Wie seine Vorgängerinnen und Vorgänger will auch der nunmehrige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) beim Asyl- und Fremdenrecht die Schraube fester anziehen. Von dem Paket, das er am Mittwoch im Ministerrat einbringen und das noch diese Woche in Begutachtungen gehen wird, sind zwar bisher erst Auszüge bekannt. Doch schon jetzt ist klar: Mit der geforderten Auswertung der Mobiltelefone von Asylwerbern, den verschärften Gebietsbeschränkungen für Asylsuchende und der geplanten Auskunftspflicht für Ärzte, wann kranke Asylwerber aus der Behandlung entlassen werden, handelt es sich um die bisher restriktivsten Eingriffe.

Der Innenminister selbst spricht von einem "vollziehbaren und restriktiven Fremdenrecht". Die bisher letzte Reform, die erst im vergangenen Oktober in Kraft trat und noch auf die SPÖ-ÖVP-Regierung zurückging, hatte Kickl damals als "Farce" abgetan. Dabei beinhaltete schon diese Reform Verschärfungen, die von Menschenrechts- und Hilfsorganisationen massiv kritisiert worden waren. Zur Erinnerung: Erst vor einem halben Jahr wurde unter anderem eine längere Schubhaft am Stück ermöglicht, eine Residenzpflicht für Flüchtlinge eingesetzt und höhere Strafen bei Nichtausreise trotz aufrechten Bescheids geschaffen.

Die nun geplante nochmalige Verschärfung wurde schon im türkis-blauen Regierungsprogramm grundsätzlich verankert. Die Ausarbeitung konkreter Punkte hat bis jetzt gedauert.

SPÖ: "Noch komplizierter"

In einer ersten Reaktion zeigte sich die SPÖ von der Fremdenrechtsnovelle wenig begeistert. Für eine fundierte Beurteilung wisse man zwar noch zu wenig, sagte der geschäftsführende Klubchef Andreas Schieder am Montag. Es sei aber zu befürchten, dass die Verfahren noch komplizierter und damit länger dauern würden. Um die Pläne der Regierung im Detail beurteilen zu können, müsse man den konkreten Gesetzestext abwarten. Ziel der SPÖ sei es aber grundsätzlich, das Asylsystem missbrauchssicher zu machen und rasche Entscheidungen zu ermöglichen. Kickls Ankündigungen lassen Schieder aber befürchten, dass genau das Gegenteil eintreffen werde und Entscheidungen verzögert würden.

In dieselbe Kerbe hatte zuletzt auch Gerhart Holzinger geschlagen, der mit Jahreswechsel als Präsident des Verfassungsgerichtshofs in den Ruhestand ging. Bei Asyl und Migration gebe es ein "stakkatoartiges Aufeinanderfolgenlassen von Novellen". Das könne nicht funktionieren, weil "der Apparat, der diese Gesetze vollziehen soll, im Monats- oder Halbjahrestakt mit immer neuen Vorschriften konfrontiert ist", hatte Holzinger im Interview mit dem STANDARD kritisiert.

Kritik an Geldeintreibung

Die Neos sehen vor allem Kickls geplante Geldeintreibung für die Grundversorgung von Asylwerbern kritisch. Asylsuchende sollen, falls sie über Bargeld verfügen, pro Kopf bis zu 840 Euro dafür zahlen. "Die nötige Leibesvisitation würde dann bei allen Asylwerbern vorgenommen und wäre damit von einer Generalität wie bei Antritt einer Haftstrafe – das wäre unverhältnismäßig", meint Neos-Asylsprecherin Stephanie Krisper. Die Auswertung der Handydaten zum Klären von Fluchtrouten hält sie hingegen für sinnvoll.

Allein seit 2010 gab es in den österreichischen Asyl- und Fremdengesetzen dutzende Anpassungen und vier größere Reformen. 2014 nahm das neue Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) seine Arbeit auf.

Die Zahl von Asylanträgen ist stark rückläufig. Im Vorjahr waren es 24.735 – um 41,5 Prozent weniger als 2016. Die antragsstärksten Nationen sind Syrien mit 30 Prozent und Afghanistan mit 15 Prozent.

Für Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) war die Asylreform im vergangenen Jahr "eine Farce". Er will jetzt selbst für ein "restriktives Fremdenrecht" sorgen.
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Ein Überblick über die geplanten Maßnahmen:

Schubhaft nach Strafhaft: Etabliert werden soll über die geplante Novelle auch die sogenannte Anschluss-Schubhaft. Diese soll über straffällig gewordene Asylwerber nach verbüßter Haftstrafe verhängt werden können. Damit soll verhindert werden, dass betroffene Asylwerber, gegen die ein Abschiebebescheid vorliegt, nach ihrer Entlassung untertauchen. Denn häufig kommunizieren die Behörden nicht miteinander, wie der Fall des mutmaßlichen Messerstechers vom Wiener Praterstern gezeigt hat. Weder das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch die Wiener Polizei wussten, dass der 23-jährige Afghane im Vorjahr in Klagenfurt bereits in Haft war. Gegen den Verdächtigen, der im März in Wien wahllos auf Passanten einstach, bestand bereits ein Aufenthaltsverbot.

Bis zu 840 Euro mitzahlen: Nach dem türkis-blauen Regierungsplan kann Flüchtlingen Bargeld bis zu einer Höhe von 840 Euro abgenommen werden. Gerechnet wird pro Person, der Betrag erhöht sich also entsprechend bei Familien. Das soll eine Art Beitrag zu den Verfahrenskosten sein. Eine vergleichbare Regelung hatte vor zwei Jahren auch Dänemark eingeführt. Dort wurde Asylwerbern Bargeld, aber auch sonstige Wertgegenstände wie Schmuck abgenommen, wenn der Wert über 10.000 Kronen (rund 1.350 Euro) lag. In der Praxis spielte das Gesetz dann aber kaum eine Rolle. Im ersten Jahr wurde nur viermal Geld beschlagnahmt – mit einem Gesamtwert von 15.800 Euro. Im Gegensatz zur dänischen Regelung soll in Österreich aber nicht auf Schmuck zurückgegriffen werden.

Staatsbürgerschaft nach zehn Jahren: Abseits der Fremdenrechtsnovelle hat Innenminister Kickl auch Änderungen im Staatsbürgerschaftsrecht vorgesehen: Asylberechtigte werden demnach erst nach zehn Jahren den österreichischen Pass beantragen dürfen – wie auch andere Zuwanderer. Bisher gehörten anerkannte Flüchtlinge zu jenen "privilegierten" Gruppen wie etwa auch EWR-Bürger, die bereits nach sechs Jahren ansuchen konnten. Dass die Staatsbürgerschaft erst nach zehn Jahren erlangt werden kann, steht so auch im Regierungsprogramm, da waren noch Ausnahmen bei besonderen Integrationsleistungen oder Leistungen im Interesse der Republik vorgesehen. Festgehalten war da auch, dass der Rahmen der Verleihung der Staatsbürgerschaft feierlicher werden soll.

Handydaten auswerten: Weil viele Asylwerber keine Reisepässe bei sich haben, soll es künftig möglich sein, Handys oder Tablets von Antragstellern auszuwerten. Dadurch soll kontrolliert werden, ob die Angaben über die Herkunftsländer auch stimmen und ob eigentlich ein anderes Land für das Asylverfahren zuständig wäre ("Dublin-Fälle"). Ausgewertet werden sollen laut Innenministerium nur bestimmte Daten – also Geodaten, durch die sich der Fluchtweg rekonstruieren lässt. SMS oder ähnliche Informationen sollen nicht betroffen sein, heißt es. Eine ähnliche Regelung hat im Vorjahr auch Deutschland beschlossen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darf seither ebenfalls von Asylsuchenden mit ungeklärter Identität Handydaten auswerten.

Strenge Auflage zu Aufenthaltsort: Die Auflagen, wo sich Flüchtlinge aufhalten dürfen, werden weiter verschärft. Während des Asylverfahrens gibt es derzeit eine Wohnsitzbeschränkung auf jenes Bundesland, in dem man in Grundversorgung ist. Wurde dann eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen, kann Drittstaatsangehörigen laut Fremdenpolizeigesetz aufgetragen werden, dass sie sich in einem bestimmten Bezirk aufzuhalten haben. Künftig wird diese Möglichkeit auf "Dublin-Fälle" ausgeweitet, wenn eine Anordnung zur Außerlandesbringung rechtskräftig erlassen wurde. Das heißt, die Betroffenen dürfen ab diesem Zeitpunkt den Bezirk, in dem sie untergebracht sind, nicht mehr verlassen. Tun sie es doch, gibt es laut Kickl Verwaltungsstrafen.

Spitäler müssen Termine melden: Damit sich Flüchtlinge im Zuge einer Erkrankung nicht den Behörden entziehen, werden auch die Spitäler stärker in die Pflicht genommen. Laut Innenressort werden die behandelnden Ärzte dazu verpflichtet, die Behörden über den voraussichtlichen Entlassungstermin von Fremden, bei denen ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet wurde, zu informieren.
Weitere Angaben sind nicht zu machen, weshalb nach Meinung des Ministeriums keine Probleme mit der ärztlichen Schweigepflicht entstehen sollten. Die Ärztekammer will erst eine Einschätzung abgeben, wenn sie die konkreten Bestimmungen kennt. Diagnosen würden jedenfalls unter die Schweigepflicht fallen, heißt es.
Beschleunigtes Aberkennungsverfahren bei Heimreise geplant: Gegen Flüchtlinge, die in ihr Heimatland zurückreisen, soll laut der Zeitung Österreich "von Amtswegen ein Asyl-Aberkennungsverfahren eingeleitet und beschleunigt geführt werden. Die "beschleunigte Aberkennung des Schutzstatus bei Heimreisen" steht auch schon im Regierungsprogramm. (simo, red, 17.4.2018)