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Mark Zuckerberg entschuldigt sich in der Affäre um mutmaßlichen Datenmissbrauch durch Cambridge Analytica.

Foto: AP / Marcio Jose Sanchez

Nach tagelangem Schweigen hat sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg bei den mehr als zwei Milliarden Nutzern seines Netzwerks für den gigantischen Datenmissbrauch durch eine britische Datenanalysefirma entschuldigt. Er räumte seine persönliche Verantwortung und "Fehler" des Unternehmens ein und entschuldigte sich am Mittwochabend in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN.

"Das war ein großer Vertrauensbruch und es tut mir wirklich Leid, dass das passiert ist", sagte Zuckerberg. Facebook sieht sich wegen des Skandals mit Untersuchungen von Aufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien konfrontiert. Zudem wollen mehrere Parlamente den Unternehmenschef dazu befragen. Zuckerberg erklärte sich bereit, vor Mitgliedern des US-Senats auszusagen.

Keine Details

Welche Fehler genau gemacht wurden, erklärte der Manager nicht. Er kündigte aber eine Überprüfung der Software von anderen Anbietern auf Facebook an. Zudem solle der Zugang dieser Entwickler beschränkt werden. Geplant sei auch eine Funktion, mit der Facebook-Mitglieder den Zugang zu ihren Daten unterbinden könnten.

Auch Sheryl Sandberg, Nummer zwei bei Facebook, äußerte sich: "Ich bedauere zutiefst, dass wir nicht genug dagegen unternommen haben." Der Aktienkurs des Unternehmens war nach Bekanntwerden des Skandals auf Talfahrt gegangen.

CNN

Das Unternehmen sieht sich wegen des Skandals mit Untersuchungen von Aufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien konfrontiert. Zudem wollen mehrere Parlamente den Unternehmenschef dazu befragen.

Zuckerberg zeigte sich zuvor auch in einem Posting auf seinem Facebook-Account zerknirscht: "Ich bin letztlich dafür verantwortlich, was auf unserer Plattform geschieht", schrieb er auf seiner eigenen Facebook-Seite. Sein Unternehmen habe "Fehler" begangen und einen "Vertrauensbruch" im Verhältnis zu seinen weltweit zwei Milliarden Nutzern verursacht. Facebook wolle "aus dieser Erfahrung lernen" und sein Online-Netzwerk sicherer für die Nutzer machen.

Der Facebook-Chef meldete sich erst mit viertägiger Verzögerung persönlich zu dem Skandal zu Wort. Sein Schweigen war zuvor kritisiert worden. Zeitungen hatten am Wochenende berichtet, die britische Datenanalysefirma Cambridge Analytica habe mittels einer App die Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Nutzern abgefischt und daraus ohne Wissen der Nutzer Persönlichkeitsprofile für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump erstellt.

Zuckerberg sagte dazu, er "habe daran gearbeitet, zu verstehen, was genau passiert ist, und wie sicherzustellen ist, dass dies nicht mehr passiert." Facebook habe schon den vergangenen Jahren Schritte ergriffen, um die missbräuchliche Datenabschöpfung durch Apps zu unterbinden. Weitere Reformen sollten nun folgen. Zuckerberg nannte unter anderem eine für die Nutzer deutlich sichtbare Funktion, die ihnen anzeige, welchen Apps sie die Verwendung ihrer Daten erlaubt haben.

Facebook sah sich selbst betrogen

Vor Zuckerbergs persönlicher Erklärung hatte Facebook noch eine Stellungnahme veröffentlicht, in dem es die Schuld an dem Datenmissbrauch vor allem Cambridge Analytica zuwies. Facebook sei "entrüstet", das Unternehmen sei "betrogen" worden, hieß es darin.

Die britische Zeitung "Observer" hatte allerdings berichtet, dass Facebook schon im Jahr 2015 von dem massiven Abfischen von Nutzerdaten durch Cambridge Analytica erfahren habe. Facebook habe damals die betroffenen Nutzer nicht informiert und auch "nur begrenzte Schritte" ergriffen, die Nutzerdaten zurückzuholen und abzusichern.

In den USA nahm laut Medienberichten die Handelsaufsichtsbehörde FTC Untersuchungen zu dem Skandal auf. In den Bundesstaaten New York und Massachusetts teilten die Staatsanwaltschaften mit, schriftlich Aufklärung von Facebook eingefordert zu haben.

Prüfung in London

Auch die britische Datenschutzbehörde nimmt das Verhalten von Facebook unter die Lupe. Sie prüfe, inwiefern Facebook die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten und ob das Unternehmen "angemessen reagiert" habe, als die Dinge aus dem Ruder gelaufen seien, sagte Behördenchefin Elizabeth Denham.

Zudem wird Facebook durch parlamentarische Untersuchungen unter Druck gesetzt. Europaparlamentspräsident Antonio Tajani teilte im Kurzbotschaftendienst Twitter mit, das Parlament habe Zuckerberg "eingeladen". Er müsse "vor den Vertretern von 500 Millionen Europäern klarstellen, dass persönliche Daten nicht dazu benutzt werden, um Demokratie zu manipulieren". "Wir sind der wichtigste Markt und wir sind Gesetzgeber", sagte Tajani am Donnerstag beim EU-Gipfel in Brüssel. Ein Fernbleiben wäre "ein großer Fehler", findet er deutliche Worte.

Der ÖVP-Europaabgeordnete Heinz Becker begrüßte Tajanis Einladung an Zuckerberg. "Seit 2011 wissen die Verantwortlichen laut dem Datenschutzaktivisten Max Schrems von der Sicherheitslücke, die Cambridge Analytics 2016 zum groß angelegten Datenmissbrauch im US-Wahlkampf genutzt hat. Lauwarmes Lamentieren von Herrn Zuckerberg ist als Reaktion auf dieses Versagen keine ausreichende Reaktion", sagte Becker.

Bei manchen Kampagnenexperten aus Großbritannien handle es sich "um skrupellose und hochgefährliche Kriminelle. Sie beschädigen nicht nur die Demokratie sondern zerstören auch Menschenleben".

Konsequenzen bei Cambridge Analytica

In London erklärte der Vorsitzende des Unterhausausschusses für Digitales und Medien, Damian Collins, dass er Zuckerberg in einem Schreiben zur Aussage vor dem Gremium aufgefordert habe. Auch Mitglieder des US-Senats wollen den Facebook-Chef in ihrer Kammer aussagen lassen.

Cambridge Analytica suspendierte unterdessen seinen Geschäftsführer Alexander Nix. Er werde mit sofortiger Wirkung während einer "vollumfänglichen, unabhängigen Ermittlung" von seinen Aufgaben entbunden, teilte die Firma am Dienstag mit. Die Suspendierung wurde nicht mit der Verwendung von Facebook-Daten begründet, sondern damit, dass Nix in heimlich vom Sender Channel 4 mitgeschnittenen Gesprächen unter anderem damit geprahlt hatte, Politiker übers Ohr zu hauen.

Auch die deutsche Bundesjustiz- und Verbraucherschutzministerin Katarina Barley verlangt von Facebook eine Erklärung zum Skandal um millionenfach angezapfte Nutzerprofile. "Das europäische Facebook-Management muss zu diesem Skandal umfassend gegenüber der Bundesregierung Stellung beziehen", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Donnerstag. (APA, red, Reuters, 22.3.2018)