"Der Gang zum Verfassungsgerichtshof wäre zu zeitraubend gewesen", erklärte Kai Jan Krainer, SPÖ-Fraktionschef im U-Ausschuss, gemeinsam mit seinen Verhandlerinnen, Neos-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper (r.) und Alma Zadić von der Liste Pilz (l.).

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Wien – Nach wochenlanger Ungewissheit ging am Montag alles recht schnell: Angesichts des von Türkis und Blau abgeschmetterten roten Antrags zur Einrichtung eines U-Ausschusses zum Verfassungsschutz Ende März einigte sich die Opposition am Nachmittag auf ein gemeinsames Untersuchungsverlangen – und damit besiegelten SPÖ, Neos und Liste Pilz, dass sie ab sofort als Trio nicht nur die fragwürdigen Vorgänge rund um die umstrittene Razzia, die unter Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) angeordnet wurde, beleuchten wollen.

Um 16.30 Uhr traten im Parlament die Verhandler Kai Jan Krainer, Fraktionsleiter der SPÖ im U-Ausschuss, Neos-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper sowie Alma Zadić von der Liste Pilz vor die Presse. Für diese Vorgangsweise hat man sich entschieden, damit es "möglichst rasch zur Einsetzung des U-Ausschusses" kommt, erklärte Krainer, denn der Gang zum Verfassungsgerichtshof als Schiedsstelle wäre doch "zu zeitraubend" gewesen.

Antrag am Donnerstag

Eines jedoch gleich vorweg: Den konkreten Untersuchungsantrag wollen die drei Parteien erst im Laufe der Plenarwoche penibel ausformulieren, denn ab sofort will man sich keinerlei Blößen mehr geben. Am Donnerstag soll das Verlangen dann eingebracht werden.

Die Opposition hat sich nach längerem Ringen auf ein gemeinsames Vorgehen zu einem U-Ausschuss in der Causa BVT geeinigt. Bei einer Pressekonferenz kündigten Kai Jan Krainer (SPÖ), Stephanie Krisper (NEOS) und Alma Zadic (Liste Pilz) an, im Parlament ein gemeinsames Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses einzubringen.

ORF

Wochenlang haben sich SPÖ und Liste Pilz abgestimmt, erklärte Zadić, konkret seien auch SPÖ-Chef Christian Kern und Listengründer Peter Pilz miteinander in Gespräche getreten. Man wolle im U-Ausschuss "das ÖVP-Netzwerk" rund um den Verfassungsschutz als auch "die versuchte Machtübernahme durch die FPÖ" beleuchten. Ähnlich Krisper: "Wir sehen nicht nur eine BVT-Affäre sondern auch eine BMI-Affäre", erklärte sie in Anspielung auf das gesamte Innenressort.

Vor dreieinhalb Wochen haben die Koalitionäre das Ansuchen der SPÖ im Alleingang abgewiesen – gestützt durch ein Gutachten des Legislativdienstes des Parlaments im Auftrag von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Im Erstantrag waren ÖVP und FPÖ das Untersuchungsvorhaben zu "allfälligen Missständen" im Verfassungsschutz seit Dezember 2013 sowie zur "Klärung der politischen Verantwortung" zu schwammig formuliert.

Legistisches Herumtüfteln

Tatsächlich kann als Untersuchungsgegenstand stets nur ein fragwürdiger abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes definiert werden – und Juristen gaben damals schon zu bedenken, dass die BVT-Razzia, weil ja justizanhängig, streng genommen also (noch) nicht zeitlich eingegrenzt werden könne. Wohl aber, hieß es hinter vorgehaltener Hand, wäre es möglich, etwa sämtliche Löschvorgänge unter dem mittlerweile suspendierten BVT-Chef Peter Gridling zu durchleuchten, ob diese tatsächlich nicht sauber erfolgten, was nun die Korruptionsstaatsanwaltschaft eruiert.

Abgesehen von den jeweiligen parteitaktischen Überlegungen für einen gemeinsamen U-Ausschuss braucht auch dieses legistische Herumtüfteln noch Zeit. Zwischen den Oppositionsparteien anfangs ebenfalls umstritten war, wie weit der Untersuchungszeitraum zurückreichen solle: Während die SPÖ den Rahmen enger stecken wollte, plädierten die Neos für eine Untersuchung weit zurück – etwa bis zur Ära unter Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) zur Jahrtausendwende, um auch fragwürdige Postenbesetzungen von damals unter die Lupe nehmen zu können. Der gemeinsame Kompromiss sieht das nun nicht vor, wohl aber ein Zurückverfolgen der Vorgänge in den letzten zehn Jahren.

Sollten bei der Untersuchung allerdings verdächtige Hinweise auftauchen, die länger zurückliegen, erklärte man dem STANDARD, könne der Untersuchungsgegenstand auf gemeinsamem Antrag ja doch noch etwas weiter ausgedehnt werden.

Baldige Vorlage gefordert

Die Klubobleute der Koalition, August Wöginger (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ), hoffen, dass das Verlangen der Opposition jetzt verfassungskonform ausfällt. Laut einer der APA übermittelten Stellungnahme fordern sie SPÖ, Neos und Liste Pilz auf, ihr Verlangen "nach Möglichkeit bis morgen, Dienstag, zu übermitteln".

Denn der Geschäftsordnungsausschuss – in dem das U-Ausschuss-Verlangen geprüft wird – soll bereits am Donnerstag nach Ende der Plenarsitzung tagen. Wöginger und Rosenkranz hätten vorher gerne ausreichend Zeit zur Prüfung des neuen Antrags, wie sie mitteilten. (Nina Weißensteiner, 16.4.2018)