Die Wirtschaftskammer hat neben Beton auch viel Speck angesetzt. Die üppigen Rücklagen sind für Kritiker Ausdruck zu hoher Beiträge an die Interessenvertretung.

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Wien – Harald Mahrer wird als neuer Wirtschaftskammerchef gleich mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Wenn der Ex-Wirtschaftsminister am 18. Mai das Zepter von Christoph Leitl übernimmt, wird der Druck seitens verschiedener Mitgliedergruppen und vielleicht auch der Regierung nicht geringer. ÖVP und FPÖ wollen ja bis Jahresmitte Pläne für Effizienzsteigerungen von allen Sozialpartnern sehen. Die Unos, die Unternehmerfraktion der Neos, drücken zusätzlich aufs Gas. Sie planen die Einbringung von Beschwerden gegen die Kammerbeiträge.

Die Aktionen sollen in den Bundesländern zeitnah zum Mahrer-Antritt erfolgen, sagt Unos-Bundessprecher Michael Schuster zum STANDARD. Er begründet die Vorgangsweise so: "Die Höhe der Beiträge ist nicht zu rechtfertigen." Die Wirtschaftskammern kamen zuletzt auf Einnahmen von 900 Millionen Euro.

Konjunktur bringt Bares

Immer wieder kritisiert wird dabei, dass die Kammer an der steigenden Beschäftigung mitnascht, da die Beiträge teilweise von der Lohnsumme abhängig sind. Dank der dynamischen Entwicklung konnten alle Kammern gemeinsam laut einer Anfragebeantwortung von 2016 670 Millionen Euro an Rücklagen bilden.

Dass die Beiträge zu hoch seien, lasse sich auch anhand von Vergleichen darlegen, erläutert Schuster. Eine Gegenüberstellung der Handelskammer Hamburg und der Wirtschaftskammer Wien zeige, dass der Mitarbeiterstand der Österreicher mehr als doppelt so hoch sei wie jener in der Hansestadt. Bei den Einnahmen komme Hamburg auf knapp 40 Millionen Euro, Wien auf mehr als 80 Millionen Euro. In Deutschland ist die von den Unos bekämpfte Pflichtmitgliedschaft der Unternehmer ebenso verankert wie in Österreich. Klagen dagegen waren in beiden Ländern bisher nicht von Erfolg gekrönt.

Politische Waffenruhe

Dennoch bleibt Schuster bei seiner Devise: "Der neue Kammerpräsident muss an einen Ausstieg aus der Zwangsmitgliedschaft denken." Dass Mahrer ihn erhören wird, darf bezweifelt werden. Der Leitl-Nachfolger kann diesbezüglich auch auf Waffenruhe an der politischen Front rechnen. Hatte die FPÖ die Abschaffung der Kammerpflicht im Wahlkampf noch im Programm, wurde die Forderung in den Koalitionsverhandlungen geopfert.

Nun wird mit Spannung erwartet, welche Reformpunkte die Wirtschaftskammer – ebenso wie Arbeiter- und Landwirtschaftskammer – bis Jahresmitte vorlegen. Im Koalitionspakt heißt es, dass "gesetzliche Maßnahmen" erfolgen sollen, wenn die finanzielle Entlastung der Mitglieder als nicht ausreichend empfunden wird. Die WKO stellt sich auf den Standpunkt, dass mit einem bereits aufgelegten Programm das Auslangen gefunden werden soll. Es sieht eine Senkung der Beiträge um 100 Millionen Euro bei einer Ausweitung des Bildungsangebots um gut 30 Millionen Euro vor.

Schuster reicht das nicht. Er meint, dass die Wirtschaftskammern mit der Hälfte ihres Budgets auskommen könnten. Er schlägt vor, den "Faktor 10" – nun Länderkammern und die Zentrale – aufzulösen. Die Konzentration der Einrichtungen auf vier Regionen – beispielsweise Wien, Niederösterreich, Burgenland – wäre ausreichend, so Schuster. (as, 6.4.2018)