Die Zahl der Schanigärten in Wien steigt von Jahr zu Jahr.

Grafik: Standard

155 Schanigärten hielten im Winter offen.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien – Die Stehtische vor dem Lokal mussten schlussendlich dem Christbaum weichen. Das erzählt Wolfgang Binder. Er betreibt das Café Frauenhuber in der Himmelpfortgasse in der Inneren Stadt, jenes Kaffeehaus, das damit wirbt, das älteste Wiens zu sein. Binder entschied sich heuer für einen Winterschanigarten. Er wählte die Variante, die jeweils einen Stehtisch links und rechts vom Lokaleingang vorsieht. Sie muss nicht bewilligt, sondern lediglich gemeldet werden. Weil aber "marketingmäßig", wie Binder sagt, der Christbaum mehr Kunden anzog, waren die Stehtische bald wieder weggeräumt.

Binder ist Wirtschaftskammer-Interessenvertreter für die Sparte Kaffeehäuser. Sein Lokal ist eines von 155 wienweit, die heuer einen Winterschanigarten aufstellten. Im Schanigarten sitzen im Dezember, Jänner und Februar – das war nun erstmals durchgängig möglich. Der Gemeinderat hatte 2016 gegen den Widerstand der Opposition beschlossen, dass Gastronomen auch im Winter Gäste im Freien bewirten können.

Drei Varianten

Die Regelungen machen drei Varianten für Winter-Schanigärten möglich: Variante A ist die oben beschriebene. Eine Bewilligung brauchen Wirte bei Variante B, wenn sie im Winter einen kleinen Gastgarten entlang der Hausmauer errichten wollen. Eine spezielle Regelung ist für Gastronomen in Fußgängerzonen vorgesehen: Dort kann auf zehn Prozent (aber maximal zwölf Quadratmetern) der Freifläche, auf der im Sommer Lokalbetrieb herrscht, ein Winter-Schanigarten aufgestellt werden (Variante C).

Aktuelle Daten der Stadt Wien, die dem STANDARD vorliegen, zeigen, dass sich der Großteil der Winterschanigärten in den Bezirken innerhalb des Gürtels befand. Viele Gastronomen wandten sich an Touristen, die das Sitzen im Freien im Winter aus ihrer Heimat kennen. Am häufigsten entschieden sich Gastronomen für Variante A, nämlich 99-mal. Für Variante B gab es 49 Bewilligungen. Variante C wurde lediglich siebenmal in Anspruch genommen.

Mit der Regelung, die seit Jänner 2017 in Kraft ist, wurde auch die Gebühr erhöht. Für Schanigärten in Toplage (Zone 1) sind 20 Euro pro Quadratmeter und Monat fällig. Bisher waren es 7,50 Euro. Gebühren für hochfrequentierte Lagen (Zone 2, zehn Euro) und für das restliche Gebiet (Zone 3, zwei Euro) wurden verdoppelt.

Die Zonenregelung gilt auch für die Sommermonate. Auch hier liegen dem STANDARD aktuelle Zahlen vor. 2017 gab es einen neuen Rekordwert: Wienweit wurden 3530 Schanigärten aufgestellt – Sommer- und Wintermonate zusammen. Im Vorjahr waren es 3194.

"Nicht praxisnah"

Die für die Schanigärten in Wien zuständige Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) ist zufrieden mit dem Modell, das die Interessen der Anwohner, Bezirke und der Gastronomen unter einen Hut bringe. Wirtschaftskammervertreter Binder, der den Christbaum den Stehtischen vorzog, sind vor allem die lediglich sieben Schanigärten der Variante C ein Dorn im Auge. Die Lokalbetreiber sind nämlich verpflichtet, die Möbel um 23 Uhr wegzuräumen. Das sei "nicht praxisnah", weil die Lokale keine Verstauungsmöglichkeiten hätten. Er fordert, den Gastronomen zu vertrauen, dass sie sich trotz Schanigärten um die Schneeräumung kümmern.

Einen Dämpfer könnte die Statistik durch das kürzlich beschlossene Aus des Rauchverbots erhalten. Die Forderungen nach den Winterschanigärten war insbesondere deshalb gestellt worden, um für Raucher eine Möglichkeit im Freien zu schaffen. Brauner sieht aber keine Veranlassung, das Gesetz deswegen wieder zu adaptieren: "Das Kippen des Rauchverbots durch Schwarz-Blau bedroht ausschließlich die Gesundheit zahlreicher Wiener und Gastro-Angestellten." (Rosa Winkler-Hermaden, 24.3.2018)