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Die regierenden Akteure – im Fall Österreichs Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache – beeinflussen die Zufriedenheit der Bürger mit Demokratie an sich.

Foto: AP/Ronald Zak

Im November dieses Jahres jährt sich die Ausrufung der Republik in Österreich zum hundertsten Mal. Doch obwohl das demokratische Gemeinwesen heute in Österreich wesentlich stärker etabliert ist, als es zu Zeiten der Ersten Republik je war, fallen zeitgenössische Diagnosen über den Zustand der Demokratie oft sehr nüchtern aus.

Studien des Sora-Instituts aus den letzten Jahren (hier und hier etwa) zeigen tatsächlich besorgniserregende Tendenzen. So ist der Anteil jener Personen, die die Demokratie als die beste Regierungsform ansehen, in den letzten zehn Jahren gesunken. Ebenso die Zustimmung zu einem "starken Führer, der sich nicht um ein Parlament und Wahlen kümmern muss" (siehe hier und Seite 6 und 7 in dieser Präsentation). Geht man davon aus, dass bei diesen Fragestellungen ein gehöriges Maß an Verzerrung durch soziale Erwünschtheit hinzukommen kann, dann müssen diese Trends tatsächlich Sorge bereiten.

Es ist aber wichtig zu trennen zwischen jenem Teil der Demokratie-Unzufriedenheit, die sich gegen das System als solches wendet, und jenem Teil, der sich gegen die gerade regierenden Akteure und ihre Politik richtet – einmal ganz abgesehen von jenen Personen, die unzufrieden sind, weil sie sich andere Formen der Demokratie, etwa mehr direkte Mitbestimmung, wünschen.

An der Autnes-Online-Panelstudie 2017, die in mehreren Wellen dieselben Personen befragte, kann man schön ablesen, wie sich Änderungen in der Regierungszusammensetzung auf die Zufriedenheit mit der Demokratie auswirken – ohne dass sich an den Politikoutputs substanziell etwas geändert hätte.

Die Grafik unten zeigt die Netto-Zufriedenheit mit der Demokratie nach Parteipräferenz zu drei Zeitpunkten: Juni 2017, Oktober 2017 (kurz vor der Wahl) und Dezember 2017 (rund um und unmittelbar nach der Regierungsbildung).

Für manche Wählergruppen gibt es nur geringe Schwankungen. Grünen- und Liste-Pilz-Wähler etwa sind über den Befragungszeitraum ähnlich zufrieden. Bei den Neos gibt es einen starken Anstieg in der Zufriedenheit zwischen Juni und Oktober, wobei sich dafür keine Erklärung unmittelbar aufdrängt.

Bei den anderen Parteianhängern sehen wir aber, wie sich das Wahlergebnis und die Regierungsbildung selbst niederschlagen. Die Netto-Zufriedenheit von FPÖ-Wählern steigt zwischen Oktober und Dezember um nicht weniger als 46 Prozentpunkte, bei ÖVP-Wählern sind es immerhin 26 Prozentpunkte. Demgegenüber sinkt die Zufriedenheit im roten Lager um zehn Punkte.

Bei aller Wachsamkeit, die aufgrund von steigender Demokratieskepsis erforderlich ist, sehen wir also, dass hinter der Unzufriedenheit mit der Demokratie nur zum Teil Unzufriedenheit mit der Regierungsform selbst steckt. Ein guter Teil lässt sich durch die regierenden Akteure erklären. Und die – das ist ja das Wesen der Demokratie – sind nur auf Zeit im Amt. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 14.3.2018)