Grundsätzlich muss der Arbeitgeber Geld nachzahlen, wenn mehr Arbeit geleistet wurde, als von der All-In-Vereinbarung gedeckt war.

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DER STANDARD

Wien – Einst für Führungskräfte mit hoher Flexibilitätsanforderung gedacht, kommen All-in-Verträge zusehends bei "normalen" Anstellungen in Mode. Wie eine Auswertung der Gewerkschaft GPA-djp ergab, liegt das monatliche durchschnittliche Bruttoeinkommen der pauschal abgerechneten Verträge dieser Arbeitnehmer bei 3.868 Euro. Mehr als 40 Prozent aller, die den Online-Rechner der Gewerkschaft ausprobiert haben, arbeiten "all in" mehr als 45 Stunden pro Woche.

Dieses Ergebnis wurde anhand von 80.000 Zugriffen auf das Portal errechnet und löste heftige Kritik von Gewerkschaftsseite aus. Arbeitnehmer würden mit All-in-Verträgen oftmals um Ansprüche gebracht, Stunden nicht richtig abgerechnet. Was ist dran an der Kritik?

Mehrleistungen grundsätzlich abgegolten

Bei All-in-Verträgen sind prinzipiell alle Mehrleistungen, die Arbeitnehmer zusätzlich zu ihrer Normalarbeitszeit erbringen, pauschal abgegolten. Dazu zählen Mehr- und Überstunden sowie Reisezeit, aber auch Sonn- und Feiertagsarbeit. Daneben gibt es reine Überstundenpauschalen.

"Beide Regelungen sind zulässig, vorausgesetzt das Pauschalentgelt ist so hoch, dass die zusätzlich erbrachten Leistungen innerhalb eines Jahres gedeckt sind. Ist die Pauschale oder All-in-Vereinbarung zu gering, und es ergibt sich eine sogenannte Deckungslücke, muss der Arbeitgeber die Differenz nachzahlen", sagt Gert-Peter Reissner, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Innsbruck. Leistet ein Arbeitnehmer weniger Stunden, als in der All-in-Vereinbarung festgelegt wurden, darf deswegen der Lohn oder das Gehalt nicht gekürzt werden, heißt es von der Arbeiterkammer.

Eine Frage der Deckung

Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, diese Deckungsprüfung durchzuführen, in der Realität passiere das jedoch vielmals nicht, kritisiert Karl Dürtscher, stellvertretender Bundesgeschäftsführer der GPA. Verzichte man auf die Deckungsprüfung, blieben Arbeitnehmer schnell mit Ansprüchen auf der Strecke. "Ein Freibrief für Überstunden ohne Ende ist ein All-in-Vertrag klarerweise nicht. Unerlaubte Überstunden können nicht durch einen Vertrag legitimiert werden", erklärt Reissner.

Ausgehend von einer 40-Stunden-Woche und einem Acht-Stunden-Tag dürfen Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit maximal 50 Wochenstunden arbeiten. Überdies besteht eine weitere Regelung von fünf möglichen Überstunden pro Woche und 60 Mehrstunden, die über ein Jahr verteilt werden können. Die Schranke steht somit bei 21 bis 22 Überstunden pro Monat, erläutern die Experten.

Nicht unter Mindestlohn

Außerdem darf der Arbeitnehmer bei der Entlohnung nicht unter den kollektivvertraglichen Mindestlohn fallen. In derartigen Fällen werden entsprechend weniger Überstunden vom vereinbarten Gehalt gedeckt.

Was viele Arbeitnehmer mit "all in" zudem wurmt, ist der Umgang mit Zeitausgleich. Der fällt in der Praxis weg, weil die Mehrarbeit ja vom Pauschalvertrag abgedeckt ist. Allerdings gilt auch hier: Wenn die tatsächlich geleisteten Überstunden nicht von der Überzahlung durch den All-in-Vertrag abgegolten werden, ist Zeitausgleich eine Option. In der Praxis spielt der Konsum von Überstunden in Form von Freizeit allerdings selten eine Rolle, sagen Arbeitsrechtler. (Andreas Danzer, 6.4.2018)