Der Deutsche Franco Foda hat im Jänner das Büro beim Fußballbund bezogen. Sein Debüt gab er im November als Sturm-Trainer auf Kurzurlaub. Österreich schlug Uruguay 2:1.

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STANDARD: Ihr Vorgänger Marcel Koller wurde immer wieder mit der Frage nach der Position von David Alaba gequält. Setzt sich diese Qual in der Ära Foda fort?

Foda: Für mich ist es keine Qual. Es gehört zum Journalismus nachzufragen. Ich habe David in München besucht, wir führten ein sehr gutes Gespräch, es war ein toller Austausch. Das Wichtigste ist: Er spielt wahnsinnig gern für Österreich. David kann alles spielen, links hinten, auf Sechs, auf Acht, in einer Dreierkette. Unabhängig von Alaba ist es bei mir so, dass ich immer versuche, einen Plan zu entwickeln, wie man gegen den nächsten Gegner gewinnen kann. Dementsprechend positioniere ich die Spieler. Alle, nicht nur Alaba.

STANDARD: Gibt es irgendeine Form von Mitspracherecht?

Foda: Es ist nichts Außergewöhnliches, sondern auf der ganzen Welt so, dass der Trainer entscheidet, auf welcher Position ein Spieler zum Einsatz kommt. Keiner ist so unintelligent, einen Spieler dort hinzustellen, wo er sein Potenzial nicht ausschöpfen kann. Es hängt von unserer taktischen Ausrichtung ab, ich werde alles mit den Spielern in Ruhe besprechen. Ich bin kommunikativ.

STANDARD: Muss man einem Marko Arnautovic anders gegenübertreten als etwa einem x-beliebigen Kaderspieler von Sturm Graz? Das ist nicht despektierlich gemeint.

Foda: Nein. Jeder Spieler, egal ob bei Sturm Graz oder im Nationalteam, hat seine eigene Identität, seine eigenen Befindlichkeiten, seinen eigenen Charakter. Du musst mit jedem anders umgehen. Das hat nichts damit zu tun, ob er in England, Deutschland oder Österreich engagiert, ein Star oder kein Star ist. Der heutige Trainer ist ein Multitalent. Es reicht nicht, auf dem Platz gut zu arbeiten, er muss soziale Kompetenz haben, Pädagoge und manchmal Psychologe sein. Man sieht bei den Bayern, dass Jupp Heynckes auf dieser Ebene viel bewirkt hat.

STANDARD: Eine andere Personalie betrifft Ashley Barnes. Er ist Engländer mit österreichischer Großmutter, hat anklingen lassen, für den ÖFB stürmen zu wollen. Wie ist der Stand der Dinge? Was kann er, was Guido Burgstaller oder Michael Gregoritsch nicht können?

Foda: Meine Co-Trainer haben ihn schon live gesehen, wir haben Videos studiert, ich fliege am Wochenende hin, schaue mir das Match gegen West Ham an. Ich möchte mir vor Ort ein Bild machen, erfahren, welche Rolle er bei Burnley einnimmt. Ein persönliches Gespräch hat es noch nicht gegeben. Sind wir überzeugt, dass er uns weiterhilft, kann man die nächsten Schritte einleiten. Hat einer die Berechtigung, für Österreich zu spielen, musst du ihn beobachten. Wir machen ja keine Dinge, die nicht regelkonform sind. Moritz Bauer hat sich als große Verstärkung entpuppt.

STANDARD: Sind die beiden Länderspiele gegen Slowenien und in Luxemburg noch ein Beschnuppern, eine Art Vorstellungsgespräch?

Foda: Nein, beschnuppert haben wir uns bereits im November. Wir haben hart trainiert, Uruguay 2:1 geschlagen. Jetzt folgt der nächste Schritt, wir arbeiten an der taktischen Ausrichtung. Jedes Länderspiel dient dazu, sich zu zeigen.

STANDARD: Ist die Bestätigung von Julian Baumgartlinger als Kapitän ein Indiz dafür, dass Sie gar nicht so viel verändern wollen oder müssen? Die Hierarchie ist vorhanden.

Foda: Die Hierarchie wird sich insofern verändern, als Junuzovic und Harnik zurückgetreten sind. Baumgartlinger hat seine Sache in der Vergangenheit gut gemacht, ich hatte nach unseren Gesprächen den Eindruck, dass er der absolut richtige Kapitän ist. Das hat nichts damit zu tun, dass ich nur wenig verändern will.

STANDARD: Jeder Trainer hat im Idealfall eine eigene Handschrift. Wie soll Österreich unter Foda auftreten, was ist zu erwarten? Soll es einen Wiedererkennungswert geben? Zählt die Flexibilität?

Foda: Flexibilität heißt nicht, dass du keine Identität hast. Flexibel sein bedeutet: Dreier- oder Viererkette, ein Stürmer, zwei oder drei. Identität ist das Verhaltensmuster, das Spielprinzip, die taktische Ausrichtung. Wir müssen in der Lage sein, während eines Spiels etwas zu verändern, um besser zur Geltung zu kommen.

STANDARD: Unter Koller waren viele Spieler gesetzt, auch wenn sie im Verein nicht gerade gegeigt haben. Wie werden Sie das handhaben?

Foda: Man darf Trainer nicht vergleichen. Koller hat viel mehr richtig als falsch gemacht, er hat großartige Arbeit geleistet. Das möchte ich festhalten. Fußballer sind Menschen und keine Maschinen. Natürlich dürfen sie ab und zu auch schwächere Leistungen abliefern. Das Potenzial muss aber erkennbar bleiben.

STANDARD: Gibt es eine Mannschaft, die Ihren Vorstellungen vom perfekten Fußball nahekommt?

Foda: Jeder Trainer sucht nach der Perfektion. Du machst dir immer darüber Gedanken, was du besser machen kannst. Auch wenn du gewinnst. Jeder will superoffensiv spielen, ein Spektakel haben. Aber Fußball ist letztendlich ein Ergebnissport. Liverpool spielt extrem attraktiv, ist super im Umschalten, agiert aggressiv gegen den Ball. Man kann von überall etwas lernen und mitnehmen. Etwas zu kopieren hat wenig Sinn.

STANDARD: Wenn man einen Blick auf die Gegner in diesem Jahr wirft, ist eigentlich nur Deutschland klar über Österreich zu stellen. Der Rest ist auf Augenhöhe, vielleicht auch leicht darunter. Sind Sie mit der Auswahl zufrieden? Es heißt ja, man lernt nur von den Besten.

Foda: Wir spielen gegen die Besten. Russland, Deutschland, Schweden und Dänemark sind WM-Teilnehmer. Wir spielen also eine kleine WM. Slowenien ist knapp gescheitert, Luxemburg erreichte in Frankreich ein 0:0. Bosnien-Herzegowina und Nordirland sind in der Nations League echte Prüfsteine. Okay, es gibt noch England, Spanien, Argentinien oder Brasilien. Das wäre die nächste Kategorie, aber man kann nicht alles haben.

STANDARD: Liegt der Fokus auf der Nations League?

Foda: Für mich ist jedes Spiel wichtig. Du bist beim Team, nicht im Verein, du hast nur zehn Chancen. Es geht um Stimmung, um Euphorie, wir müssen Begeisterung entfachen.

STANDARD: Am Dienstag geben Sie Ihren Kader preis. Sind Überraschungen zu erwarten?

Foda: Kann sein.

STANDARD: Orten Sie noch Baustelle? Etwa bei den Tormännern? Rapids Trainer Goran Djuricin empfahl Ihnen ziemlich deutlich Richard Strebinger.

Foda: Man sollte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Es ist okay, wenn er seinen Spieler gut findet. Aber es hat keinen Einfluss auf meine Entscheidung.

STANDARD: Haben Sie die Umstellung von Klubtrainer zu Teamchef innerlich vollzogen? Vermissen Sie den Geruch des Rasens?

Foda: Wenn du zehn Jahre am Stück durcharbeitest, wenn du jeden Tag auf dem Platz bist, 400 Ligaspiele machst, dauernd unter Adrenalin stehst, dann fehlt es dir am Anfang. Aber ich war mir dessen bewusst, sonst hätte ich diese Herausforderung nicht angenommen. Diese Arbeit macht mir Spaß, ich lebe sie, bin extrem viel unterwegs. Es ist anders anstrengend. Aber es ist schön. Weil es viel zu tun gibt. (Christian Hackl, 10.3. 2018)