Der Wiener Praterstern gilt als sozialer Brennpunkt. Betrunkene, die sich dort aufhalten, werden von Passanten als störend empfunden.

Foto: Heribert Corn

Wien – Seit Jahren fordert die FPÖ in Wien ein Alkoholverbot auf dem Verkehrsknotenpunkt Praterstern. Am Sonntag startete Wolfgang Seidl, der freiheitliche Bezirksparteichef in der Leopoldstadt, einen neuen Anlauf: "Grüne und SPÖ, die bisher immer die Interessen der Trinker vertraten", sollten nach den Vorkommnissen der jüngsten Vergangenheit "ihre Position überdenken".

Für die ÖBB wäre ein Alkoholverbot auf dem Praterstern ein gangbarer Weg. Aber nur, "wenn auch die Stadt Wien mitzieht", wie es Sprecher Roman Hahslinger formuliert. Soll heißen: Die ÖBB würden drinnen im Bahnhofsgebäude für eine alkfreie Zone sorgen, wenn die Stadt Wien gleichzeitig ein Alkoholkonsumverbot auf dem von ihr verwalteten Vorplatz durchsetzt.

Dort tummeln sich vor allem in der wärmeren Jahreszeit rund um die Bahnhofseingänge oder auf Sitzbänken nahe dem Tegetthoff-Denkmal vermehrt betrunkene Personen. "Einen Alleingang machen wir keinen", sagt Hahslinger dem STANDARD. Bei einem einheitlichen Vorgehen sei die ÖBB aber für ein Alkoholkonsumverbot auf dem gesamten Praterstern.

Absage von Frauenberger

Einem Verbot auf dem Praterstern erteilt Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) am Dienstag aber eine deutliche Absage. Im Vorjahr habe sich der Beirat für Sucht- und Drogenfragen der Stadt mit dieser Frage auseinandergesetzt, sagte eine Sprecherin Frauenbergers. Dieser sei im Herbst 2017 aber zu der Entscheidung gelangt, sich gegen ein Alkoholverbot auf dem Praterstern auszusprechen.

Grundlage für das Nein ist eine von der Sucht- und Drogenkoordination Wien (SDW) in Auftrag gegebene Untersuchung, in der Alkoholverbotszonen in verschiedenen Städten in Europa miteinander verglichen wurden. Die Quintessenz der Untersuchung laut SDW: Ein Alkoholverbot kann der Verbotszone etwas bringen, allerdings sind hohe Personalressourcen nötig. Um den Verdrängungseffekten Herr zu werden, muss die Verbotszone aber immer weiter ausgedehnt werden.

Statt eines Alkoholverbots auf dem Praterstern sollen die sozialarbeiterischen Maßnahmen für die verschiedenen Zielgruppen verstärkt werden. "Das wird aktuell ausgearbeitet", sagt eine Sprecherin Frauenbergers. Auch die grüne Bezirkschefin Uschi Lichtenegger hält ein Alkoholverbot für "nicht umsetzbar".

Alkoholverbotszone in Innsbruck seit 2001

Die Diskussion um das Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen beschränkt sich bei weitem nicht nur auf Wien. In Innsbruck hat der Stadtsenat im Oktober 2017 eine Ausweitung der Alkoholverbotszone beschlossen. Dort gibt es schon seit 2001 ein Alkoholverbot, nämlich auf dem Haydnplatz. Nun ist es in weiten Teilen der Innenstadt untersagt, mitgeführte alkoholische Drinks zu konsumieren.

Gefahr der Verdrängung

In Dornbirn in Vorarlberg wurde die Verbotszone im und rund um den Bahnhof sukzessive ausgeweitet. Die ÖBB testen ein "absolutes Alkoholkonsumverbot".

In Salzburg wird aktuell die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes erarbeitet. Der Platz gilt als sozialer Brennpunkt, ein Alkoholverbot soll diesen Sommer kommen – inklusive eines Sozialkonzepts, damit das Verbot nicht nur zu einer Verdrängung der Probleme in die Wohnbezirke führt.

In Graz gilt seit 2012 Alkoholverbot in der Innenstadt. Hält man sich nicht daran, ist das eine Verwaltungsübertretung – mit Geldstrafen bis zu 2000 Euro. In Klagenfurt wird von 1. April bis Ende Oktober ein Alkoholkonsumverbot auf dem Heiligengeistplatz, wo es einen Busbahnhof gibt, im Lendhafen sowie in Nebengassen getestet. Vizebürgermeister und Sicherheitsstadtrat Jürgen Pfeiler (SPÖ) geht auf dem Heiligengeistplatz von einer "Szene von 25 bis maximal 30 Personen" aus. (David Krutzler, Rosa Winkler-Hermaden, 4.4.2018)