Als Jesus an einem Freitagnachmittag vor rund 2000 Jahren auf Golgota ans Kreuz geschlagen wird, tritt eine dreistündige Finsternis ein. Um die neunte Stunde stirbt er. Am Sonntag darauf wird Jesus Christus von den Toten auferstanden und seinen Jüngern erschienen sein. Außerdem wird er die Welt erlöst haben.

Dieser zentrale Inhalt christlicher Glaubenslehre stößt bei den allermeisten Menschen zumindest auf Skepsis, wenn nicht glatte Ablehnung. In der STANDARD-Osterumfrage 2017 gaben nur 28 Prozent der Österreicher an, an Gott zu glauben. Dafür waren 58 Prozent überzeugt, dass es Schutzengel gebe. Und immerhin elf Prozent sagten, dass sie an Feen glauben.

Ob das nun als bedauerlich oder grandios empfunden wird, ist eine Frage des Standpunkts. Jedenfalls ist es von hier aus nicht mehr weit bis zu dem von der öffentlichen Hand mit 95.000 Euro finanzierten "Energieschutzring" um einen Krankenhausbau im Norden Wiens. Anders gesagt: Geglaubt wird immer, egal was. Im Laufe der Jahre haben sich nur die Institutionen und die Preise der Sinnstiftung geändert. Ihre "transzendentale Obdachlosigkeit" wird den unbehüteten Menschen nicht mehr durch fromme Paradiesgläubigkeit, sondern durch energiewirksame Edelsteine, Pendel, lebendes Wasser und, ja, Aluhüte genommen.

Vorsehung oder Zufall

Neu ist heuer, dass sich der Übergang vom christlichen zum esoterischen Glauben in der Karwoche besonders gut beobachten lässt. Das mag mit Vorsehung zu tun haben, mit Zufall oder gar Ironie und für Eingeweihte vielleicht sogar mit Fengshui. Nicht neu ist, dass sich die Zeitgenossen im Gegensatz zu Nietzsches "tollem Menschen", der am helllichten Tag mit einer brennenden Laterne Gott sucht, bis heute nicht wirklich im Klaren sind, was es bedeutet, dass "Gott tot ist und wir alle seine Mörder" sind.

Der tolle Mensch wusste, dass ihm daraus Verantwortung erwachsen würde. Er konnte sich nicht mehr gottergeben seinem Schicksal überlassen. Statt das Geschickte anzunehmen, musste er sich selbst anschicken, die Dinge zu erledigen. Bei dieser Last auf den Schultern des gänzlich untollen modernen Menschen mag eine Energiepyramide da und dort nicht schaden. Und so ist es sicher auch zu erklären, dass niemand im unter schwerer Verantwortung stöhnenden Rathaus etwas daran fand, sicherzustellen, dass es beim KH Nord energetisch flutscht. Gott ist tot, aber der Mammon lebt. Man muss sich nur zu helfen wissen. (Christoph Prantner, 25.3.2018)