Die Casag-Auslandsbeteiligung hält Pavel Horák für einen Fehler. Dass das Automatengeschäft an Novomatic geht, glaubt er nicht.

Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Sie sind für die tschechische Sazka-Gruppe, die im europäischen Glücksspielgeschäft aktiv und größter Einzelaktionär der Casinos Austria (Casag) ist, in deren Aufsichtsrat. Gehen Sie oft ins Kasino?

Horák: Ich habe ein paar Mal gespielt, als ich an der Uni studierte. Seither aber nicht mehr.

STANDARD: Gewonnen, verloren?

Horák: Eher war ich ein Verlierer. Was ich mag, sind Sportwetten. Aber ich bin sicher kein starker Spieler, ich mach das nur aus Vergnügen. Und Lotterie spiele ich gar nicht – also ich bin wirklich kein guter Kunde unserer Unternehmen. Bei Sportwetten habe ich das Gefühl, den Erfolg wenigstens ein bisschen beeinflussen zu können, bei der Lotterie ist das Gewinnen wirklich nur Glückssache.

STANDARD: "Responsible Gaming"- Spielerschutz – haben sich Casag sowie Konkurrent und Casag-Mitaktionär Novomatic auf die Fahne geheftet. Novomatic hat jetzt Ex-Grünen-Chefin Eva Glawischnig für "Nachhaltigkeit" an Bord geholt. Welchen (Ex-)Politiker wird sich die Casag holen?

Horák: Die Sazka Group beschäftigt keine Ex-Politiker. Responsible Gaming ist für uns ein sehr wichtiges Thema, und das sieht man auch an den Sparten, die wir präferieren. Sazka setzt seinen Schwerpunkt auf Lotterien, Sportwetten und Onlinekasinos, Video-Lottery-Terminals (VLT), also Spielautomaten, stehen an allerletzter Stelle. Das hat auch mit den hohen Summen zu tun, die ein einzelner Spieler in einer VLT-Runde verlieren kann. Wir haben lieber viele Kunden bei weicheren Wetten als weniger bei härteren Wetten, bei denen der Einzelne viel mehr verlieren kann.

STANDARD: Sazka hält rund 34 Prozent an der Casag, will aber die Kontrolle. Dazu haben Sie Vorverträge mit Casag-Mitaktionär Schelhammer & Schattera und mit Novomatic, die 17 Prozent der Casag-Anteile hält und gemäß Vorgabe der Wettbewerbshüter maximal 25 Prozent halten darf. Haben Sie schon weitere Anteile zugekauft?

Horák: Wir haben mit der Bank Schelhammer & Schattera Call-Optionen ausgeübt, in zwei Tranchen: eine indirekte über den mehr als zehnprozentigen Anteil der Bank an Casag-Aktionär Medial, das entspricht indirekt rund vier Prozent an der Casag. Und wir haben die Option gezogen für jene 4,3 Prozent, die Schelhammer & Schattera direkt an der Casag hält. Diese Anteilsübernahmen sind aber noch nicht wirksam. Für den Medial-Anteil brauchen wir noch die regulatorische Zustimmung des Finanzministeriums und die Zustimmung der Casag-Hauptversammlung. Der Erwerb der 4,3 Prozent ist aufwendiger, denn darauf haben alle anderen Casag-Aktionäre ein Vorkaufsrecht. Dieser Teil könnte theoretisch auch bei den anderen Aktionären landen. Aber Novomatic darf aus Wettbewerbsgründen maximal 25 Prozent halten, und die staatliche Öbib hätte keinen Vorteil, wenn sie ihren Anteil von 33 auf 37 Prozent steigern würde.

STANDARD: Diese Hauptversammlung war für 26. Februar geplant, musste aber auf Wunsch des Finanzministeriums verschoben werden. Ist die Stimmung bei dem Mitaktionär Bund bzw. bei der staatlichen Öbib so schlecht?

Horák: Nein, das Ministerium braucht mehr Zeit für die regulatorische Genehmigung. Daher haben wir unseren Antrag auf Abhaltung einer Hauptversammlung zurückgezogen und werden einen neuen Termin beantragen.

STANDARD: Klappt der Schelhammer-Deal, steigt der Sazka-Anteil auf 42,5 Prozent. Für die Kontrolle brauchen Sie also die Novomatic mit ihren 17 Prozent. Haben Sie Syndikatsverträge mit ihr geschlossen?

Horák: Wir haben ein Abkommen mit Novomatic, das uns die Stimmrechte für ihre 17 Prozent einräumt. Dafür hat Novomatic eine Put-Option auf ihre Anteile: Wenn ihr etwa die Entwicklung der Casag missfällt, kann sie ihre Anteile an uns verkaufen, und wir müssen sie kaufen. Dieser Vertrag ist unbefristet, die erste Kündigungsmöglichkeit besteht nach fünf Jahren.

STANDARD: Und was ist nun Ihr Plan für die Casag?

Horák: Wir sind strategische Investoren in Glücksspielunternehmen, wollen aktiv im Management mitarbeiten und unsere Erfahrungen einbringen, weil wir glauben, dass die Casag noch wachsen kann.

STANDARD: Wen im Vorstand wollen Sie austauschen oder dazusetzen?

Horák: Es könnte sein, dass wir den Vorstand aufstocken – aber wir wollen das mit Ministerium und Novomatic diskutieren, niemanden zu etwas zwingen. Was das Geschäft betrifft, wollen wir das Verkaufssystem der Lotterien ändern. Die Kommission, die Trafikanten in Österreich für den Verkauf von Losen bekommen, ist jetzt ein fixer Prozentsatz. Wir wollen da ein Anreizsystem schaffen, damit die Trafikanten mehr verdienen, wenn sie mehr verkaufen und bestimmte Ziele erreichen. Auch bei den Rubbellosen sehen wir noch großes Potenzial, verglichen mit Italien oder Tschechien hinkt Österreich da nach. Für Details aber ist es zu früh.

STANDARD: Und Sie wollen die Casinos Austria International (CAI), die 2009 bis 2015 Verluste schrieb, verkaufen. Der neue Casag-Chef Alexander Labak hat im Sommer 2017 Teaser ausgeschickt, es gibt etliche Interessenten. Allerdings ist die Öbib gegen den Verkauf.

Horák: Wir kennen die genauen Zahlen der CAI noch nicht, grundsätzlich sehen wir diese Beteiligung aber nicht sehr positiv. Das ist eine Sammlung von Investments, die die Casag nicht aktiv managt – davon, dass die Casag über die CAI ihre Expansion betreibt und ihr Know-how ins Ausland bringt, kann nicht die Rede sein. Das ist ein Durcheinander aus Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen, Managementverträgen oder Investments in Immobilien, deren Finanzkennzahlen schlechter sind als die der Kasinos in Österreich. Fällige Anleihen konnten nicht refinanziert werden, die Casag musste einen Bankkredit von 150 Millionen Euro aufnehmen und an die CAI weiterreichen. Statt dass die Casag Dividenden kassiert, finanziert sie dieses internationale Abenteuer. Die CAI-Beteiligung zu halten war ein Fehler, der Verkauf würde Sinn ergeben. Aber wir sind nicht Alleinaktionäre, wenn Finanzministerium bzw. Öbib und Novomatic gegen einen Verkauf sind, werden wir nicht darauf bestehen. Die Casag hat seit Dezember eine Handvoll Interessenten an der Hand, der Aufsichtsrat prüft die indikativen Angebote, von denen wir übrigens positiv überrascht sind.

STANDARD: Novomatic-Chef Harald Neumann hat sinngemäß schon gesagt, dass die Casag die Auslandstochter CAI nicht brauche.

Horák: In den jüngsten Diskussionen dazu war Novomatic nicht mehr so definitiv. Vielleicht hat sie die Sicht der Öbib etwas umgestimmt. Wir müssen eruieren, wer was will. In zwei, drei Wochen können wir dann entscheiden: verkaufen oder behalten.

STANDARD: In der Hauptversammlung haben Sazka und Novomatic die Mehrheit ...

Horák: Aber es ist nicht unser Stil, Entscheidungen zu erzwingen.

STANDARD: Casag-Chef Labak hat sich den Unmut des Betriebsrats zugezogen, in einem Brief hat sich der über den strengen Führungsstil beschwert. Sazka, für deren Finanzdienstleister Home Credit Labak wie Sie einst gearbeitet hat, ist zufrieden mit ihm?

Horák: Wir haben über den Vorfall noch nicht mit ihm oder dem Betriebsrat gesprochen, daher will ich das nicht kommentieren. Labak ist sehr direkt und geradlinig, für die Casag ist sein Stil sicher eine große Umstellung. Aus meiner Sicht arbeitet der heutige Dreiervorstand jedenfalls besser zusammen als unter dem alten CEO, Karl Stoss.

STANDARD: Die Beziehung von Sazka zu Novomatic hat sich ziemlich verändert. Zunächst haben sie sich um die Anteile an der Casinos Austria gematcht, jetzt sind sie syndizierte Aktionäre.

Horák: Jetzt sind wir in der Casag Freunde und Partner, in Griechenland kooperieren wir mit Novomatic, und in anderen Ländern diskutieren wir eine weitere Zusammenarbeit. Wir sind eigentlich auch keine Konkurrenten, denn Sazka fokussiert sich aufs Lotteriegeschäft, Novomatic auf VLT und andere Automaten.

STANDARD: Genau das schürt die Vermutung, die Casag könnte filetiert werden. Novomatic will über Video-Lottery-Terminals Geschäft machen. Die Casag dürfte in den nächsten Jahren mehr als 6000 zusätzliche VLTs aufstellen, Sazka hat aber gar kein großes Interesse daran. Wird die Casag das VLT-Geschäft an Novomatic abtreten?

Horák: Ich kann mir das nicht vorstellen angesichts der wettbewerbsrechtlichen Vorgaben der Bundeswettbewerbsbehörde. Vorstellen kann ich mir punktuelle Kooperationen mit ein paar Spielhallen, mehr nicht.

STANDARD: Es gibt Befürchtungen, dass sich die Casinos Austria aus ihren Kultur- und Sportsponsoring-Aktivitäten zurückzieht, im Jahr geht es da um rund vier Millionen Euro. Gibt es diesbezügliche Pläne?

Horák: Die Casinos bleiben sicher ein großer Sponsor. Die Verteilung der Mittel kann sich ändern, so wie wir das in den anderen Ländern auch gemacht haben.

STANDARD: Sazka bereitet einen Börsengang (IPO) in London vor. Danach gehen Sie auf Einkaufstour?

Horák: Als börsennotierte Gesellschaft wird Sazka in die nächste Liga aufsteigen, wir werden dann noch größere Deals machen können. Außerdem sind börsennotierte Gesellschaften von den staatlichen Regulierungsbehörden besser akzeptiert, allein wegen ihrer Berichtspflichten und Transparenz. Für die Casinos Austria ändert der IPO nichts.(Renate Graber, 11.3.2018)