Präsident Trump am Montag im Weißen Haus.

Donald Trump ließ jegliche Hemmungen fallen, als er vor Reportern im Weißen Haus über den Sonderermittler Robert Mueller herzog. Aufgebracht sprach der Präsident von einer "Schande", einer "totalen Hexenjagd" und einer "völlig neuen Qualität der Unfairness".

Ausgelöst durch eine Razzia des FBI bei seinem Anwalt Michael Cohen, gipfelte die Tirade in Sätzen, die sich anhörten, als wolle eine feindliche Macht Amerika in seinen Grundfesten erschüttern. "Das ist ein Angriff auf unser Land. Das ist ein Angriff auf alles, wofür wir stehen."

Washington Post

Eigentlich sollte es bei dem Treffen am Montagnachmittag um einen eventuellen Militärschlag gegen Syrien gehen. Trump hatte Berater, Kabinettsmitglieder und Generäle um sich versammelt, um Szenarien durchzugehen, eine womöglich bewaffnete Reaktion auf den Giftgaseinsatz in Duma zu setzen.

"Wir werden sehen"

Doch als Journalisten nach der Causa Cohen fragten, antwortete er mit einer Tirade, die verriet, wie sehr ihm die Razzia unter die Haut ging. Muellers Team sei in einem Maße parteiisch, wie er es noch nie erlebt habe, wetterte er und machte deutlich, dass er in den Ermittlern rings um den früheren FBI-Direktor nur ein Werkzeug in den Händen der oppositionellen Demokraten sieht. Ob er Mueller entlasse? "Wir werden sehen, was passiert. Es haben schon viele Leute gesagt, dass ich ihn feuern soll."

Stunden zuvor hatte das FBI Räume des langjährigen persönlichen Anwalts von Trump in Manhattan durchsucht, in einer Kanzlei im Rockefeller Center ebenso wie in einem Luxushotel an der Park Avenue. Zu den Dokumenten, die die Detektive mitnahmen, gehörten neben Steuerunterlagen auch Belege über Zahlungen, mit denen Cohen das Schweigen der Pornodarstellerin Stephanie Clifford erkaufte.

130.000 Dollar für Pornodarstellerin

Kurz vor der Präsidentschaftswahl des Jahres 2016 überwies er der Frau, die unter ihrem Künstlernamen Stormy Daniels bekannter ist als unter ihrem echten, 130.000 Dollar. Es war der Versuch, sie davon abzubringen, über eine Affäre mit Trump zu plaudern. Inzwischen fühlte sich die 39-Jährige nicht mehr an die Abmachung gebunden, in einem Fernsehmagazin schilderte sie neulich in allen Details, was sich 2006 zwischen ihr und dem damaligen Bauunternehmer in einer Hotelsuite in der Sierra Nevada abgespielt hat. Cohen seinerseits behauptet, er habe das Schweigegeld aus seiner Privatkasse gezahlt. Trump, der die Affäre im Übrigen bestreitet, habe nichts davon gewusst.

Selbst wenn der Staatschef tatsächlich nicht im Bilde war, könnte der Scheck eine illegale Wahlkampffinanzierung darstellen. Eine Zahlung in der Absicht, Trumps Ruf mit Blick auf das anstehende Votum zu retten, hätte als Wahlkampfunterstützung deklariert werden müssen. Nach Informationen des "Wall Street Journal" wird unter anderem wegen Bankbetrugs und Verletzung der Regeln zur Wahlkampffinanzierung gegen Cohen ermittelt.

Wolkenkratzer in Moskau

Der aus Long Island stammende Jurist arbeitet seit zwölf Jahren für Trumps Immobilienunternehmen. Auch bei der Anbahnung potenzieller Geschäfte in Russland, über die Trump eine Zeitlang nachdachte, soll er eine Rolle gespielt haben. Als ein russischer Mittelsmann einen Deal zum Bau eines Wolkenkratzers in Moskau offerierte, soll er sich zunächst an Cohen gewandt haben.

Mueller wiederum geht dem Verdacht nach, Trumps Wahlkampfteam könnte sich insgeheim mit dem Kreml abgesprochen haben, um der Rivalin Hillary Clinton zu schaden. Die Razzia in Manhattan allerdings hat nicht er veranlasst, sondern der zuständige Staatsanwalt in New York. Der Sonderermittler indes, schreibt die "New York Times", soll über Verdachtsmomente gegen Michael Cohen informiert haben. Um welche es sich konkret handelte, bleibt vorläufig offen. (Frank Herrmann aus Washington, 10.4.2018)