Der verbale Schlagabtausch zwischen Ex-FBI-Chef James Comey und US-Präsident Donald Trump wird mit Verkaufsstart des Buches wohl weitergehen.

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"A Higher Loyalty" lautet der Originaltitel, "Größer als das Amt" ist der Name der deutschen Übersetzung.

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James Comey bei einer Anhörung vor dem US-Senat im Sommer 2017.

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Am Dienstag erschien das neue Buch von Ex-FBI-Chef James Comey. "Größer als das Amt" ist eine schonungslose Abrechnung mit der Präsidentschaft Donald Trumps, in Teilen auch eine Retourkutsche für seine Entlassung durch den US-Präsidenten. Es gilt mittlerweile als erwiesen, dass Trump Comey wegen seiner anhaltenden Untersuchungen zu möglichen russischen Verstrickungen seines Teams im US-Wahlkampf gefeuert hat. Wir haben Comeys neues Buch gelesen und einige spannende Ausschnitte zusammengefasst.

Über den russischen Einfluss auf die US-Präsidentenwahl:

Im Sommer 2016 arbeiteten wir mit Hochdruck daran, den Russen auf die Schliche zu kommen. Erkenntnisse der Nachrichtendienste ließen darauf schließen, dass die russische Regierung die Wahl auf drei verschiedenen Wegen zu beeinflussen versuchte. An erster Stelle stand der Versuch, das Vertrauen in die amerikanische Demokratie zu untergraben. (…) Zweitens wollten die Russen Hillary Clinton schaden. Putin hasste sie und gab ihr persönlich die Schuld an den Moskauer Massendemonstrationen gegen ihn im Dezember 2011. (…) Drittens wollte Putin Donald Trump zum Sieg verhelfen. Trump hatte sich wohlwollend über die russische Regierung geäußert, und Putin hatte schon immer viel für Geschäftsleute übrig, denen ein Deal wichtiger ist als Prinzipienreiterei.

Über die hohen Wellen, die die Anschuldigungen in Hillary Clintons E-Mail-Skandal schlugen:

Wie so viele hat auch mich der Wahlsieg Donald Trumps überrascht. Nach all den Meinungsumfragen schien klar, dass Hillary Clinton gewinnen würde. Seitdem frage ich mich immer wieder, ob diese Annahme mich beeinflusst hat. Ich weiß es nicht. Einen bewussten Einfluss kann ich ausschließen, aber nur ein Narr würde behaupten, dass eine solche Annahme sich überhaupt nicht auf ihn auswirkte. Immerhin traf ich meine Entscheidungen in einem Umfeld, in dem Hillary Clinton als nächste Präsidentin längst feststand, sodass meine Befürchtungen, sie könnte durch Verschweigen der neu in Gang gesetzten Ermittlungen zu einer unrechtmäßig gewählten Präsidentin werden, von größerem Gewicht waren, als sie es gewesen wären, wenn Donald Trump in den Umfragen vorn gelegen wäre oder überhaupt ein knapper Wahlausgang prognostiziert worden wäre.

Ich kann nur hoffen, dass unsere – meine – Entscheidung den Wahlausgang nicht maßgeblich beeinflusst hat. Dabei denke ich an meine Frau und meine Töchter, die für Hillary Clinton gestimmt und am Tag nach Donald Trumps Amtseinführung am Women's March teilgenommen haben.

Über das angebliche "Golden Shower"-Video von Trump:

Man halte den Informanten für durchaus verlässlich, es handle sich bei ihm um einen ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter eines verbündeten Staates, aber man habe das Material selbst noch nicht überprüft. (…) Dazu gehörten beispielsweise nicht belegte Informationen, dass der designierte Präsident anlässlich einer Moskau-Reise im Jahr 2013 eher unüblichen sexuellen Praktiken mit Prostituierten gefrönt haben soll. So sollten zum Beispiel die Damen auf ein Hotelbett in der Präsidentensuite des Ritz Carlton uriniert haben, in dem die Obamas bei einem früheren Besuch genächtigt hatten. Angeblich waren diese Aktivitäten vom russischen Geheimdienst gefilmt worden, um Trump später damit erpressen zu können.

Über das Treffen mit Trump, in dem er ihn über das angebliche Pinkelvideo unterrichtete:

Es war das erste Mal, dass ich Donald Trump von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Er wirkte kleiner, als er auf der Bühne neben Hillary Clinton gewirkt hatte. Es erstaunte mich, dass er ansonsten fast genauso wirkte wie im Fernsehen. Die meisten Menschen sehen in persona anders aus als auf dem Bildschirm. Sein Sakko war offen, die Krawatte zu lang, wie üblich. Sein Gesicht hatte einen leicht orangefarbenen Teint mit hellen Halbmonden unter den Augen. Ich nehme an, er trägt eine Schutzbrille, wenn er ins Solarium geht. Seine Haare waren strahlend blond und beeindruckend hindrapiert. Ich weiß noch, dass ich mich fragte, wie lange er morgens wohl brauchte, bis er das so hinbekam. Als er mir die Hand entgegenstreckte, stellte ich fest, dass sie kleiner war als meine, aber nicht ungewöhnlich klein.

Mein Eindruck aus dem Wahlkampf war, dass er ein zutiefst unsicherer Mensch ist, was ihm Bescheidenheit unmöglich macht. Er schien mir nicht selbstsicher und bescheiden genug, um die für ein gutes Urteilsvermögen so entscheidende Frage nach dem zu stellen, was er selbst übersah. Jener Tag im Trump Tower zeigte mir nicht, ob ich in meiner Einschätzung richtig lag. Denn der designierte Präsident war angemessen ruhig und ernsthaft.

Die sizilianische Mafia nannte sich, wie bereits erwähnt, Cosa Nostra – was man ungefähr mit "unsere Sache" übersetzen könnte. Und es gehörte zu ihren Gepflogenheiten, eine klare Linie zu ziehen zwischen den Angehörigen des Clans – den "friends of ours" – und den Außenstehenden – den "friends of yours". Da saß ich also im Trump Tower, während mir durch den Kopf ging, dass sie da gerade versuchten, uns zu ihren Freunden zu machen. Uns in ihr Spiel zu verwickeln. (…) Während meiner gesamten Laufbahn war der Nachrichtendienst allein meine Sache gewesen und die Politik die Sache der anderen. Das Trump-Team aber versuchte, das zu ändern.

Über den Moment, als er den Präsidenten persönlich über die Vorwürfe des Videos informierte:

Er protestierte, dass diese Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprächen. Ich erklärte, dass ich nicht gesagt hätte, dass das FBI die Anschuldigungen für wahr halte. (…) Ich fügte hinzu, dass es die Aufgabe des FBI sei, die Präsidentschaft vor jeder Form von Nötigung zu schützen. (…) Wieder stritt er sämtliche Anschuldigungen ab und fragte mich – vermutlich eine rhetorische Frage –, ob ich ihn für einen Typ halte, der die Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen müsse.

Über einen Empfang im Weißen Haus zwei Tage nach der Angelobung:

Was mich aber wirklich quälte, war, was Trump symbolisch von den Chefs der Exekutivorgane und der nationalen Sicherheitsbüros zu verlangen schien – dass sie vortraten und diesem großartigen Mann die Hand küssten. Um ihm Respekt zu zollen und ihre Loyalität zu beteuern.

Über den Moment, in dem er aus den Medien über seine Entlassung erfuhr:

Alles, was ich wusste, stammte aus Medienberichten. Nach einigem Hin und Her erfuhren mein Team und ich, dass ein Mitarbeiter des Weißen Hauses auf dem Weg zur Pennsylvania Avenue in Washington war, um mir ein Schreiben des Präsidenten zuzustellen. Meine Frau rief an und erzählte, dass sie und die Kinder es aus dem Fernsehen erfahren hätten. Ich sagte ihr, dass ich nicht wisse, ob es überhaupt stimme, und dass wir gerade versuchten, das herauszufinden.

Über Trumps regelmäßige Unwahrheiten:

Ich finde nirgends einen Hinweis, dass Trump je Schmerz über eine Lüge verspürt oder sich je gescheut hätte, anderen Schmerz zuzufügen, und das ist traurig und erschreckend. (Fabian Sommavilla, 17.4.2018)