Karriere-Stillleben in einem ORF-Büro: In der Karwoche schreibt ORF-General Alexander Wrabetz die mächtigen neuen Channel-Manager für ORF 1 und ORF 2 aus. Kandidaten dafür könnten bald auch noch eine Etage höher landen im ORF.

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Wien – Kraftfahrer sucht der Bundeskanzler per Inserat, Studenten, Eltern, Familien und Konsumenten. Sie sollen ab Mai in einem nicht sehr wirkungsvollen ORF-Gremium Platz nehmen. Und doch ruht auf ihren Schultern die türkis-blaue Aussicht auf volle Kontrolle über den ORF.

Wie das? Der Bundeskanzler sucht sich aus Vorschlägen von Interessenorganisationen von ÖAMTC bis Kuratorium Wald 17 Mitglieder des ORF-Publikumsrats aus – also die Mehrheit dort.

Dieser Publikumsrat hat nur eine wirklich wirksame Kompetenz: Er bestellt mit Mehrheit aus seinen Reihen sechs Mitglieder für den ORF-Stiftungsrat. Der entscheidet über die Führung, über Rundfunkgebühren, über Budgets und Programmschemata und alle wesentlichen unternehmerischen Fragen von Österreichs weitaus größtem Medienkonzern ORF.

Solange es Stiftungsrat und Rundfunkgebühren noch gibt – die Regierung überlegt eine ORF Aktiengesellschaft daraus zu machen, finanziert aus dem Bundesbudget.

Vorstandssprecher Wrabetz

Mit den gleich eingewechselten Mandaten von Regierung und Parteien haben ÖVP und FPÖ schon eine Mehrheit im Stiftungsrat. Mit den sechs neuen Räten des Publikumsrats kommen Bürgerliche und Freiheitliche ab Mai auf eine Zweidrittelmehrheit im Stiftungsrat. Mit der können sie auch den amtierenden ORF-Generaldirektoren ablösen. Das ist jedenfalls ein praktisches Druckmittel.

Um Ablöse scheint es vorerst nicht zu gehen: ORF-Chef Alexander Wrabetz sprach im Stiftungsrat am Donnerstag laut Ohrenzeugen von einem künftigen Vierervorstand (statt General und Direktoren) nach einem neuen ORF-Gesetz. Wrabetz klang, als würde er dem ORF-Vorstand angehören. Womöglich als Sprecher oder Vorsitzender, sagen regierungsnahe ORF-Räte. Das neue ORF-Gesetz dürfte erst 2019 in Kraft treten.

Gleich indes stellt Wrabetz das ORF-Fernsehen und seine selbstbewusste TV-Information unter neue Führung: Seine "Organisationsanweisung" über sehr mächtige und eigenständige Senderchefs für die Hauptprogramme ORF 1 und ORF 2 samt zwei Channel-Chefredakteuren und Programmplanern sollte am Freitag nach letzten Gesprächen mit dem – bisher ablehnenden – Betriebsrat versandt werden. DER STANDARD veröffentlichte Donnerstag eine mit Freitag datierte Version.

Budget- und Programmverantwortung

Die Anweisung überantwortet den Channel-Managern Budget, Programm, Infoprofil und Sendungen. Die Channel Chefredakteure sind "im Rahmen der journalistischen Unabhängigkeit weisungsfrei, darüber hinaus fachlich den Channel Managern unterstellt", disziplinär ohnehin.

Den Chefredakteuren unterstehen disziplinär wie fachlich die Mitarbeiter, Ressort- und Ressortleiter. Die TV-Information wird auf die Channels aufgeteilt. Fritz Dittlbachers Funktion als TV-Chefredakteur gibt es nicht mehr.

Fernsehdirektorin Kathrin Zechner wird zur Programmdirektorin degradiert. Mit ihr müssen die Channel-Manager jährlich ihre Programme "abstimmen", sie haben das Budget für Produktionen von Zechners Programmabteilungen. Die Informationsangebote sind mit dem ORF-General abzustimmen. Ihm sind die Channel-Manager disziplinär unterstellt.

Mit Mai tritt die neue Struktur in Kraft. Kommende Woche will ORF-Chef Wrabetz Channel-Manager, -Chefredakteure und -Programmplaner ausschreiben.

Als Channel-Manager von ORF 2 werden Alexander Hofer (Seitenblicke, Guten Morgen Österreich) und Roland Brunhofer (ORF-2-Tageschronik) gehandelt, als Chefredakteur Matthias Schrom (ZiB). Wolfgang Geier (ZiB) als Chefredakteur von ORF 1 und die derzeitige Infochefin dort als Channel-Managerin, Lisa Totzauer, Sie könnte mit einem neuen ORF-Gesetz, wie etwa Chefproducer Roland Weissmann, auch eine Etage höher landen, im Vorstand.

ORF-Außenministerin

Noch einen Job schreibt Wrabetz nun aus: die Leitung einer Stabstelle für Public Affairs. Der einschlägige Branchenverband beschreibt das als "Außenpolitik" von Unternehmen. Den Job soll nach Infos des STANDARD Christine Lackner übernehmen, bis 2016 Büroleiterin von Wrabetz' bürgerlichem Gegenkandidaten um den Job des ORF-Chefs, Richard Grasl, und sehr zeitgemäß vernetzt in diesen türkis-blauen Zeiten. (Harald Fidler, 24.3.2018)