Um festzustellen, ob Apps einen Nutzen haben, sollte sie wissenschaftlichen Studien unterzogen werden.

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Schritte, Herzfrequenz, Schlafrhythmus und Monatszyklus: Es gibt nichts, was das Smartphone nicht schon am Display hat. Mehr als 1,2 Millionen Health-Apps stehen weltweit zum Download bereit. Die meisten Angebote fallen derzeit in den Bereich Fitness und Lifestyle.

Doch zunehmend verlagert sich der Markt in Richtung "ernsthafte Medizin". Es geht um die verlässliche Messung und laufende Überwachung von Vitalfunktionen wie Herzfrequenz, Blutdruck, Augeninnendruck, Hirnströme, Lungenfunktion. Man braucht dazu nicht viel: einen Sensor und Software, manchmal ein Zusatzgerät.

Sensoren gibt es bereits in zahlreicher Ausstattung: in Kreditkartenformat, als Klebepflaster, Kopfhörer oder sogar Kontaktlinse. Als Lesegerät dient das Smartphone, das die meisten Menschen praktischerweise sowieso immer bei sich haben. Im Gegensatz zu einer Momentaufnahme in der Arztpraxis können Funktionen damit über einen längeren Zeitraum überwacht werden. Werden Grenzwerte überschritten, löst das System einen Alarm aus.

"Serious Health"

Im Gegensatz zu schlichten Tracking-Armbändern spricht man nun von "Serious Health". Mit diesen Anwendungen will man diagnostischen oder therapeutischen Anforderungen entsprechen. Aber wie verlässlich sind diese Health Apps wirklich? Behörden und Konsumentenschützer warnen immer wieder davor, dass Health Apps Nutzer verwirren, fehlinformieren oder in falscher Sicherheit wiegen könnten.

2016 wurde im Auftrag des deutschen Gesundheitsministeriums die Studie "Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps – Charismha" veröffentlicht. Darin wurden mehr als 100.000 Gesundheits-Apps identifiziert. Das Fazit: Für Bürger, aber auch für Ärzte ist es nicht einfach, zwischen guten und schlechten Angeboten zu unterscheiden.

Nötig sind klare Qualitäts- und Sicherheitsstandards. Ist der Zweck der App die Überwachung oder Behandlung einer Krankheit, dann wäre es theoretisch als Medizinprodukt einzustufen und würde bestimmen Qualitätskriterien – dazu zählt etwa eine Kennzeichnung entsprechend EU-Verordnung – unterliegen.

Ein diesbezügliches Vorzeigeprojekt ist etwa mySugr, ein App-basiertes Versorgungspaket für Diabetiker. Das Unternehmen, ein österreichisches Start-up, das 2017 von der Firma Roche übernommen wurde, ist ein zertifizierter Medizinproduktehersteller nach internationalen Normen. Das Unternehmen mit Sitz in Wien und San Diego beschäftigt heute 47 Mitarbeiter. Die App ist in 52 Ländern und 13 Sprachen erhältlich und sowohl in Europa als auch in den USA als Medizinprodukt zugelassen.

Das Unternehmen betont, dass es hohe Anforderungen an die Sicherheit und Zuverlässigkeit erfüllt sowie den Schutz der Daten garantierten kann. Das ist für manche sensiblen Gesundheitsdaten auch essenziell: etwa für die Safe App, mit der User ihren HIV-Status potenziellen Sexpartnern elektronisch übermitteln können.

Vorhersagen treffen

Um festzustellen, ob eine App zuverlässig ist und tatsächlich einen Nutzen hat, sollte sie jedenfalls wissenschaftlichen Studien unterzogen werden. An der Klinik für Epileptologie an der Universität Bonn läuft gerade das Forschungsprojekt EPItect. Mithilfe eines In-Ohr-Sensors sollen epileptische Anfälle vorhergesagt werden. Gemessen werden fünf verschiedene Parameter: Pulsfrequenz, Herzratenvariabilität, Körpertemperatur, Sauerstoffsättigung und die Bewegung im Raum.

Diese Daten werden ausgewählten Personen – zum Beispiel den Ärzten oder den Eltern junger Patienten – aufs Smartphone gesendet. In dem Projekt werden neue Modelle zur Vorhersage von Anfällen entwickelt und die Alltagstauglichkeit getestet. Ein ganz besonderes Augenmerk, so betonen die Forscher, wird auf den Schutz der sensiblen Daten gelegt. (Andrea Fried, CURE, 8.6.2018)