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Erneut ausgebremst wurde die geplante Änderung der Rücktrittsrechte bei Lebensversicherungen. Eine Neuregelung bis zum Sommer ist nun das Ziel.

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Wien – Rund um die geplante Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes gehen nun die Wogen hoch. Mit dem Gesetz hätten unter anderem die fünf Rücktrittsrechte vereinheitlicht und das ewige Rücktrittsrecht eingeschränkt werden sollen. Vor allem Anlegeranwälte, Konsumentenschützer und Prozessexperten warnen vor einer Schlechterstellung der Konsumenten.

Diese Kritik stößt der Versicherungswirtschaft freilich sauer auf. Sie verweist darauf, dass das mitunter just jene Gruppen seien, die mit der derzeitigen Situation Geschäft machen. Der Versicherungsverband VVO spricht in einer Aussendung diesbezüglich von "Eigeninteressen geleiteter Polemik" – eine fachlich-sachliche Diskussion laufe derzeit laut VVO jedenfalls nicht ab.

Derzeit können Kunden, wie berichtet, auch von ihrem Vertrag zurücktreten, wenn dieser bereits erfüllt (also gekündigt oder ausbezahlt) wurde. Voraussetzung dafür ist, dass die Kunden über ihre Rücktrittsrechte falsch belehrt worden sind. In diesem Zusammenhang sind bei Anlegeranwälten offenbar noch viele Fälle offen. Sie rufen auch laufend dazu auf, sich zu melden, um gegebenenfalls Ansprüche anzumelden.

Nun muss sich aber auch die Versicherungswirtschaft einen harten Vorwurf gefallen lassen. Der Verein zum Schutz von Anlegerinteressen (VSA), ein Spezialist für Sammelklagen und Prozessfinanzierer, hat einen offenen Brief an die Mitglieder des Nationalrats geschickt. In dem wird ein Jurist, der beim VVO arbeitet, als Autor jenes Gesetzesentwurfs genannt, der heute, Mittwoch, im Parlament eingebracht hätte werden sollen.

Vom Standard auf diesen Vorwurf angesprochen, sagt der Jurist, dass er weder den Vorwurf noch das gegenständliche Dokument kennt. Es sei aber nicht unüblich, dass ein Interessenverband bei einer geplanten Gesetzesänderung um einen Kommentar oder eine Überprüfung des Textes gebeten werde.

In Oppositionskreisen wird hingegen bereits gepoltert, dass es nicht sein könne, dass sich eine Branche ihre Gesetze selber mache. Wenn dem wirklich so sei, wäre das zu kritisieren.

Angeprangert wird vom VSA wie auch von Peter Kolba von der Liste Pilz auch die Art, wie die Gesetzesänderung auf den Weg gebracht hätte werden sollen. Denn da diese bisher auf keiner Tagesordnung aufgetaucht und von der neuen Regierung kein Thema gewesen sei, "muss man davon ausgehen, dass das als Abänderungsantrag zum auf der Agenda stehenden Versicherungsvertriebsrechts-Änderungsgesetz in der zweiten Lesung im Parlament durchgewunken hätte werden sollen", sagte Kolba zuletzt.

Doch auch Kolba muss von der Versicherungswirtschaft Kritik einstecken. Der ehemalige Chefjurist vom Verein für Konsumenteninformation hatte vor seiner Tätigkeit für die Liste Pilz die Plattform für Sammelaktionen bei Massenschäden – Cobin Claims – mitgegründet. Dass Kolba in Newslettern jetzt darauf verweise, dass sich Betroffene bei Cobin Claims melden sollen, habe auch einen Beigeschmack, heißt es.

All das ist aber ohnehin nur "ein Sturm im Wasserglas", wie die FPÖ am Dienstag mitteilte. Denn eine "Gesetzesvorlage im Eiltempo" werde es sicher nicht geben. Der Abänderungsantrag ist damit vom Tisch. "Wir lassen uns bei diesem Thema nicht drängen", heißt es seitens des Koalitionspartners. Ziel ist nun eine Neuregelung bis zum Sommer. Sichergestellt gehörte dabei, dass Kunden etwa bei einer Schädigung infolge einer falschen Beratung auch zukünftig zu ihrem Recht kommen. "Uns ist der Konsumentenschutz heilig", stellt der Konsumentenschutzsprecher der FPÖ, Peter Wurm, klar.

Die Reaktion der FPÖ war mit Interesse erwartet worden. Denn als die SPÖ-ÖVP-Regierung im Herbst die Gesetzesänderung auf den Weg bringen wollte, war die FPÖ strikt dagegen.(Bettina Pfluger, 20.3.2018)