Die Pastiera, ohne die in Neapel kein Osterfest stattfindet, ist eine Kreuzung aus Pastete und Kuchen und – wie manche behaupten – die Quintessenz der italienischen Backkunst. Legenden ranken sich genug um diese Spezialität.

Neptuns Geschenk

An der neapolitanischen Küste arbeiteten die Männer früher oft als Fischer. Eine gefährliche Arbeit, von der nicht alle zurückkehrten. Die Frauen begleiteten die Männer abends zum Meer, dessen Herrscher Neptun sie mit Opfergaben besänftigen wollten: mit kandierten Früchten, Weizen, Ricotta und Eiern. Als die Frauen eines Morgens zum Meer kamen, hatte Neptun die Zutaten zu einer göttlichen Speise gemischt: Die Körbe waren voll mit Pastiera.

Foto: Alessandra Dorigato

Die Königin, die endlich lächelt

Heute ist der Kuchen das Symbol des Frühlings und der Wiederauferstehung und in Neapel untrennbar mit Ostern verbunden. Schon die ständig kränkelnde und griesgrämige Maria Theresia, die Frau des neapolitanischen Bourbonenkönigs Ferdinand II., war von der Pastiera beeindruckt. "Die Königin, die niemals lächelt", so der Volksmund, soll nach einem Stückchen Pastiera zum ersten Mal in der Öffentlichkeit gelächelt haben.

Rezeptvarianten

Die Rezeptur der Pastiera ist wohl in einem neapolitanischen Kloster entstanden. Damals war die Füllung ungesüßt und der Weizen nicht vorgekocht, sondern sehr lange eingeweicht. Konditoren prägten die moderne Variante und ergänzten die Füllung mit Crema Pasticcera, die den Kuchen saftiger macht. Ein Detail, das Puritaner nicht schätzen. Ich folge hier dem Rezept von Ada Boni, ihre Kochbücher gelten in Italien als kulinarische Bibeln.

Die Pastiera napoletana nach dem Rezept von Ada Boni.
Foto: Alessandra Dorigato

Zutaten (für eine Springform von 25 cm, circa zehn Kuchenstücke)

 Für den Teig

  • 300 g glattes Mehl
  • 150 g kalte Butter, gewürfelt
  • 3 Eier
  • 150 g Staubzucker
  • 1 Prise Salz

Für die Füllung

  • 250 g vorgekochter Weizen (entspricht 70 g Weizen getrocknet)
  • 500 g Ricotta
  • 350 g Staubzucker
  • 500 ml Milch
  • 6 Eier
  • 200 g kandierte Früchte, gehackt
  • 2 Bio-Zitronen, abgezogene Schale
  • 2 Prisen Zimt
  • 1 Prise Salz
Foto: Alessandra Dorigato

Zubereitung

Weizen: 80 g Weizenkörner fünf Tage lang einweichen. Dabei das Wasser morgens und abends wechseln. Dann abspülen und in einem Topf in etwa 800 ml Wasser zum Kochen bringen, bei niedriger Hitze eine Stunde zugedeckt kochen. Vom Herd nehmen und in eine Decke gewickelt 24 Stunden ziehen lassen. Den Weizen danach gut spülen, um die Lippa (stärkehaltiges Gelee) zu entfernen. Oder: In Neapel gibt es vorgekochten Weizen in Dosen zu kaufen. Vielleicht bringt Ihnen jemand eine mit? Diesen vorgekochten Weizen in kaltem Wasser aufsetzen und circa 15 Minuten kochen, abtropfen lassen. 

Teig: Alle Zutaten vermengen und zügig zu einem Mürbteig verkneten. In Frischhaltefolie wickeln und mindestens eine halbe Stunde im Kühlschrank rasten lassen.

Füllung: Milch in einem Topf erhitzen. Von den Bio-Zitronen die gelbe Schale dünn abziehen. Gekochten Weizen, Zitronenschalen, 1 TL Zucker und 1 Prise Zimt in die Milch geben und bei niedriger Flamme zugedeckt solange kochen, bis die Flüssigkeit aufgesaugt ist. Die Masse zum Abkühlen auf einen Teller geben und die Zitronenschalen entfernen. Eier trennen und Eiweiß steif schlagen. Den Ricotta durch ein feines Sieb in eine Rührschüssel streichen und mit dem restlichen Staubzucker cremig rühren. Nun nach und nach die Dotter, 1 Prise Zimt, Salz, die kandierten Früchte und den abgekühlten Weizen unterrühren. Zuletzt das Eiweiß vorsichtig unterheben.

Backofen auf 180 Grad Celsius vorheizen. Eine Springform mit weicher Butter einfetten und mit Mehl ausstäuben. Den Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche etwa fünf Millimeter dick ausrollen. Mit circa zwei Drittel des Teiges die Form auskleiden, mit einer Gabel den Boden mehrmals einstechen. Den restlichen Teig in daumenbreite Streifen schneiden. Die Füllung auf den Teigboden geben, mit den Teigstreifen ein Gitter darüber legen. Die Pastiera bei 180 Grad Celsius circa 45 Minuten backen, bis die Füllung gestockt und der Kuchen goldgelb ist. In der Backform auskühlen lassen. 

Zur Pastiera schmeckt ein Glas Marsala oder Passito di Pantelleria. Auch Schlagobers oder Crema Pasticcera harmonieren gut.

Foto: Alessandra Dorigato

Buon appetito! 

Foto: Alessandra Dorigato

Lust auf noch mehr Süßes? Seit Ende des 19. Jahrhunderts gilt der Budino als eine der beliebtesten Nachspeisen Italiens. (Alessandra Dorigato, 27.3.2018)

Weitere Beiträge von Alessandra Dorigato