Bis ins Jahr 2020 könnten durch die vermehrte Verschreibung von "Biosimilars" 310 Millionen Euro im österreichischen Gesundheitssystem eingespart werden. Dabei handelt es sich um Biotechnologie-Arzneimittel, die den Original-Präparaten sehr ähnlich sind.

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Im Programm der schwarz-blauen Regierung findet sich neben einer Evaluierung der Arbeit der Chefärzte der Krankenkassen auch der Plan für "zusätzliche Anreize für die Verschreibung von Generika". Hier liege objektiv noch Einsparungspotenzial, sagt auch Wolfgang Andiel, Chef des Österreichischen Generikaverbandes (OeGV).

Generika oder "Nachahmepräparate" für Medikamente mit synthetisch hergestellten Wirkstoffen und Biosimilars für Biotech-Arzneimittel kommen nach dem Ablauf des Patents für Originalpräparate auf den Markt. Die geltende österreichische Regelung sieht für die Generika mehrere Preisabstufungen vor.

Das erste Generikum soll demnach 50 Prozent weniger als das Originalpräparat kosten, dieses Referenzprodukt soll mit dem Markteintritt seinen Preis um 30 Prozent reduzieren. Das zweite Generikum muss dann für die Kassenerstattung mit seinem Preis um 18 Prozent unter dem ersten Nachfolgepräparat liegen, das dritte um 15 Prozent unter dem zweiten – und alle anderen Medikamente ebenfalls zu diesem Preis angeboten werden.

Bei der Häufigkeit der Verschreibung solcher Medikamente auf Kassenkosten durch die Ärzte gibt es hierzulande noch Aufholbedarf. "Wir liegen bei den Generika in Österreich im internationalen Vergleich im unteren Mittelfeld. In Deutschland betreffen 77 Prozent der ärztlichen Verordnungen Generika, in Österreich sind es 37 Prozent. Bei den generikafähigen Präparaten liegt in Österreich der Anteil der Verschreibungen bei 50 Prozent", sagt Andiel. Da könnte man bei entsprechenden Anstrengungen auch 70 bis 80 Prozent erreichen.

Große Schwankungen

"Mehr Hilfestellung für die Ärzteschaft und die gezielte Information der Patienten über den Wert von Generika wären hier die Mittel", betont der Chef des Verbandes. Man könnte zum Beispiel auch die EDV-Programme der Ärzte, über welche die Verschreibung von Arzneimitteln läuft, so anpassen, dass die Ärzte bei Vorhandensein von Nachahmepräparaten diese leichter erkennen und rezeptieren könnten. "Es gibt da auch von Arzt zu Arzt, von Bundesland zu Bundesland, große Schwankungen. Manche Ärzte verschreiben zu 85 Prozent Generika, andere zu 15 Prozent."

Was an Ersparnis für die Krankenkassen via Generika möglich ist, belegt das Beispiel der hoch wirksamen Magenmedikamente vom Typ der Protonenpumpenhemmer. Sie gehörten ehemals zu den "teuren" sehr häufig verschriebenen Arzneimitteln. Im Februar 2016 stellte der Hauptverband der Sozialversicherungsträger bei der ATHEA-Konferenz folgendes Beispiel vor: 2005 hätte man für 6,5 Millionen Packungen Protonenpumpeninhibitoren 148 Millionen Euro aufwenden müssen. 2015 waren es für 8,3 Millionen Packungen nur noch 70,4 Millionen Euro. Verursacht wurde das durch Patentablauf und die nachfolgenden Generika.

Freilich, sehr große "Blockbuster" sind bei den synthetischen Arzneimitteln international bereits patentfrei geworden. Das größte generisch werdende Produkt ist aktuell Imatinib (Hämatologie) mit einem Marktvolumen in Österreich von 32 Millionen Euro. Dann kommt Rosuvastatin (Cholesterinsenker) mit 18 Millionen Euro, Ezetimib (Cholesterinsenker) mit sieben Millionen Euro. 2018 werden Everolimus (Onkologie) und das Parkinson-Medikament Carbidopa mit sechs Millionen Euro folgen. Außerdem wurden bzw. werden 2017/2018 noch ein paar HIV-Präparate patentfrei – mit einem Marktvolumen von zwölf Millionen Euro, so Andiel.

Hohes Sparpotenzial

Eine Einsparung von rund 310 Millionen Euro für das österreichische Gesundheitssystem bis zum Jahr 2020, soll laut einer Studie die vermehrte Verschreibung von "Biosimilars" bringen. Dabei handelt es sich um Biotechnologie-Arzneimittel, die den Original-Präparaten möglichst ähnlich sein sollen.

Sie werden nach strengen Kriterien auf Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit von der Europäischen Arzneimittel Agentur (EMA) geprüft und sind somit gleichwertig zu ihren Original-Arzneimitteln. Zumeist handelt es sich dabei um monoklonale Antikörper zur Behandlung von chronisch-entzündlichen Erkrankungen (Gelenksrheuma etc.) oder Krebs sowie um Blutwachstumsfaktoren.

Hier sieht die in einer ASVG-Novelle vom vergangenen Jahr festgelegte Preisregelung so aus: Minus 38 Prozent Preisabschlag für das erste derartige Präparat im Vergleich zum Originalmedikament (das mit Markteintritt des ersten Biosimilars ebenfalls um 30 Prozent billiger würde), noch einmal minus 15 und danach weitere minus zehn Prozent für die "zweite" bzw. "dritte Welle" der Biosimilars.

47 Milliarden Euro

"Die größten Kassenmarkt-relevanten Biosimilars sind Infliximab, Etanercept und Adalimumab zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen und Psoriasis mit einem Markt von 208 Millionen Euro in Österreich. In der Onkologie ist es Pegfilgrastim (Blutwachstumsfaktor) mit 31 Millionen Euro", so Andiel. Adalimumab wird im Laufe dieses Jahres patentfrei, ebenso Pegfilgrastim.

Allein in Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien und Spanien sollen bis 2020 Biosimilars ein Marktvolumen von 47 Milliarden Euro, wenn nicht noch deutlich mehr, erreichen. Im Vergleich zu Wirkstoffen aus synthetischer Produktion ist die Entwicklung eines "Biosimilar"-Präparates sehr kostenintensiv. Sie kostet derzeit rund 200 Millionen Euro. Zu einem Gutteil sind auf diesem Gebiet derzeit nur große internationale Konzerne tätig: Teva, Sandoz, Stada oder Originator-Firmen wie Pfizer, Amgen oder Boehringer Ingelheim. (APA, 8.3.2018)