitmenschen sein und sich impfen lassen, sagen Experten.

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Vergangenes Jahr sind in Österreich allein an den durch die Impfung zuverlässig verhinderbaren Masern 95 Menschen, am ebenfalls verhinderbaren Keuchhusten mehr als 1.400 Menschen erkrankt. Einem theoretisch umfassenden offiziellen Impfplan steht eine mangelhafte Umsetzung gegenüber. Es gibt Impfhindernisse, heißt es jetzt in einem Entwurf zu einem Expertenpapier.

In den vergangenen Wochen hat ein Expertengremium mit Fachleuten aus Wissenschaft, Ärzte- und Apothekerschaft, Vertretern des Pflegepersonals und der Hebammen – auch die Wiener Pflege- und Patientenanwältin Sigrid Pilz war beteiligt –, unter Moderation der Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Med-Uni Wien, Ursula Wiedermann-Schmidt, gemeinsam Memoranden zu "Impfhindernissen in Österreich" und deren Überwindung erarbeitet. Ein identifizierter wichtiger Punkt: die umfassende Übersetzung von Theorie (Impfempfehlungen) in die tägliche Praxis der Gesundheitsversorgung.

"Wir haben mit dem Impfplan Österreich einen jedes Jahr aktualisierten klaren Plan, wer geimpft werden soll. Es gibt aber keinen klaren und einheitlichen Umsetzungsplan, wie diese Impfungen die Menschen erreichen sollen", sagt Ursula Wiedermann-Schmidt, auch Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Vakzinologie (ÖgVak).

Impflücken finden

Um dieses Manko zu beheben, benötige Österreich in Zukunft entschlossene Maßnahmen, um überhaupt Personengruppen zu identifizieren, bei denen Impflücken vorhanden sind. "Wir erkennen Impflücken durch Krankheitsausbrüche, zum Beispiel bei den Masern. Das ist immer im Nachhinein. Mit einem elektronischen Impfpass könnte man aber erkennen, dass jemand nicht immunisiert ist, und eine Impfung empfehlen. Oder man könnte von der Gesundheitsbehörde nachfragen, warum in einer bestimmten Region weniger Menschen immunisiert sind als anderswo", sagte die Expertin.

Wichtig sei auch die Vorbildwirkung bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe. "Wenn man nicht selbst geimpft ist, kann man nicht gut sagen, die anderen sollen sich immunisieren lassen", betonte die Expertin.

Weiters müsste die Erreichbarkeit von Impfungen überall niederschwellig sein. "Die Menschen haben in ihrem Alltag oft nicht genügend Zeit. Auf der anderen Seite ist auch in den Arztordinationen beim Kontakt mit den Patienten oft wenig Zeit für ein Patientengespräch über Impfungen. Verbessern könnte man auch die Alltagsstruktur, indem man mehr Impfungen am Arbeitsplatz anbietet", betont Wiedermann-Schmidt.

Zuschüsse und Kostenübernahme

"Impfungen müssen überall und für jeden gleich viel kosten", heißt es in dem Papier zu den Impfhindernissen. Damit wird der Umstand angesprochen, dass es in Österreich oft von Krankenkasse zu Krankenkasse verschiedene Zuschüsse zu Impfungen gibt. Wichtig seien Zuschüsse oder die Kostenübernahme durch öffentliche Stellen auch, weil sie den "hohen Stellenwert von Impfungen für Gesundheit und Gesellschaft" unterstreichen würden.

Ein besonderes Anliegen für die Zukunft sollte auch die Impfung bei den Erwachsenen sein. "Wir haben mit dem Gratis-Kinderimpfprogramm ein System, das mittlerweile sehr gut etabliert ist. Aber wir haben Impflücken bei den Erwachsenen – und die Erwachsenen sind von den Zuschüssen oder Kostenübernahmen für Impfungen de facto ausgeschlossen", sagt Wiedermann-Schmidt.

Zu überlegen sei, ob nicht zumindest bei bestimmten Personengruppen die öffentliche Hand, Krankenkassen etc. Beiträge leisten könnten. "Die Pneumokokkenimpfung für Pensionisten oder die Impfung gegen Herpes zoster (Gürtelrose; Anm.) gehören zu den teuersten. Auch bei chronisch Kranken, die an sich schon hohe Aufwendungen zu tragen haben, wäre eine Unterstützung für Impfungen zu überlegen", betonte die Expertin. (APA, 6.3.2018)