Zunächst ein kleiner Rückblick auf Wien, vor zwei Wochen, etwa Ende März: Es ist der erste Tag, an dem man den Frühling so richtig spürt. Die Sonnenstrahlen wärmen einen endlich wieder und die ersten Vögel zwitschern. Ich sitze im Büro, mein Blick wandert aus dem Fenster auf die Häuserfront gegenüber, Sonne kommt hier nicht durch, den blauen Himmel sehe ich nur in Ansätzen. Ich könnte die meisten Aufgaben meines Jobs genauso gut zuhause am Balkon in der Sonne machen. Oder warum nicht gleich am anderen Ende der Welt?

Nun bin ich hier: Tausende Kilometer entfernt, in meinem "Bali-Office". Mein Ausblick bietet ein Palmenmeer und wenn es mir zu heiß wird, kühle ich mich im Pool nebenan ab. Die restliche Zeit sitze ich vor meinem Laptop und arbeite, davor oder danach gehe ich zum Yoga oder entdecke die Insel mit Gleichgesinnten. Dennoch ist es für mich mit gewissen Herausforderungen verbunden, meine Arbeit hier auf Bali zu erledigen. 

Verlockende Ablenkung

Ich beginne mit dem Offensichtlichen. Wer sich für einen Monat an einen Ort begibt, der über 11.000 Kilometer von seinem Zuhause entfernt ist, will meistens nicht ausschließlich arbeiten, sondern auch etwas erleben. Der Verlockung zu widerstehen, eine Insel wie Bali rund um die Uhr zu entdecken, ist gar nicht so einfach. Strikte Arbeitszeiten können helfen, sie schränken aber gleichzeitig auch ein. Fragt einen beispielsweise jemand: "Wir haben noch einen Platz frei, kommst du mit zu den Reisterrassen? Sie sind die größten in Bali und Teil des UNESCO Weltkulturerbe!" Wer würde da nein sagen? Die gleiche Frage wird einem wohl kaum am nächsten Tag – dann aber bitte nach 18 Uhr – erneut gestellt werden, abgesehen davon, dass es dann bereits dunkel wird. Es ist einfach zu verlockend, ja zu sagen und sich zu denken "Okay, ich arbeite danach weiter".

Die Subaks, Bewässerungssysteme der Reisterrassen von Jatiluwih, sind Teil des UNESCO Welterbes.
Foto: Alexandra Eder

Feste Arbeitszeiten? Fehlanzeige

Seit ich hier bin, arbeite ich aufgrund der oben aufgeführten Punkte oft direkt nach dem Aufstehen oder auch spät am Abend und bis in die Nacht hinein. Normalerweise mag ich es, eine gewisse Struktur in meinem Alltag und feste Arbeitszeiten zu haben. Natürlich gibt es auch zuhause Ausnahmen, vor allem in der Kommunikations- und Werbebranche, in der ich arbeite. Es gibt Abendveranstaltungen, manchmal kommt einfach alles zusammen und es ist sprichwörtlich die Hölle los. 

Sechs Stunden Zeitverschiebung 

Hier auf Bali macht es vor allem die Zeitverschiebung wirklich schwierig, konsequent innerhalb eines geschlossenen Zeitfensters zu arbeiten. Ich trage immer eine analoge Armbanduhr, auf der es sechs Stunden früher ist, um auf einen Blick sehen zu können, wie spät es gerade in Wien ist. Das hilft mir dabei, keine Deadlines zu übersehen, keine wichtigen Gespräche zu vergessen und abschätzen zu können, wann ich Rückmeldung zu einer Frage oder Feedback zu meiner Arbeit bekommen könnte. 

Um das Ganze mit Beispielen zu verdeutlichen:

  • Ab etwa 15 Uhr Bali-Zeit, wenn es also 9 Uhr am Vormittag in Österreich ist, geht der Arbeitstag erst so richtig los, da ich erst dann Infos, Mails und dergleichen bekomme.
  • In einen Jour fixe, der in Wien um 11:30 Uhr stattfindet, muss ich mich hier um 17:30 Uhr einwählen.
  • Wenn ich etwas für meine Arbeit um 20 Uhr Wiener Zeit auf Instagram "live" posten will, muss ich das um 2 Uhr zur nächtlichen Bali-Zeit machen. 
Helferlein: Meine Armbanduhr tickt auch auf Bali so wie zuhause.
Foto: Alexandra Eder

Bürogeflüster

Was mich davon abhalten würde, über einen längeren Zeitraum "remotely" zu arbeiten, sind unter anderem die persönlichen Gespräche, die im Büro innerhalb eines Teams stattfinden, und die man verpasst, wenn man nicht vor Ort ist. Das Zwischenmenschliche und die kurzen Informationen, die manchmal auch einfach zwischen Tür und Angel ausgetauscht werden, sind nicht zu unterschätzen. Die habe ich hier zwar auch – aber logischerweise zu anderen Themen. 

Von Kühen zu Kokosnüssen

Ich wurde bereits in einem Posting gefragt, ob es nicht schwierig sei, über Landwirtschaft, Tierhaltung, Blunzn, Geselchtes oder Ähnliches zu schreiben, während ich auf Reisfelder und Palmen schaue und Nasi Goreng esse. Um ehrlich zu sein ist das für mich die kleinste Herausforderung. Es mag vielleicht seltsam klingen, aber der Unterschied zu Wien ist für mich gar nicht allzu groß, denn dort bin ich in einer Großstadt, in einem Büro mit wenig Grün und schon gar keinen Bauernhöfen um mich herum. Das hat auch wenig von ländlicher Atmosphäre.

Das balinesische Pendant zur österreichischen Brettljausn.
Foto: Alexandra Eder

Hinzu kommen die Kleinigkeiten des Alltags. Beispielsweise wechsle ich mehrmals am Tag meine SIM-Karten – von der österreichischen zur balinesischen und zurück. Ohne balinesische SIM-Karte habe ich kein Internet, sobald ich den Coworking-Space oder die Unterkunft verlasse, außer ich husche dafür von einem Café mit Wlan zum nächsten. Wenn ich aber nicht regelmäßig die österreichische Nummer checke, weiß ich nie, ob ich nicht vielleicht einen wichtigen Anruf verpasst habe. 

Mein erstes Fazit

Die erwähnten Herausforderungen sollten einen keinesfalls am Remote Working hindern, weil man sie gut bewältigen kann. Es dauert ein paar Tage, bis man sich daran gewöhnt hat, aber dann funktioniert es ganz gut. Man sollte sich dieser Punkte jedoch bewusst sein, bevor man sich für einen Arbeitsaufenthalt fern des gewohnten Büros entscheidet.

Wertvolle Tipps?

Da ich hier die Gelegenheit habe, von dem geballten Wissen der STANDARD-User zu profitieren, möchte ich euch gerne fragen: Wer hat Erfahrung im "remote worken"? Womit habt ihr euch schwer getan? Was sind eure Tipps, um die oben erwähnten Herausforderungen zu bewältigen? Immerhin habe ich noch drei Wochen vor mir! (Alexandra Eder, 14.4.2018)

Weitere Beiträge der Bloggerin

Hinweis: Die Bloggerin wurde nach einer Bewerbungsphase auf Einladung von DER STANDARD in den Coworking-Retreat geschickt. Sie berichtet zweimal pro Woche über ihre Erfahrungen, ihre persönlichen Eindrücke, das Leben von digitalen Nomaden und das Arbeiten in einem Schwellenland. Die Aktion wird in Zusammenarbeit mit der Firma Unsettled durchgeführt. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim STANDARD.